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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Penny. »Dahingehend brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.«
    Keiner antwortete ihm. Es wurde immer deutlicher, dass Pennys Begegnung mit der Nymphe ihn in einen anderen Bewusstseinszustand versetzt hatte. Das war seine Art, mit Fillory umzugehen. Er hatte ein Erweckungserlebnis gehabt und vollständig in den Renaissance-Modus umgeschaltet.
    »Achtung, Achtung! «, rief Richard. Als sie das Trommeln von Hufen auf der weichen Erde hörten, wäre es beinahe schon zu spät gewesen. Eine zweispännige Kutsche donnerte in voller Fahrt an ihnen vorbei. Gerade noch rechtzeitig konnten sie zwischen die Bäume am Straßenrand springen. Es war eine geschlossene, dunkle Kutsche; an der Seite trug sie eine Art Wappen, das jedoch kürzlich schwarz übermalt worden war. Der Kutscher war in einen schwarzen Mantel gehüllt. Er – oder sie? Es war unmöglich festzustellen – parierte einen Steinwurf von ihnen entfernt die Pferde zum Schritt, dann zum Halt durch.
    »Die Handlung verdichtet sich«, bemerkte Eliot trocken.
    Es wurde auch wirklich Zeit, dass etwas geschah. Quentin, Janet und Anaïs gingen mutig auf das Gefährt zu. Sie konkurrierten darum, wer am tapfersten war, am heldenmütigsten, wer die Sache in die Hand nahm. In seinem gegenwärtigen Geisteszustand fühlte sich Quentin in der Lage, hinzugehen und gegen die Fensterläden der Kutsche zu klopfen, aber gegen seinen Willen blieb er in einem gewissen Abstand stehen. Die anderen ebenfalls. Der schwarze Kutscher sah bedrohlich nach Beerdigung aus.
    Eine gedämpfte Stimme sprach aus dem Inneren der Kutsche.
    »Tragen sie die Hörner?«
    Die Frage war offensichtlich nicht an sie, sondern an den Kutscher gerichtet, der die bessere Sicht hatte. Wenn der oder die Angesprochene antwortete, dann unhörbar.
    »Tragt ihr die Hörner?«, fragte eine andere Stimme, die lauter und deutlicher klang.
    Die Vorhut wechselte Blicke.
    »Was meint Ihr mit ›Hörnern‹?«, rief Janet. »Wir sind nicht von hier.«
    Es war lächerlich. Als redeten sie mit dem Once-ler in dem Kinderbuch »Der Lorax« von Dr.Seuss.
    »Dient Ihr dem Stier?« Diesmal klang die Stimme schriller in ihren Ohren, mit hohen, zirpenden Untertönen.
    »Wer ist der Stier?«, fragte Quentin, laut und langsam, als rede er mit einem Ausländer oder einem leicht Zurückgebliebenen. In Plovers Büchern kam kein Stier vor, was also sollte das? »Wir sind Besucher in Eurem Land! Wir dienen weder dem Stier noch irgendjemandem sonst!«
    »Die sind nicht taub, Quentin«, sagte Janet.
    Ein langes Schweigen folgte. Eines der Pferde – sie waren schwarz, ebenso wie das Geschirr und alles andere – wieherte leise. Die erste Stimme sagte etwas Unverständliches.
    »Wie bitte?« Quentin ging einen Schritt näher.
    Eine Klappe im Kutschendach wurde mit einem Knall aufgestoßen. Es klang wie ein Gewehrschuss. Ein winziger Kopf mit ausdruckslosen Zügen und ein langer, grüner Insektenkörper schnellten heraus. Das Wesen konnte nur eine Gottesanbeterin sein, jedoch grotesk zu menschlicher Größe aufgeblasen. Es war so dünn und hatte so viele lange, smaragdgrüne Beine und zierliche Peitschenfühler, dass Quentin zunächst den grünen Bogen mit dem eingespanntem Pfeil gar nicht bemerkte, mit dem es auf ihn zielte.
    »Scheiße!«, jaulte Quentin instinktiv. Seine Stimme brach. Er war zu nahe dran, um noch weglaufen zu können. Krampfhaft krümmte er sich zusammen und ließ sich fallen.
    In dem Moment, als die Gottesanbeterin den Pfeil abschoss, stürmten die Pferde wie der Blitz los. Die Klappe wurde wieder zugeknallt. Die vier großen Kutschenräder, die genau in die beiden Fahrspuren des Weges passten, wirbelten Staub und kleine Zweige auf.
    Als Quentin wieder aufzublicken wagte, stand Penny direkt neben ihm. Er hielt den Pfeil in einer Hand. Er musste den fillorischen Zirkumstanzien zum Trotz seine Reflexe magisch beschleunigt haben und den Pfeil im Flug aufgefangen haben. Das Geschoss hätte Quentins Niere glatt durchbohrt.
    Die anderen stolperten herbei und sahen der Kutsche nach, die in der Ferne verschwand.
    »Warte!«, sagte Josh sarkastisch. »Stopp!«
    »Wow, Penny!«, schnaufte Janet. »Gute Reaktion!«
    Was, wollte sie jetzt ihn ficken? Keuchend starrte Quentin den Pfeil in Pennys Hand an. Er war einen Meter lang und schwarzgelb geringelt wie eine Hornisse. An die Spitze waren zwei gemeine Stahlstacheln angeschweißt. Alles war so schnell gegangen, dass Quentin nicht mal Zeit gehabt hatte, in Panik zu

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