Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
aufzusetzen. Die Bewegung strengte sie unerwartet stark an, und
Leana merkte schon bald, dass ihr ganzer Körper schmerzte. Eric, dachte sie.
Sie
lehnte sich wieder zurück und drehte sich auf die Seite, um auf die Uhr zu
schauen, die auf ihrem Nachttisch stand. Die roten Digitalzahlen waren nirgends
zu sehen. Ebensowenig der Nachttisch. Verwirrung machte sich breit. Und dann
begann sie sich zu erinnern.
Sie
befand sich nicht in ihrem Schlafzimmer. Sie war in einer Suite im Plaza Hotel.
Bevor
sie gestern Nacht von zu Hause weggegangen war, rief sie das Plaza an und
reservierte eine der Suiten, die Redman International für seine Besucher
ständig bereithielt. Hier würde sie
bleiben, bis sie ein eigenes Apartment gefunden hatte.
Das
Hämmern gegen die Tür wurde stärker. Leana zwang sich in eine Sitzposition und
lauschte. Der Lärm kam von dem Zimmer nebenan. Nur schwach konnte sie die
Stimme eines Mannes hören. „Mach die Tür auf, Leana. Sofort.”
Es
lief ihr kalt über den Rücken. Das war ihr Vater. Aber wie? Sie hatte niemandem
erzählt, dass sie hier war. Wie hatte er das herausgefunden? Und dann fiel es
ihr ein. Letzte Nacht wurde sie von dem Manager des Hotels, einem Freund ihres
Vaters, auf ihr Zimmer gebracht. Obwohl er ihr gegenüber ihr Aussehen nicht angesprochen
hatte, verriet der Blick in seinem Gesicht Besorgnis. Leana nahm ihm das
Versprechen ab, dass er ihrem Vater nicht sagen würde, dass sie hier sei. Sie
hatte keine Lust, sich mit George und Elizabeth auseinanderzusetzen, bevor der
richtige Zeitpunkt gekommen war. Sie hatte gehofft, der Mann würde sich länger
still verhalten.
Das
Klopfen wurde eingestellt, und Leana vernahm, was sich wie das Klimpern von
Schlüsseln anhörte. Sie stand auf, erhaschte einen Blick von sich in dem
Standspiegel ihr gegenüber und wandte sich ab.
Sie
durchquerte das Zimmer und spürte den Schmerz, der durch ihre Beine schoss und
sich in ihren Hüften festsetzte. Ihr Vater sollte nicht sehen, was Eric ihr
angetan hatte.
Ihr
Rücken war ihm zugewandt, als George in das Schlafzimmer trat. Eine Stille
machte sich breit, und Leana konnte spüren, wie George zögerte und wie seine
Stirn sich in Falten legte, während er sich in dem Raum umschaute.
Vergangene
Nacht hatte sie nur einen ihrer Koffer ausgepackt. Die anderen beiden –
sowie einige Kleider – lagen verstreut in der Mitte des Zimmers.
„Was
ist los?” fragte er. „Was soll das?”
Leana
stand an einem der Schlafzimmerfenster und konnte in dessen Spiegelung George
hinter sich mit den Händen in den Hüften stehen sehen. Sie ähnelten einander,
wie sich zwei verschiedene Menschen überhaupt ähneln können. Sie hatten die
gleichen blauen Augen, das gleiche schwarze Haar, dasselbe starrköpfige
Temperament. Sie hätte gerne gewusst, warum zwei Menschen, die so vieles
gemeinsam haben, sich nie nahe gekommen sind.
„Antworte
mir,” sagte George. „Was soll das?”
„Wie
sieht’s denn aus,” sagte sie. „Ich bin ausgezogen.”
„Vielleicht
kannst du mir sagen, warum?”
„Ich
bin mir sicher, du hast bereits mit Celina gesprochen. Sag du mir, warum.”
„Also
gut,” sagte George. „Deine Schwester hat gesagt, du hast mit Eric geschlafen.
Sie hat gesagt, du hast das so eingefädelt, dass sie euch beide zusammen im
Bett überraschen würde. Ist das wahr?”
Der
Ton in seiner Stimme machte klar, dass es so war, und Leana schnaubte empört.
Hätte er nicht wenigstens zunächst einmal ihre Seite anhören können?
„Ich
hab’ gefragt, ob das wahr ist?”
„Nein,
das ist es keineswegs.”
„Welcher
Teil?”
„Beide
Teile.”
„Ich
glaube, es ist besser, du erklärst das.”
Fiel
es ihm wirklich so schwer, ihr zu glauben? „Da gibt es nichts zu erklären,”
sagte sie. „Eric und ich haben nichts gemacht. Ich habe Celina nicht
reingelegt.”
„Blödsinn,”
sagte George. „Celina hat euch beide zusammen im Bett erwischt. Sie hat mit
deinem Freund vom Sicherheitsdienst geprochen. Er hat dich als diejenige
identifiziert, die ihm diese Nachricht gegeben hat. Jetzt gib’s endlich zu.”
Sie
fuhr herum und sah ihn an. „Ich geb’ gar nichts zu,” sagte sie. „Und mir ist es
auch scheißegal, wen der Kerl beschrieben hat. Ich war’s jedenfalls nicht.”
Und
dann sah sie den überraschten Blick in Georges Gesicht und erkannte, was sie
getan hatte. In ihrem Zorn hatte sie preisgegeben, was Eric ihr zugefügt hatte.
Einen
Moment lang konnte George sie nur anstarren. Die
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