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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Er war weiß Gott kein Prinzipienreiter, aber dieser Spruch war dazu konzipiert, Fleisch zu durchdringen, jemanden körperlich zu verletzen. Sie übertraten so viele Grenzen, dass sie kaum noch bestimmen konnten, wo sie eigentlich standen. Wenn er dieses Zeug jemals anwenden müsste, wäre sowieso schon alles zu spät.
    »Mein Gott, ich hoffe, wir werden so was nicht brauchen«, war dann sein einziger Kommentar.
    »Ach, hör schon auf, Quen tina . Wir wollen doch gar keinen Ärger. Wir wollen nur für den Notfall gewappnet sein.« Josh konnte sich kaum noch bremsen. »Dungeons & Dragons, du meine Scheiße!«
    Als Nächstes räumte Alice den Kartentisch beiseite, so dass Penny alleine dastand, das Gesicht der Lindengruppe zugewandt. Die anderen standen oder saßen verstreut hinter ihm, unter dem leeren Abendhimmel. Die Sonne war jetzt fast untergegangen. Allen lief die Nase und ihre Ohren waren gerötet, aber die Kälte schien Penny nichts auszumachen, der immer noch nichts als ein T-Shirt und Trainingshosen trug. Sie waren tatsächlich weit draußen auf dem Land. Quentin war an das Hintergrundhupen und -rauschen Manhattans gewöhnt, und sogar in Brakebills waren sie von so vielen Menschen umgeben gewesen, dass immer jemand irgendwo rief, klopfte oder etwas in die Luft jagte. Hier jedoch gab es nichts als den Wind, der ab und zu launisch in den Bäumen ächzte. Die ganze Welt war stummgeschaltet.
    Quentin band die Ohrklappen seiner Russenmütze unter dem Kinn zusammen.
    »Wenn es nicht funktioniert …«, begann Penny.
    »Jetzt mach schon!«, rief Janet. »Es ist kalt hier draußen!«
    Penny ging tief in die Knie und spuckte auf das graubraune Gras. Dann fuchtelte er wild und grotesk mit den Armen in der Luft herum wie mit Dreschflegeln, ganz entgegen seinem ansonsten so hoch disziplinierten Stil, wie Quentin ihn von ihm kannte. In der Dunkelheit sah man violettes Licht in seinen hohlen Händen aufflackern, so dass seine Fingerknochen durch die Haut hindurchschimmerten. Er stieß einen lauten Ruf hervor und holte über dem Kopf zum Wurf aus.
    Ein kleiner, dichter, orange glühender Funke flog aus Pennys Handflächen heraus schnurgerade über die Grasnarbe. Anfangs sah er auf absurde Weise harmlos aus, lächerlich, wie ein Spielzeug oder ein Insekt. Doch während er auf die Bäume zusegelte, wuchs er und erblühte zu einem feurigen, funkensprühenden Kometen von der Größe eines Strandballs, marmoriert, zornig und bissig. Fast erhaben sah er aus, als er rückwärts rotierend durch die kalte Abenddämmerung flog. Schatten zuckten rund um den Rasen, folgten der rasend schnellen Lichtquelle. Die Hitze war intensiv, Quentin spürte sie im Gesicht. Als der Ball eine Linde traf, ging sofort der ganze Baum mit einem lauten, knisternden wuuf! in Flammen auf. Eine glühende Fontäne schoss empor und verschwand wieder.
    »Feuerball!«, rief Penny überflüssigerweise.
    Sie hatten ein Instant-Lagerfeuer. Der Baum brannte lichterloh. Die Funken flogen unglaublich hoch hinauf in den dämmrigen Himmel. Janet stieß Freudenschreie aus, sprang auf und ab und klatschte in die Hände wie ein Cheerleader. Penny lächelte dünn und verbeugte sich theatralisch.
     
    Sie blieben noch ein paar Tage in dem Haus auf dem Land, faulenzten, grillten auf der hinteren Veranda, tranken den ganzen guten Wein aus, glotzten sich durch die DVD-Sammlung und quetschten sich alle gemeinsam in die heiße Badewanne, ohne hinterher sauberzumachen. Quentin erkannte, dass sie nach dem ersten Anlauf, den hastigen Vorbereitungen und der Riesenhektik irgendwie stecken geblieben waren. Sie zauderten und warteten auf irgendetwas, das ihnen den entscheidenden Anstoß gab. Sie waren so aufgeregt, dass sie sich nicht eingestanden, welche Angst sie hatten. Und wenn Quentin an das große Glück dachte, das ihn in Fillory erwartete, hatte er beinahe das Gefühl, es gar nicht zu verdienen. Er war noch nicht bereit. Ember und Umber hätten niemals einen wie ihn gerufen.
    Währenddessen hatte Alice eine Methode entwickelt, sich niemals zur selben Zeit im selben Raum aufzuhalten wie Quentin. Sie besaß einen sechsten Sinn für ihn – ab und zu erhaschte er einen Blick auf sie, wenn er aus dem Fenster sah, oder auf ihre Füße, wenn sie die Treppe hinauf floh, aber näher kamen sie sich nie. Es war fast wie ein Spiel und auch die anderen spielten es mit. Wenn er sie einmal heimlich in voller Lebensgröße erblickte – wie sie auf der Küchenanrichte saß, mit den Beinen

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