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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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sich ablenken zu lassen. »Selbst wenn es keine Zeit kostet. Was sollte es schon nützen? Ich kann ihn nicht zurückholen.«
    »Nein.«
    »Ich hasse es, so direkt sein zu müssen, aber was soll das Ganze dann?«
    »Du könntest Benedikt Trost spenden. Manchmal können die Lebenden etwas für die Toten tun. Und vielleicht hat er auch etwas für dich. Mein Verständnis menschlicher Gefühle ist …«
    Das Faultier hielt inne und suchte nach dem richtigen Wort.
    »Ungenau?«, fragte Quentin.
    »Genau. Ungenau. Aber ich glaube nicht, dass Benedikt glücklich war, sterben zu müssen.«
    »Es war ein furchtbarer Tod. Er muss sehr unglücklich sein.«
    »Vielleicht möchte er dir das gerne sagen.«
    Daran hatte Quentin nicht gedacht.
    »Und vielleicht möchte er dir auch gerne etwas geben.«
    Abigail sah ihn mit ihren gelatinösen, glitzernden Augen an, die das Licht von anderswoher als dem Frachtraum zu reflektieren schienen. Dann schloss sie sie.
    Das Schiff grunzte geduldig, als die Wellen gegen seinen Rumpf schlugen, monoton, immer und immer wieder. Quentin beobachtete das Faultier. Inzwischen hatte er genug über sich gelernt, um zu wissen, dass seine Gereiztheit anderen gegenüber für gewöhnlich daher stammte, dass er etwas tun sollte und sich davor drückte. Er stellte sich Benedikt vor, gefangen und schmachtend in einer schlecht gezeichneten Comic-Unterwelt. Würde er an seiner Stelle sich wünschen, dass ihn jemand besuchen käme? Sehr wahrscheinlich.
    Quentin fühlte sich für ihn verantwortlich. Das war Teil seiner Aufgabe als König. Und Benedikt war gestorben, bevor er, Quentin, herausgefunden hatte, wozu die Schlüssel dienten. Er musste glauben, umsonst gestorben zu sein. Allein die Vorstellung, in alle Ewigkeit darüber nachzugrübeln!
    Quentin dachte an die Artus-Sage zurück. Zu dem wenigen, an das er sich erinnerte, gehörte, dass Ritter, die etwas auf dem Gewissen hatten, bei der Suche nach dem Gral nie gut abschnitten. Man musste zur Beichte gehen, bevor man sich auf den Weg machte. Man musste in den Spiegel sehen und sich die eigenen Fehler eingestehen, erst dann konnte man etwas erreichen. Damals erschien Quentin das auf der Hand liegend, und er hatte nie verstanden, warum Gawain und die raueren Gesellen das nicht kapierten, einfach beichteten und weitermachten. Stattdessen stümperten sie herum, prügelten sich, erlagen der Versuchung und hatten keine Chance, den Gral zu finden.
    Doch wenn man selbst mittendrin steckte, war die Sache keineswegs so sonnenklar. Vielleicht war Benedikts Tod nicht direkt eine Sünde, die sein Gewissen belastete, aber etwas Unverarbeitetes. Das Faultier hatte recht. Der Verlust Benedikts lag ihm auf der Seele und lähmte sie alle. Vielleicht war dies eine Zeit, in der ein Held zu sein nicht unbedingt bedeutete, besondere Tapferkeit zu zeigen, sondern seine Pflicht zu erfüllen.
    Im Grunde genommen gab es sowieso keinen richtigen Zeitpunkt, um die Toten in der Unterwelt zu besuchen, und wenn das Faultier die Wahrheit sagte, konnte er wieder zurück sein, bevor irgendjemand seine Abwesenheit bemerkte.
    »Ich kann das also ruck, zuck erledigen?«, fragte Quentin. »Hier wird buchstäblich keine Zeit vergehen?«
    »Da habe ich vielleicht etwas übertrieben. Es wird keine Zeit vergehen, solange du dich in der Unterwelt aufhältst. Aber du musst einige Vorbereitungen treffen.«
    »Ich kann aber zurückkehren.«
    »Du kannst zurück.«
    »Okay. Einverstanden.« Er sollte sich vorher umziehen, sonst müsste er die Unterwelt im Schlafanzug betreten. »Legen wir los. Was brauche ich?«
    »Ich vergaß zu erwähnen, dass das Ritual an Land stattfinden muss.«
    »Ach so.« Gott sei Dank, er konnte doch wieder zu Bett gehen. »Ich dachte, wir würden uns auf der Stelle auf den Weg machen. Dann komme ich also wieder runter, sobald wir …«
    Von oben ertönte dumpfes Gepolter von Stiefeln und das Läuten der Schiffsglocke.
    »Wir haben gerade Land gesichtet, oder?«, fragte Quentin.
    Abigail schloss feierlich die Augen und öffnete sie wieder: Ja, tatsächlich, wir haben Land gesichtet. Quentin wollte sie fragen, wie sie das angestellt hatte, aber er bremste sich, weil er ansonsten die Antwort hätte aussitzen müssen, und für heute hatte er genügend Faultier-Weisheiten absorbiert.
    Keine Stunde später stand Quentin mitten in der Nacht auf einem flachen grauen Strand. Er hatte vorgehabt, klammheimlich in die Unterwelt und wieder zurückzuschlüpfen, unbemerkt von den anderen.

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