Fillory - Die Zauberer
zeigte ihm einen Absatz, der verschwand, während er ihn las, und befragte ihn nach dem vollständigen Verschwinden zum Inhalt. Bestimmt ein neuartiges, digitales Papier – hatte er nicht irgendwo gelesen, dass daran gearbeitet wurde? Digitale Tinte? Wirklich tolle Erfindung. Er wurde aufgefordert, ein Kaninchen zu zeichnen, das jedoch beim Skizzieren nicht stillhielt. Sobald es Pfoten hatte, putzte es sich ausgiebig, hoppelte danach über die Seite und nagte die anderen Fragen an, so dass er es mit dem Bleistift jagen musste, um sein Fell zu Ende zeichnen zu können. Schließlich beruhigte er es mit ein paar hastig gekritzelten Radieschen und zeichnete anschließend einen Zaun drumherum, um es in Schach zu halten.
Schon bald vergaß er alles andere und konzentrierte sich ganz darauf, eine Frage nach der anderen in seiner sauberen Handschrift ausführlich zu beantworten, wobei er jede noch so abstruse Anforderung des Tests erfüllte. Erst nach einer Stunde blickte er zum ersten Mal von seinem Pult auf. Sein Hintern tat weh und er rutschte auf seinem Stuhl herum. Die Flecken des durch die Fenster einfallenden Sonnenlichts waren weitergewandert.
Und noch etwas hatte sich verändert. Als er angefangen hatte, waren alle Tische besetzt gewesen; jetzt gab es etliche freie. Dabei hatte er gar nicht bemerkt, dass jemand gegangen war. Ein kalter Kristallsamen des Zweifels bildete sich in Quentins Magen. Mein Gott, die mussten schon fertig sein! Er war es nicht gewöhnt, in der Schule unterlegen zu sein. Seine Handflächen kribbelten vor Schweiß und er wischte sie an seinen Oberschenkeln ab. Was waren das für Leute?
Als Quentin zur nächsten Seite in seinem Heft umblätterte, war sie leer, bis auf ein einziges Wort in der Mitte: FIN, in verschnörkelter Kursivschrift, wie im Abspann eines alten Films.
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und presste die Ballen seiner schmerzenden Hände auf seine schmerzenden Augen. So, das waren zwei Stunden seines Lebens gewesen, die ihm niemand zurückgeben konnte. Quentin hatte immer noch nicht bemerkt, dass irgendjemand aufgestanden und weggegangen war – dennoch war der Raum auffallend entvölkert. Inzwischen waren nur noch an die fünfzig Jugendliche übrig und es gab mehr leere als besetzte Tische. Es war, als würden sie sich jedes Mal, wenn er den Kopf wegdrehte, still hinausschleichen. Der Punk mit den Tätowierungen und ohne Hemd war noch da. Er musste entweder fertig sein oder aufgegeben haben, denn er alberte herum, indem er ein Glas Wasser nach dem anderen bestellte. Sein Pult stand voller Gläser. Quentin verbrachte die letzten zwanzig Minuten damit, aus dem Fenster zu schauen und einen Wirbeltrick mit seinem Bleistift zu üben.
Der Dekan trat ein und wandte sich an die Anwesenden.
»Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie alle zur nächsten Prüfungsphase übergehen können«, sagte er. »Dieser Teil besteht aus Einzelprüfungen, durchgeführt von Dozenten des Brakebills College. Bis zum Beginn können Sie sich mit einem kleinen Imbiss stärken und miteinander Bekanntschaft schließen.«
Quentin zählte nur noch zweiundzwanzig besetzte Tische, vielleicht noch ein Zehntel der ursprünglichen Gruppe. Bizarrerweise kam ein schweigender, lächerlich korrekter Butler mit weißen Handschuhen herein, der jedem von ihnen ein Holztablett servierte. Darauf lagen ein Sandwich – gegrillte rote Paprika und ganz frischer Mozzarella auf Sauerteigbrot –, eine rundliche Birne und eine dicke Tafel dunkler Bitterschokolade. Dazu schenkte er jedem Teilnehmer ein trübes, sprudelndes Getränk aus einer kleinen Flasche ohne Etikett ein – Pampelmusenlimonade, wie sich herausstellte.
Quentin nahm sein Mittagessen und schlenderte nach vorne zur ersten Reihe, wo sich jetzt die meisten der übriggebliebenen Prüfungsteilnehmer versammelten. Er fühlte sich lächerlich erleichtert, so weit gekommen zu sein, obwohl er keine Ahnung hatte, warum er bestanden hatte, warum die anderen durchgefallen waren und was es für ihn hieß, bestanden zu haben. Der Butler stellte geduldig die klirrende, schwappende Wasserglassammlung vom Tisch des Punks auf ein Tablett. Quentin hielt Ausschau nach Julia, aber entweder hatte sie es nicht geschafft oder sie war es gar nicht gewesen.
»Sie hätten es begrenzen sollen«, erklärte der Punk, der sich als Penny vorstellte. Er hatte ein freundliches Mondgesicht, das seine ansonsten furchterregende Erscheinung Lügen strafte. »Das Wasser,
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