Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
tun – und nicht mit
meiner Hilfe. Es ist deine Entscheidung.”
Ohne
zu zögern, wandte sich Leana dem Tisch neben ihr zu und griff nach ihrer
Handtasche. Sie nahm die Auto- wie auch den Hotelschlüssel heraus und warf
beide ihrem Vater vor die Füße. Ihr Gesicht war ausdruckslos, als sie ihrem
Vater zusah, wie er sie aufhob.
George
steckte die Schlüssel in seine Tasche. „Du machst einen Fehler,” sagte er.
„Das
ist Ansichtssache.”
„Nein,”
sagte George. „Das ist eine Sache der Tatsachen.” Er deutete auf ihre
Handtasche. „Gib mir Deine Kreditkarten. Alle.”
Leana
tat, wie ihr gesagt wurde, und fühlte sich auf seltsame Weise befreit, als sie
die Karten aus ihrer Brieftasche nahm und sie ihm hinhielt. Sie zog auch ihr
Bargeld hervor und warf es ihm vor die Füße. Er glaubte nicht, dass sie es ganz
alleine schaffen würde? In Ordnung. Sie würde ihm und allen anderen beweisen,
dass sie dazu durchaus in der Lage war.
George
bat die Pagen, das Geld aufzuheben und es zu behalten. „Ich weiß, dass du Geld
auf der Bank hast,” sagte er zu Leana. „Dagegen kann ich nichts tun. Aber ich
weiß auch, dass es nicht viel ist, und dass es bald aufgebraucht sein wird.
Vielleicht wirst du dann, wenn du wirklich nichts mehr hast, einsehen, wie gut
du es gehabt hast, und heimkommen.”
„Wie
gut ich es gehabt habe,” sagte sie. „Mein Gott, wie erbärmlich du doch bist.
Ich komme nie wieder nach Hause zurück.”
Die
Endgültigkeit ihrer Worte und der kalte Ton in ihrer Stimme trafen ihn wie eine
Faust. Wusste sie, was sie da sagte? Wie würde sie ohne ihn zurechtkommen? Sie
hatte in ihrem ganzen Leben noch keinen einzigen Tag gearbeitet. „Du sagst das
jetzt alles nur, weil du wütend bist.”
„Kann
dein Ego eigentlich noch größer werden? Hör mir gut zu. Ich sage das jetzt,
weil ich von dir die Nase voll habe, weil es mir zum Hals heraushängt, immer
nur die zweite Geige zu spielen, und weil ich das alles wirklich meine.”
„Wir
werden sehen,” sagte George. Er wandte sich den Pagen zu, als sie wieder ins
Zimmer traten. „Vergewissern Sie sich, dass sie abreist,” sagte er zu den
beiden, und dann war er weg, durch die Tür, ohne sich noch einmal umzusehen.
„Ich
brauche noch ein paar Minuten,” sagte sie zu den Pagen. „Würde es Ihnen etwas
ausmachen, die Taschen zurückzubringen und im Flur auf mich zu warten, damit
ich mich umziehen kann? Es wird nicht lange dauern.”
Als
sie alleine war, ließ sie sich auf einen in der Nähe stehenden Stuhl sinken und
schloss die Augen. Sie fühlte sich ausgelaugt und erschöpft. Ihr Vater war weg.
Nach all den Jahren hatte sie endlich gesagt, was sie fühlte. Endlich hatte sie
sich ihm gegenüber behauptet. Eigentlich sollte sie glücklich sein, aber warum
war sie den Tränen so nahe?
Sie
würde nicht weinen. Sie hatte sich entschieden, und sie würde zu dieser
Entscheidung stehen. Es war Zeit, dass die Welt erfuhr, dass George Redman eine
zweite Tochter hatte. Es war Zeit, dass ihr Vater und ihre Mutter begriffen,
was in ihr steckte. Leana war fest entschlossen, erfolgreich zu werden –
und sie würde dieses Ziel ohne die Hilfe ihres Vaters, ohne das Geld ihres
Vaters erreichen.
Ganz
im Gegensatz zu Celina.
Im
Badezimmer bürstete sie sich die Haare, zog ein Paar verwaschener Jeans und ein
übergroßes, weißes Seidenhemd an und trug genug Make-up auf, um die Blutergüsse
auf ihren Wangen und ihrer Nasenwurzel zu kaschieren. Die um ihre Augen verbarg
sie hinter einer dunklen Sonnenbrille. Gegen den Riss in ihrer Lippe konnte sie
nichts tun. Er war zwar klein, aber er fiel auf.
Als
sie zu den Männern in den Flur trat, dankte sie ihnen dafür, dass sie gewartet
hatten. Sie nahmen ihre Taschen erneut, und sie folgte ihnen zu einem
Fahrstuhl. Als sie in der Lobby ankamen, bat Leana sie, ihr Gepäck in ein Taxi
zu tun, während sie telefonierte. Sie musste Harold Baines anrufen. Bei der
Eröffnung von Redman International hatte er gesagt, dass er ihr helfen könne,
einen Job zu finden. Jetzt wusste sie, dass seine Kontakte von unschätzbarem
Wert sein würden.
Als
Harold abnahm, erzählte sie ihm, was sich zugetragen hatte, und bat ihn, eines
seiner Gästezimmer benutzen zu dürfen. „Aber nur, bis ich eine eigene Bleibe
gefunden habe,” sagte sie. „Ja, es geht mir gut. Ich berichte dir alles, wenn
ich dich sehe.“ Sie machte eine Pause. „Und, Onkel Harold, bitte erzähl’ meinem
Vater nicht, dass ich bei euch wohne. Wenigstens
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