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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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baumelte und mit Josh plauderte, oder sich mit Penny und seinen Büchern über den Esszimmertisch beugte, als sei alles in bester Ordnung – wagte er es nicht, zu stören. Das wäre gegen die Spielregeln gewesen. Sie so nah und doch so unendlich fern zu erleben war, als blicke er durch eine offene Tür in ein anderes Universum, eine warme, sonnige, tropische Dimension, die er einst bewohnt hatte, aus der er nun jedoch verbannt war. Jeden Abend legte er Blumen vor ihre Zimmertür.
    Es war fatal: Er hätte nie zu erfahren brauchen, was vor sich ging. Er hätte es leicht verpassen können. Obwohl sie in diesem Fall vielleicht für immer dort in dem Haus geblieben wären. Eines Abends spielte er bis in die Nacht hinein Karten mit Josh und Eliot, wobei ein Kartenspiel unter Zauberern stets in einen Meta-Wettbewerb darüber ausartete, wer besser darin war, die Vorteile zu manipulieren, so dass praktisch bei jeder Runde die Spieler entweder einen Straight Flush oder vier Asse auf der Hand hatten. Quentin ging es allmählich wieder etwas besser. Sie tranken Grappa. Der verschlungene Knoten der Scham und Reue, der seit der Nacht mit Janet in seiner Brust gedrückt hatte, löste sich nach und nach, die Verletzungen wurden von Narbengewebe überwuchert. Es war keine Kleinigkeit, aber es war auch nicht alles. Es gab so viel Schönes zwischen ihm und Alice, dass sie es bestimmt schaffen würden, über die Sache hinwegzukommen.
    Vielleicht wurde es Zeit, ihr das klarzumachen. Er wusste, dass sie es auch wollte. Er hatte Mist gebaut, aber es tat ihm leid, also konnten sie es überwinden. Quod erat demonstrandum. Sie mussten den Vorfall einfach in die richtige Perspektive rücken. Vielleicht wartete sie nur darauf, dass er es aussprach. Er entschuldigte sich und stieg die Treppe in den zweiten Stock hinauf, wo sich das große Schlafzimmer befand. Josh und Eliot feuerten ihn scherzhaft an.
    »Q! Q! Q! Q!«
    Als er das Ende der Treppe fast erreicht hatte, hielt Quentin inne. Er hätte sie überall erkannt, die Geräusche, die Alice ausstieß, wenn sie Sex hatte. Sein betrunkener Verstand hatte ein Rätsel zu knacken: Sie machte diese Geräusche, aber es war nicht er, Quentin, der sie dazu brachte, sie von sich zu geben. Er starrte hinunter auf die bräunlich-orangefarbenen Naturfasern des Läufers, der die Treppenstufen in der Mitte bedeckte. Er konnte es nicht ertragen, dieses Geräusch zu hören. Es drang in seine Ohren ein und ließ Flecken vor seinen Augen tanzen. Sein Blut brodelte wie bei einem chemischen Experiment und verwandelte sich in Säure. Die Säure zirkulierte durch seinen Körper und verätzte seine Gliedmaßen und sein Gehirn. Dann bahnte sie sich einen Weg zu seinem Herzen, wie ein tödliches Blutgerinnsel, das sich gelöst hatte und nun frei und todbringend umhertrieb. Als sie sein Herz erreichte, entflammte es in weißer Glut.
    Sie musste entweder mit Penny oder mit Richard zusammen sein. Josh und Eliot hatte er gerade verlassen, und sie würden ihm das ohnehin nie antun. Steifbeinig stieg er die Treppe wieder hinunter bis in die Eingangshalle, trat die Tür zu Richards Zimmer auf und schlug auf den Lichtschalter. Richard lag im Bett, allein. Er setzte sich kerzengerade auf, blinzelnd in seinem dämlichen, altväterlichen Nachthemd. Quentin schaltete das Licht wieder aus und knallte die Tür hinter sich zu.
    Janet kam im Schlafanzug hinaus in die Diele. Stirnrunzelnd fragte sie: »Was ist denn los?«
    Er drängte sich grob an ihr vorbei.
    »He!«, rief sie ihm nach. »Du hast mir wehgetan!«
    Wehgetan? Was verstand sie denn schon von Wehtun? Quentin schnippte das Licht in Pennys Zimmer an. Pennys Bett war leer. Quentin griff nach der Nachttischlampe und schmetterte sie auf den Boden. Sie flammte auf und erlosch. Quentin hatte noch nie zuvor so empfunden. Es war erstaunlich: Sein Zorn machte ihn übermächtig. Er war zu allem im Stande. Es gab buchstäblich nichts, was er nicht tun konnte. Fast jedenfalls. Er versuchte, Pennys Gardinen runterzureißen, aber sie wollten nicht nachgeben, nicht einmal, als er sich mit seinem ganzen Gewicht an sie hängte. Stattdessen öffnete er das Fenster und zwängte die ganze Bettwäsche hindurch. Nicht schlecht, aber noch nicht genug. Er zerstörte den Wecker und fing dann an, die Bücher aus den Regalen zu reißen.
    Penny besaß eine Menge Bücher. Es würde eine Weile dauern, sie alle herauszureißen. Aber egal, er hatte die ganze Nacht Zeit und alle Energie der Welt. Er war

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