Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
Vom Netzwerk:
schrecklichen Fehler, und dann, im letzten Akt des Seelenstriptease, sah er sie als das, was sie tatsächlich war: ein furchtbarer, wirklich grausamer, schmerzlicher Verrat. Irgendwann während seines langsamen, immer beschämenderen Sündenfalls bemerkte Quentin, dass Alice am Fußende des Bettes saß. Er sah nur ihren Rücken. Sie saß von ihm, Janet und Eliot abgewandt da, das Kinn in die Hände gestützt. Phasenweise stellte er sich vor, dass es nur ein Traum war und sie überhaupt nicht da gewesen sei. Aber ehrlicherweise musste er sich eingestehen, dass sie tatsächlich dort gewesen war. Sie hatte nicht wie ein Phantasiegebilde ausgesehen. Sie war komplett angezogen gewesen. Sie musste bereits eine Zeit lang auf gewesen sein.
    Gegen neun Uhr war der Raum von hellem Sonnenlicht erfüllt und Quentin konnte nicht länger so tun, als schlafe er. Er setzte sich auf. Er trug kein Hemd und konnte sich nicht erinnern, wo sein Hemd war. Er trug auch nichts sonst. In diesem Augenblick hätte er alles darum gegeben, ein Hemd und Unterwäsche zu haben.
    Die Füße auf den Hartholzboden gestützt, fühlte er sich seltsam körperlos. Er konnte nicht verstehen und kaum glauben, was er getan hatte. Es sah ihm gar nicht ähnlich! Vielleicht hatte Fogg recht gehabt und die Magie hatte seine moralische Entwicklung gebremst. Irgendwas musste da schiefgelaufen sein. Vielleicht war er deswegen so ein Scheißkerl. Aber es musste einen Weg geben, Alice zu erklären, wie leid es ihm tat! Er zog eine Decke von Eliots Bett – Janet regte sich und beschwerte sich verschlafen, ehe sie wieder in ihren traumlosen, reuelosen Schlummer sank –, wickelte sich darin ein und tappte hinaus in die stille Wohnung. Der Esstisch war eine Müllhalde, die Küche ein Schlachtfeld. Ihr kleiner Planet war ruiniert, und er hatte jeden festen Boden unter den Füßen verloren. Quentin dachte an Professor Mayakowski und wie er die Zeit zurückgedreht, die Glaskugel repariert und die Spinne wieder zum Leben erweckt hatte. Wie schön, wenn er jetzt auch die Zeit hätte zurückdrehen können.
    Als die Aufzugtüren sich mit einem Ping! öffneten, rechnete Quentin mit Josh, der von einer erfolgreichen Nacht mit Anaïs zurückkehrte. Doch es war Penny, blass und außer Atem vom schnellen Laufen und so aufgeregt, dass er kaum an sich halten konnte.

PENNYS GESCHICHTE
    Er hatte einen neuen Irokesenschnitt, eine stolze, leuchtend grüne Bürste, breit und hoch wie die Haube eines Zenturiohelms. Außerdem hatte er zugenommen. Seltsamerweise sah er jünger und weicher aus als in Brakebills, nicht mehr wie ein einzelgängerischer Irokesenkrieger, sondern eher wie ein vollgefressener weißer Vorort-Gangsta. Aber dennoch war es unverkennbar Penny, der auf dem Orientteppich stand und nach Luft rang. Er blickte sich überall um wie ein neugieriges Gerichtsvollzieher-Kaninchen. Er trug eine schwarze Lederjacke mit Chromspikes, ausgeblichene schwarze Jeans und ein schmuddeliges weißes T-Shirt. Mein Gott, dachte Quentin, gibt es überhaupt noch Punks? Er muss der Letzte in New York sein.
    Penny schnüffelte und wischte sich die Nase am Ärmel ab. Keiner von beiden sagte ein Wort. Quentin kannte Penny gut genug, um zu wissen, dass er sich niemals zu armseligen sozialen Freundlichkeiten wie einer Begrüßung oder der Frage nach dem Befinden hinreißen lassen würde, oder einer einfachen Erklärung, was er hier eigentlich machte. Doch dieses eine Mal war ihm Quentin dankbar. Er wusste nicht, ob er damit hätte umgehen können.
    »Wie bist du reingekommen?«, krächzte Quentin. Sein Mund war knochentrocken.
    »Dein Portier hat geschlafen. Ihr solltet ihn wirklich rausschmeißen.«
    »Das ist nicht mein Portier.« Er räusperte sich mühsam. »Bestimmt hast du ihn behext.«
    »Nein, ich habe nur Cholmondeleys Tarnzauber angewandt.« Penny sprach den Namen auf die korrekte englische Weise aus: Chumleys .
    »Eliot hat die ganze Etage geschützt. Ich habe ihm geholfen, den Schild aufzubauen. Außerdem braucht man einen Schlüssel für den Fahrstuhl.«
    »Wir müssen einen neuen Schutzschild aufbauen. Ich habe ihn auf dem Weg nach oben aufgeschlitzt.«
    »Verdammte Scheiße … Okay, fangen wir ganz von vorne an: Wer ist ›wir‹?«, fragte Quentin. In diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als nur einen Augenblick die Ruhe zu haben, sein Gesicht in ein Waschbecken mit warmem Wasser zu tauchen. Und vielleicht jemanden, der ihn runterdrückte, bis er ersoffen war. »Und

Weitere Kostenlose Bücher