Fillory - Die Zauberer
Polizisten Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ausgesehen haben. Er hatte ein schmales, gelangweiltes Gesicht mit dunklem Fünfuhrbartschatten. Langsam polierte er Biergläser mit einem weißen Tuch, wie es Wirte seit undenklichen Zeiten taten. Ansonsten war die Kneipe leer, abgesehen von einem großen Braunbären, der eine Weste trug und in sich zusammengesunken auf einem stabilen Sessel in der Ecke saß. Es war nicht erkennbar, ob der Bär wach war oder nicht.
Richard hatte mehrere Dutzend Goldzylinder mitgebracht, in der Hoffnung, dass sie als eine Art universelle interdimensionale Währung dienen konnten. Der Wirt nahm kommentarlos einen davon an, wog ihn fachmännisch in der Hand und gab eine Handvoll Wechselgeld heraus: vier abgenutzte, weiche Münzen, geprägt mit Abbildungen verschiedener Gesichter und Tiere. Zwei von ihnen trugen Mottos in unterschiedlichen, unleserlichen Schriften, die dritte war ein abgegriffener mexikanischer Peso aus dem Jahr 1936, die vierte stellte sich als Plastikchip aus einem Spiel namens »Sorry« heraus. Anschließend füllte der Wirt die Zinnkrüge.
Josh starrte skeptisch in seinen hinein und schnupperte mäkelig am Inhalt. Er war nervös wie ein kleiner Junge.
»Jetzt trink schon!«, zischte Quentin gereizt. Wie konnte man sich nur dermaßen albern anstellen! Er hob seinen Krug. »Prost!«
Er bewegte die Flüssigkeit eine Weile im Mund herum. Sie war bitter, kohlensäurehaltig, alkoholisch – zweifellos Bier. Das erfüllte ihn mit Zuversicht und ließ ihn wieder an ein Ziel glauben. Er hatte ein schlimmes Erlebnis hinter sich, aber seltsamerweise half ihm gerade das – und das Bier – dabei, sich wieder wunderbar klar zu konzentrieren. Quentin saß mit Richard, Josh und Anaïs an einem Tisch – er hatte es erfolgreich vermieden, neben Alice, Janet oder Penny zu sitzen – und sie warfen sich über ihre schaumigen Biere hinweg immer wieder Blicke zu. Seit ihrem Aufbruch heute Morgen war so viel passiert!
»Ich glaube nicht, dass der Bär ausgestopft ist!«, flüsterte Josh aufgeregt. »Ich glaube, dass ist ein echter Bär!«
»Wir sollten ihm ein Bier ausgeben«, meinte Quentin.
»Ich glaube, er schläft. Außerdem sieht er nicht besonders freundlich aus.«
»Da wäre ein Bier doch genau das Richtige«, erwiderte Quentin. Er fühlte sich schlagfertig. »Das könnte uns den nächsten Hinweis bringen. Wenn es ein sprechender Bier ist, ich meine, ein sprechender Bär, könnten wir, na ja, mit ihm reden.«
»Worüber denn?«
Quentin zuckte mit den Schultern und trank noch einen Schluck.
»Einfach nur so, um uns ein Bild davon zu machen, was hier eigentlich los ist. Ich meine, was wollen wir denn sonst hier?«
Richard und Anaïs hatten ihre Getränke nicht angerührt. Quentin trank noch einen großen Schluck, schon aus reiner Provokation.
»Wir sollten lieber auf Nummer sicher gehen«, meinte Richard. »Wir sind nur auf Erkundungsgang. Wir sollten jeden unnötigen Kontakt vermeiden.«
»Willst du mich verscheißern? Wir sind in Fillory und du willst mit niemandem reden?«
»Nein, im Ernst!« Richard klang schockiert, schockiert schon allein bei der Vorstellung. »Wir haben mit einer anderen Existenzebene Kontakt aufgenommen. Reicht dir das etwa nicht?«
»Wenn du mich so fragst: nein. Eine Riesengottesanbeterin hat vorhin versucht, mich umzubringen, und ich wüsste gern warum.«
Fillory war Quentin bisher die Rettung aus seinem unglücklichen Zustand schuldig geblieben, mit der er fest gerechnet hatte. Der Teufel sollte ihn holen, wenn er ginge, bevor er das bekommen hatte, was er sich wünschte. Irgendwo hier wartete die Linderung für seine Leiden, er musste nur noch weiter vordringen, und er würde sich nicht von Richard ausbremsen lassen. Er musste aus den Schienen springen, seine Erdengeschichte verlassen, die kein großer Erfolg war, und in die Fillorygeschichte eintauchen, wo die Decke so viel viel höher hing. Doch er war sowieso in der Stimmung, jede Position zu jedem Thema einzunehmen, egal wem gegenüber, Hauptsache, er konnte einen Streit anzetteln.
»Ober!«, rief Quentin lauter als nötig, und setzte noch schnell einen dicken Wildwestakzent drauf. Wenn es sich gut anfühlt, tu es einfach!, dachte er. Mit dem Daumen zeigte er auf den Bären. »Noch einen Drink für meinen Freund da hinten in der Ecke!«
Eliot, Alice, Janet und Penny drehten sich wie auf Kommando zu ihm um. Der Mann in der Uniform nickte nur müde.
Es zeigte sich, dass der
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