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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Versöhnlichkeit in ihren Augen. Er gab sich Mühe, seinen Augen denselben Ausdruck zu verleihen.
    Sie beobachteten das Mosaik. Die kleinen Quadrate, aus denen es bestand, ordneten sich langsam, aber stetig, immer wieder neu auf ihrer Wand. Die grob angedeuteten blauen Wellen rollten gemächlich vorüber. Simple Dekorationsmagie. In Brakebills gab es einen Fußboden, der mit so ziemlich denselben Effekten arbeitete. Quentin empfand Alice wie ein schwarzes Loch, das ihn hineinzuziehen versuchte, um ihm nur mit Hilfe von gefährlicher Schwerkraft das Fleisch von den Knochen zu reißen.
    Schließlich holte sie ihre Wasserflasche heraus und feuchtete eine weiße Ersatzsocke an.
    »Lass uns mal deine Nase verarzten«, sagte sie.
    Sie lehnte sich zu ihm hinüber, um sein Gesicht abzutupfen, doch im letzten Moment wurde ihm bewusst, dass er nicht wollte, dass sie ihn berührte. Vorsichtig nahm er ihr die Socke aus der Hand. Sie färbte sich rosa, als er damit seine Oberlippe abwischte.
    »Wie war das«, fragte Quentin, »als du deinen Dämon befreit hast?«
    Jetzt, wo der Rausch des Kampfes vorüber und sie nicht länger in Gefahr war, kam die Wut wieder angekrochen. Die Betäubung ließ nach. Er musste sich zwingen, nichts Gemeines zu sagen. Alice stellte einen Fuß auf die Bank und begann, die Schnürsenkel ihrer Sportschuhe zu lösen.
    »Es hat sich gut angefühlt«, antwortete sie zögernd. »Ich hatte Angst, es würde wehtun, aber es war eher eine Erleichterung. Wie Niesen. Ich habe nie richtig Luft gekriegt, solange ich dieses Vieh in mir hatte.«
    »Interessant. Hat es sich genauso gut angefühlt, wie Penny zu ficken?«
    Er hatte sich wirklich vorgenommen, höflich zu sein, aber er schaffte es nicht. Die Worte strömten wie von selbst aus seinem Mund, getrieben von ihrem eigenen bösen Willen. Er war gespannt, was er noch alles sagen würde. Ich trage alle möglichen Dämonen in mir, dachte er. Nicht nur den einen.
    Falls es ihm gelungen war, Alice zu verletzen, ließ sie es sich nicht anmerken. Vorsichtig streifte sie eine Socke ab. Eine hässliche weiße Blase bedeckte ihren gesamten Fußballen. Sie betrachteten noch ein wenig das Mosaik. Ein kleines Boot kam ins Bild geschwommen, vielleicht ein Rettungsboot oder das Beiboot eines Walfängers. Es war voll besetzt mit winzigen Passagieren. Zweifellos würde das Seeungeheuer das kleine Boot mit seinen vielen langen Armen erdrücken.
    »Das war ….« Sie hielt inne und begann noch einmal. »Das war nicht richtig.«
    »Warum hast du es dann getan?«
    Alice neigte den Kopf zur Seite, als würde sie nachdenken, aber ihr Gesicht war aschfahl.
    »Um es dir heimzuzahlen. Weil ich mich beschissen gefühlt habe. Weil ich nicht geglaubt habe, dass es dir etwas ausmachen würde. Weil ich betrunken war und er ziemlich rangegangen ist …«
    »Also hat er dich vergewaltigt.«
    »Nein, Quentin, er hat mich nicht …«
    »Schon gut. Sei still.«
    »Ich habe nicht geglaubt, dass es dich so sehr verletzen würde …«
    »Sei einfach still. Ich kann nicht mehr mit dir reden, ich höre kein Wort von dem, was du sagst!«
    Er hatte seine kurze Rede in normalem Ton begonnen und war dann immer lauter geworden. Die letzten Worte schrie er heraus. In gewisser Weise glich diese Art zu streiten der Anwendung von Magie. Man sprach etwas aus, und es veränderte das Universum. Wenige Worte genügten, um andere zu verletzen und ihnen Schmerzen zuzufügen, Tränen zum Fließen zu bringen, sein Gegenüber zu vertreiben, die eigene Stimmung zu verbessern oder sich das Leben zu vermiesen. Quentin lehnte sich nach vorn, ganz weit, und legte die Stirn auf die kalte Marmorbank. Seine Augen waren geschlossen. Er fragte sich, wie spät es war. Er fühlte sich ein wenig schwindelig. Er hätte an Ort und Stelle einschlafen können. Einfach so. Er wollte Alice sagen, dass er sie nicht liebte, aber das konnte er nicht, weil es nicht der Wahrheit entsprach. Diese eine Lüge konnte er nicht über die Lippen bringen.
    »Ich wünschte, es wäre vorbei«, sagte Alice leise.
    »Was?«
    »Diese Mission, dieses Abenteuer, wie immer du es nennen willst. Ich will nach Hause.«
    »Ich nicht.«
    »Es ist schlimm, Quentin. Hier wird noch jemand zu Schaden kommen.«
    »Gut, hoffentlich! Wenn ich hierbei sterbe, dann habe ich wenigstens etwas gewagt. Vielleicht raffst du dich auch eines Tages mal zu irgendetwas auf, anstatt dich immer nur wie eine armselige kleine Maus zu verhalten.«
    Sie sagte etwas, das er nicht

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