Fillory - Die Zauberer
grundlegende Angriffszauber üben, nur für den Notfall. Nichts zu Verrücktes. Nur, um ein paar Asse im Ärmel zu haben. Außerdem haben wir die Kakodämonen im Rücken, vergesst das nicht. Und den Knopf.«
»Und unsere Schwänze in der Hand«, kicherte Anaïs.
Am nächsten Tag fuhren Richard, Eliot, Janet und Anaïs nach Buffalo, um Vorräte einzukaufen. Janet, die aus L.A. stammte, war die Einzige mit einem Führerschein. Quentin, Josh, Alice und Penny sollten Kriegsmagie recherchieren, aber Alice weigerte sich, mit Quentin zu reden – er hatte am Morgen an ihre Tür geklopft, aber sie wollte nicht rauskommen – und für Josh waren die technischen Finessen zu hoch, daher arbeiteten schließlich Alice und Penny zusammen.
Bald war der Tisch von Büchern aus Pennys Umzugscontainer und Blättern aus Butterbrotpapier mit welligen Flussdiagrammen übersät. Als die beiden größten Zauberernerds der Gruppe waren Alice und Penny bald vollkommen ineinander vertieft. Ab und zu warfen sie sich ad hoc technische Fachbegriffe zu, die ihnen gerade in den Sinn kamen. Penny bekritzelte Stapel von Papier mit archaischen Notizen. Alice beugte sich über seine Schulter, nickte ernsthaft und zeigte auf einige Stellen. Sie leisteten Basisarbeit, bastelten Zaubersprüche aus einzelnen Bausteinen zusammen, zwar nichts fantastisch Kompliziertes, aber immerhin war ihnen derartiger Stoff bisher immer sorgsam vorenthalten worden.
Als Quentin die beiden bei der Arbeit beobachtete, nagte die Eifersucht an ihm. Ein Glück, dass es Penny war – bei jedem anderen wäre er zutiefst misstrauisch geworden. Er und Josh verbrachten den Nachmittag mit Bier und Knabbereien in der Scheune vor dem Flachbildfernseher von der Größe eines Werbeplakats. Weder in Brakebills noch in Quentins und Alice’ Wohnung in Manhattan hatte es Fernsehen gegeben. Jetzt kam es ihnen exotisch und verboten vor.
Gegen fünf Uhr kam Eliot und scheuchte sie auf.
»Kommt schon!«, sagte er. »Ihr verpasst Pennys große Show.«
»Wie war Buffalo?«
»Wie eine Vision der Apokalypse. Wir haben Parkas und Jagdmesser gekauft.«
Sie folgten Eliot hinaus in den Garten. Ihn glücklich, aufgeregt und halbwegs nüchtern zu sehen bestärkte Quentin in seinem Glauben, dass sie auf dem richtigen Weg waren und alles Zerbrochene geheilt werden konnte. Er griff nach einem Schal und einer bizarren Russenmütze mit Ohrenklappen, die er in einem Schrank fand.
Die Sonne versank hinter den Adirondack-Bergen am Horizont. Kalt, rot und trostlos schien sie durch den Dunst. Die anderen hatten sich am Fuß des abschüssigen Rasens versammelt, der sich bis zu einer Reihe von nackten, dekorativen Linden hinunterzog. Penny visierte einen der Bäume mit dem Arm an, während Alice mit langen, gleichmäßigen Schritten die Entfernung maß. Sie rannte zurück zu Penny und die beiden flüsterten miteinander, dann maß sie erneut die Entfernung mit den Schritten. Janet stand etwas abseits bei Richard und sah in ihrem pinkfarbenen Parka und ihrer Wollmütze einfach hinreißend aus.
»Okay!«, rief Penny. »Geht alle ein bisschen zurück!«
»Wie weit denn noch?«, rief Josh zurück. Er saß auf einer cremeweißen Marmorbalustrade, einem willkürlich anmutenden stilistischen Element, das der Landschaftsarchitekt eingestreut hatte. Er trank einen Schluck aus einer Schnapsflasche und reichte sie an Eliot weiter.
»Einfach weit genug weg. Okay, klar zum Feuern!«
Wie eine paillettengeschmückte Assistentin begab sich Alice zu einem Beistelltisch auf dem Rasen, platzierte eine leere Weinflasche darauf und entfernte sich.
Penny blickte die Flasche an, atmete tief ein, murmelte eine Sequenz abgehackter Silben und schloss mit einer einhändigen Fingerschnipp-Geste. Drei stahlgraue, eng gruppierte Strahlen sprangen aus seinen Fingerspitzen, zu schnell für das bloße Auge, und schossen flackernd über den Rasen. Zwei verfehlten ihr Ziel, aber einer schnitt glatt den Flaschenhals ab. Der Rest der Flasche blieb aufrecht stehen.
Penny grinste. Vereinzelter Applaus erklang.
»Das nennen wir ›Magische Rakete‹«, sagte er.
»Magische Rakete, Baby!« Joshs Atem dampfte in der kalten Luft. Sein Gesicht glühte vor Aufregung. »Ist ja wie bei Dungeons & Dragons! «
Penny nickte.
»Einige unserer Sprüche basieren tatsächlich auf altem D & D-Stoff. In den Spielanleitungen findet man eine Menge praktisches Zeug.«
Quentin lächelte nicht. Wollte denn niemand etwas sagen? Das war schwarze Magie!
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