Fillory - Die Zauberer
der Leichtgläubigkeit Fremder abhängig. Er verbrachte die meiste Zeit damit, Trödelläden und zum Verkauf stehende Häuser abzuklappern wie ein Fischer, der im Meer mit einer Schleppleine angelt. Er bequatschte die emotional angeschlagenen Witwen verstorbener Zauberer und lauschte unauffällig in der Nähe, wenn sich Klügere und Bessere als er unterhielten, ständig auf der Suche nach irgendetwas, das wertvoll war oder das man plausibel als etwas Wertvolles präsentieren konnte. Die letzten Monate hatte er in Nordengland verbracht, in einer kleinen Wohnung über einer Garage in einem trostlosen Vorort von Hull. Dort versuchte er sein Glück in Antikgeschäften und Secondhand-Buchläden. Er saß den ganzen Tag im Bus, oder, wenn er ganz verzweifelt war, auch auf einem uralten Drahtesel, den er sich ohne Erlaubnis aus der Garage lieh, zu der er offiziell gar keinen Zutritt hatte.
Irgendwann während seines Aufenthalts zog Lovelady plötzlich unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich. Normalerweise bemühte er sich verzweifelt um Aufmerksamkeit, egal von wem, aber diesmal war es anders. Fremde Leute im Bus starrten ihn grundlos an. Münztelefone klingelten, wenn er vorbeiging. Als er einmal sein Kleingeld zählte, fand er ausschließlich Münzen aus seinem Geburtsjahr. Im Fernsehen sah er sein eigenes Gesicht mit einer mysteriösen leeren Stadt im Hintergrund. Lovelady war zwar weder gebildet noch intelligent, aber er überlebte dank seiner Instinkte, und die warnten ihn alle gleichzeitig, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte.
Allein in seiner Wohnung, auf seinem erbsensuppenfarbenen Schaumstoffsofa sitzend, zog Lovelady Resümee. Ihm fiel nichts anderes ein, als dass er unabsichtlich ein Objekt mit wirklicher Macht erworben haben musste und dass irgendjemand dort draußen es begehrte. Er wurde gejagt.
Noch in derselben Nacht brach er seine Zelte ab. Er pfiff auf die Kaution, behängte sich mit einer klappernden Sammlung von Talismanen und Glücksbringern, fuhr mit dem Bus nach London und mit dem Tunnelzug nach Paris und überquerte von da aus den Atlantik, um sich der bereits überstrapazierten Gnade von Brakebills auszuliefern. Er verbrachte einen ermüdenden Nachmittag damit, die Wälder im Norden New Yorks zu durchkämmen, auf der Suche nach der vertrauten, tröstlichen Schutzzone der Schule.
Doch als die Sonne hinter den Bäumen unterging und die frühe Winterkälte an seinen Ohrläppchen nagte, dämmerte ihm die erschreckende Wahrheit: Er befand sich zwar am richtigen Ort, aber Brakebills zeigte sich ihm nicht länger. Irgendetwas, entweder er selbst oder eines seiner Objekte, wurde von den Verteidigungszaubern der Schule abgewehrt. Was immer er mit sich herumtrug, hatte ihn zum Unberührbaren gemacht.
Da gab er auf und setzte sich nach Maine ab. Welch bittere Ironie: Einmal im Leben hatte Lovelady das Glück gehabt, auf etwas wirklich Mächtiges zu stoßen, das große Los zu ziehen. Aber es war zu viel Glück auf einmal. Das war nicht seine Liga. Er hätte seine Waren loswerden können, alles, hier, mitten in den gefrorenen Wäldern. Aber nach einem Leben der Knauserei brachte er es nicht fertig. Es hätte ihm das geizige Herz gebrochen. Stattdessen mietete er eine Touristenhütte im Wald zum Nebensaisonpreis und machte gründlich Inventur.
Er erkannte es sofort, inmitten einer kunterbunten Sammlung schmuddeligen Theaterschmucks, in einer mit Draht verschlossenen Plastiktüte. Er wusste nicht, was es war, aber die Macht dieses Gegenstands war unverkennbar, sogar für sein ungeübtes Auge.
Er winkte Penny in eine Ecke, fasste in die Tasche seines speckigen Mantels, den er den ganzen Abend nicht abgelegt hatte, und legte eine Tüte mit Knöpfen auf einen runden Pressspan-Stehtisch. Mit seinem aschgrauen, farblosen Grinsen sah er Penny an. Bei den Knöpfen handelte es sich um ganz normale, alte Reserveknöpfe: zwei Löcher, vier Löcher, Kunstleder, Kunstschildpatt, große, rechteckige Modeknöpfe und winzige runde Bakelitknöpfchen. Auch einige lose Perlen waren darunter. Pennys Auge fiel sofort auf einen bestimmten Knopf, einen flachen, ansonsten unauffälligen perlweißen Mantelknopf, ungefähr zwei Finger breit. Er war schwerer, als er hätte sein sollen. Er vibrierte praktisch vor unverhohlener magischer Kraft.
Er wusste, was das war. Und hütete sich, es zu berühren.
»Ein magischer Knopf?«, fragte Janet. »Wie merkwürdig. Was war es?«
Ihre Haare waren eine Katastrophe, aber sie war obszön
Weitere Kostenlose Bücher