Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
Bei Geschäftsessen
erinnerte sie sich an sein Lächeln und daran, wie sie sich zum ersten Mal
getroffen hatten. Auf Taxifahrten durch die Stadt fragte sie sich mitunter, wie
sein Privatleben wohl aussehe. Wenn er nicht arbeitete, wie verbrachte er seine
Freizeit? Er schien athletisch. War er in einem Sportverein oder etwas
Ähnlichem? War er Mitglied in einem Fitnesstudio? Und wo wohnte er? In ihrer
Nähe? Auf der West Side? In der Innenstadt?
Und
ihre Gedanken vertieften sich. Sie hätte gerne gewusst, of er eine Freundin
hatte.
Sie
begann, sich den Typ Frau vorzustellen, der ihn interessierte. Sie würde
natürlich hübsch sein, aber nicht so sehr, dass sie Angst davor hätte, sich die
Hände schmutzig zu machen. Irgendwie spürte sie, dass Aussehen ihm weniger
bedeutete als Intelligenz. Und er bräuchte jemanden mit einem Sinn für Humor,
jemand, der ebenso originell wäre wie er selbst, aber keinesfalls grausam oder
sakastisch. Je mehr Tage vergingen, desto endloser waren die Variationen, die
in ihrer Phantasie reiften – doch dann, am Abend ihrer Verabredung,
machte sie allem ein Ende.
Das ist verrückt, dachte sie. Ich habe soeben eine Beziehung beendet, und sobald WestTex und das
Geschäft mit dem Iran unter Dach und Fach sind, wird es mehr Probleme geben,
mehr Verantwortung und weniger Zeit für mich. Dieser Mann sollte in meinen
Gedanken gar nicht existieren.
An
diese Dinge dachte sie, während sie in das schwarze Seidenkleid schlüpfte, das
sie heute Morgen bei Saks gekauft hatte. Zudem
ist es nicht so, als wären wir beim Essen unter uns. Harold wird dabei sein.
Ich bin lediglich eine Geschäftsfrau, die an einem Geschäftsessen mit ihren
Geschäftskollegen teilnimmt.
Sie
trat vor den Schlafzimmerspiegel. Das Kleid war kurz und stilvoll. Es schmiegte
sich an ihren Körper, ließ ihre gebräunten Schultern frei und betonte ihre
langen Beine. Indem sie sich betrachtete, fragte sie sich, was aus der
Geschäftsfrau geworden war und was Jack Douglas wohl denken würde, wenn sie in
diesem Kleid in dem Restaurant erschien.
Sie
griff in ihren Schrank und entnahm ihm eine schwarze Chanel-Jacke. Sie zog sie
an, drehte sich vor dem Spiegel und begutachtete die eher konservative
Alternative. „Das ist schon viel besser,” sagte sie.
Als
sie jedoch das Apartment verließ, hatte sie die Jacke nicht an.
* * *
Als
sie in dem Restaurant ankam, führte sie der Oberkellner in einen Raum, der mit
frischen Blumensträußen angefüllt war, und in dem Leute an elegant gedeckten
Tischen speisten; in der Mitte dieses in ein warmes Licht getauchten Raumes
spielte ein Mann auf einem Piano. Jack Douglas saß bereits an ihrem Tisch und
erhob sich, als sie nähertrat.
„Sie
sehen bezaubernd aus,” sagte er.
Celina
dankte ihm und bemerkte – während der Oberkellner ihr den Stuhl hinrückte
und sie sich setzte – den teuren marineblauen Anzug, den Jack trug, sowie
sein kürzlich geschnittenes Haar. „Sie sehen auch nicht gerade übel aus,” sagte
sie. „Ist Harold noch nicht hier?”
Jack
schüttelte den Kopf. „Ich dachte, er würde mit Ihnen kommen.” Er blickte auf
den Oberkellner, der neben ihnen stand, und fragte Celina, was sie zu trinken
wünsche. „Eine Flasche Champagner?”
Celina
betrachtete ihn mit einen Lächeln – das war kein Mann, der Champagner
trank. Obgleich er sich in dem Restaurant ausgesprochen wohlzufühlen schien,
spürte sie, dass er viel lieber in einem Bistro in Greenwich Village essen
würde, wo er mit dem Messer in ein dickes Steak schneiden und ein kaltes Bier
trinken konnte. „Ich habe eher an ein Bier gedacht,” sagte sie. „Passt Ihnen
das?”
Jack
grinste erfreut. „Ausgezeichnet. Aber ich muss Sie warnen. Ich trinke aus der
Flasche.”
„Tatsächlich?”
sagte sie und lächelte. „Nicht aus der Dose?”
So
einfach war das.
Das
Bier kam, und sie begannen zu reden.
„Warum
sind Sie von Morgan weggegangen?” fragte Celina. „Sie haben sich dort einen
Namen gemacht. Sie haben Dinge bewegt und waren auf dem Weg nach oben. Warum
weggehen?”
Jack
zuckte mit den Schultern. „Der Druck war das Geld nicht wert, und das Geld war
den Stress nicht wert, in einem Raum mit Anleihenhändlern zu stecken, von denen
die meisten ihre Mutter umbringen würden, wenn sie der Überzeugung wären, dass
deren Tod ihnen ein besseres Geschäft verschaffen würde.”
Er
nahm einen kräftigen Schluck Bier. „Außerdem wird da vieles gemacht, von dem
niemand etwas weiß.
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