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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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entschlossener, roboterhafter Genauigkeit so warf, dass sie aus einer Entfernung von zehn Fuß hochkant in einem der geschmacklosen, styroporähnlichen Äpfel, die es in der Cafeteria gab, stecken blieb.
    Quentin griff zuerst nach den Karten. Er war stolz auf seine Mischtechniken, die ihn unendlich viele ermüdende Übungsstunden gekostet hatten. Zur Sicherheit begann er mit einem Faro-Shuffle anstatt dem normalen Mischen der Karten, falls die Dame ihm gegenüber zufällig den Unterschied kannte und wusste, wie verflixt schwierig es war, einen guten Faro hinzubekommen.
    Routiniert folgte er einem festgelegten Ablauf, der bereits so kalkuliert war, dass er mit möglichst vielen Fähigkeiten angeben konnte: falschem Abheben, falschem Mischen, Liftmischen, Täuschen, Zaubern, Forcieren. Zwischen den einzelnen Tricks warf er die Karten von einer Hand zur anderen, ließ sie wie einen Wasserfall fließen, wie eine Lawine rollen. Er hatte seine festen Sprüche, die er dazu machte, die aber in dem stillen, luftigen, wunderschönen Raum ungeschickt und hohl klangen, besonders gegenüber dieser würdevollen, attraktiven älteren Dame. Nach kurzer Zeit blieben ihm die Worte im Hals stecken und er führte sein Können schweigend vor.
    Die Karten machten raschelnde und schnalzende Geräusche in der Stille. Die Frau beobachtete ihn unablässig. Gehorsam wählte sie eine Karte aus, wenn er sie dazu aufforderte, zeigte aber kein Erstaunen, wenn er diese dann – gegen jede Wahrscheinlichkeit! – in der Mitte eines sorgfältig gemischten Spiels oder in seiner Hemdentasche wiederfand oder sie einfach aus der Luft zauberte.
    Er ging zu den Münzen über. Es waren brandneue Fünfcentstücke, tief geprägte Nickel mit guten, scharfen Rändern. Da er auf keine Requisiten zurückgreifen konnte, weder Gefäße noch gefaltete Taschentücher, hielt er sich an Fingerübungen, Tricks, Kunststückchen und Auffangübungen. Die Frau sah ihm einen Augenblick lang schweigend zu, dann langte sie über den Tisch und berührte seinen Arm.
    »Machen Sie das noch mal«, bat sie.
    Er folgte ihrer Aufforderung. Der Trick war alt – der Wandernde Nickel. Ein Nickel (in Wirklichkeit drei) bewegte sich auf geheimnisvolle Weise von einer Hand in die andere. Quentin pflegte seinem Publikum die Münze wieder und wieder zu zeigen, um sie dann frech wieder verschwinden zu lassen. Irgendwann tat er so, als wüsste er gar nicht mehr, wo sie war, woraufhin sie mitten auf seiner Handfläche erschien, vor aller Augen. Im Grunde war es eine ziemlich simple, wenn gut geübte Nummer, bei der man die Münze immer wieder fallen ließ, geschickt auffing und sie durch die Finger wandern ließ, kombiniert mit einem besonders geschickten Verschwindetrick.
    »Noch mal.«
    Er machte den Trick noch mal. In der Mitte unterbrach sie ihn. »An der Stelle machen Sie einen Fehler.«
    »Wo?« Er runzelte die Stirn. »So wird das gemacht.«
    Sie schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Ich will es Ihnen zeigen.«
    Sie nahm drei Nickel von dem Stapel und zeigte ihm, ohne einen Augenblick zu zögern, und scheinbar vollkommen mühelos eine perfekte Version des Wandernden Nickels. Quentin konnte den Blick nicht von ihren kleinen, rindenbraunen Händen abwenden. Ihre Bewegungen waren geschmeidiger und präziser als bei jedem Profi, den er bisher gesehen hatte.
    Plötzlich hielt sie inne.
    »Sehen Sie das, wo die zweite Münze von einer Hand in die andere wechseln soll? Sie müssen einen Rückwärts-Pass machen, sehen Sie, so! Kommen Sie rum, damit Sie es genau erkennen können.«
    Gehorsam trottete er hinüber auf ihre Seite des Tischs und stellte sich hinter sie, wobei er es tunlichst vermied, in den Ausschnitt ihrer Bluse zu blicken. Ihre Finger waren viel kleiner als seine, und doch verschwand der Nickel zwischen ihnen wie ein Vogel im Gebüsch. Sie zeigte ihm die Bewegung ganz langsam, vorwärts und rückwärts, in einzelnen Abschnitten.
    »Aber so mache ich es doch!«, sagte er.
    »Zeigen Sie es mir.«
    Jetzt lächelte sie ganz offen. Sie griff ihn am Handgelenk, um ihn mittendrin aufzuhalten.
    »Und? Wo ist die zweite Münze?«
    Er hielt die Hände hoch, mit den Handflächen nach oben. Die Münze war … Aber da war keine Münze. Er drehte die Hände hin und her, wackelte mit den Fingern, sah auf dem Tisch, auf seinem Schoß, auf dem Boden nach. Nichts. Sie war tatsächlich verschwunden. Hatte sie sie geschnappt, während er nicht hingesehen hatte? Bei diesen schnellen

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