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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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nicht ganz dasselbe, wie das Rote Meer zu teilen, aber die Mühelosigkeit, mit der sie es geschafft hatten, versprach wesentlich größere Möglichkeiten. Der Mondlichtzauber schien nur ein Nebeneffekt einer riesigen Kraftquelle zu sein.
    Am nächsten Morgen saß Aschmodai am Frühstückstisch, fast zitternd vor Aufregung. Sie brachte keinen Bissen herunter.
    »Ich habe ihn gefunden!«, verkündete sie energisch.
    »Wen?«, fragte Julia. Es war noch ein wenig früh für Aschmodai im maximalen Intensivmodus. »Wen hast du gefunden?«
    »Den Eremiten. Den heiligen Mann, von dem die Tarasque erzählt hat. Er ist ein Heiliger. Nein, kein Heiliger im strengen christlichen Sinn. Aber er bezeichnet sich so.«
    »Erzähl!«, sagte Pouncy über einen Laib von dem dunklen, sehr groben Brot hinweg, das sie gegessen hatten und das fast nach Kasteiung schmeckte.
    »Also«, sagte Aschmodai, schüttelte ihre manische Müdigkeit für einen Moment ab und schaltete auf ihre gewohnte Sachlichkeit um, »soweit ich es herausfinden konnte, ist der Typ an die zweitausend Jahre alt. Kapiert? Er nennt sich Amadour und behauptet, ein Heiliger gewesen zu sein, doch sie hätten ihm seinen Status aberkannt.
    Ich habe ihn in einer Höhle gefunden, wo er lebt. Rotes Haar, so langer Bart. Er sagt, er diene der Göttin, der alten, von der wir ständig hören. Er wollte mir ihren Namen nicht verraten, aber ich wette, sie ist es, unsere Madonna unter der Erde. Eine Zeitlang galt er als christlicher Heiliger, hat er mir erzählt, und behauptete, er würde der Jungfrau Maria dienen, aber irgendwann wurde er als Heide entlarvt und sollte gekreuzigt werden. Seitdem lebt er in Höhlen.
    Zuerst war ich skeptisch, denn woher sollte ich wissen, dass er nicht nur ein verrückter Obdachloser war? Aber dann hat er mir bewiesen, wer er ist. Leute, er hat mir so verrückte Sachen gezeigt, ihr ahnt es nicht. So etwas können wir nicht. Er kann Stein mit den bloßen Händen formen! Und er heilt Tiere. Er wusste Dinge über mich, die eigentlich niemand wissen kann. Er … er hat eine Narbe geheilt, die ich habe. Hatte. Er hat sie verschwinden lassen!«
    Ihre Stimme versagte. Julia hatte Aschmodai noch nie so ernst gesehen. Sie starrte ihre Freunde an, sauer auf sich selbst, weil sie ein Geheimnis verraten hatte. Julia hatte Aschmodais Narbe nie gesehen. Oder meinte sie vielleicht eine Narbe auf ihrer Seele?
    »Kannst du uns zu ihm führen?«, fragte Pouncy sanft. Er schien zu spüren, wie nahe sie einem Zusammenbruch war.
    Rasch schüttelte sie den Kopf und versuchte, sich zusammenzureißen, aber vergebens.
    »Man erblickt ihn nur einmal«, erklärte sie. »Ihr könnt selbst versuchen, ihn zu finden, aber ich kann euch nicht sagen, wo die Höhle liegt. Ich meine, ich weiß es zwar noch, aber ich kann es euch nicht verraten. Es geht nicht! Ich habe es eben versucht, aber ich bringe die Worte einfach nicht heraus.« Hilflos zuckte sie mit den Schultern. »Nichts, kein Ton.«
    Alle blickten sich über das trockene Brot und den lauen Kaffee hinweg an.
    »Ach, das hätte ich beinahe vergessen«, sagte Aschmodai. »Er hat mir etwas geschenkt.« Sie öffnete den Reißverschluss ihres Rucksacks, griff hinein und holte ein Blatt Pergament heraus, eng beschrieben. »Das ist ein Palimpsest. Ist das nicht unglaublich? Wie in ganz alten Zeiten! Ich habe zugesehen, wie er die Tinte von einem unschätzbar wertvollen, uralten Gebetstext oder so abgeschabt hat, wer weiß, vielleicht sogar einer der Rollen vom Toten Meer. Dann hat er uns aufgeschrieben, wie wir die Göttin anrufen müssen. Die Madonna unter der Erde.«
    Pouncy nahm das Pergament von ihr an. Seine Finger zitterten ein wenig.
    »Eine Beschwörung!«, flüsterte er.
    »Da ist er also«, sagte Julia. »Der heiße Draht zur Göttin.«
    »Genau. Ich glaube, das ist Phönizisch. Kaum zu glauben! Er konnte nicht versprechen, dass sie wirklich kommt, aber …«
    Aschmo nahm die Kruste von Pouncys Brot und kaute gedankenverloren darauf herum. Sie schloss die Augen.
    »Mist!«, sagte sie. »Ich muss ins Bett.«
    »Dann geh ruhig.« Pouncy hob den Blick nicht von dem Pergament. »Leg dich hin. Wir unterhalten uns, wenn du ausgeschlafen hast.«

Kapitel 24
    D ie
Muntjak
lag in einer Flaute und dümpelte so ruhelos und hibbelig auf den leichten Wellen, wie es schnellen Schiffen eigen ist, die nicht vom Fleck kommen. Ihre schlaffen Taue und Taljen schaukelten und schlugen gegen die Masten. Die
Muntjak
hasste das

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