Fillory - Die Zauberer
und feige fühlte er sich nun männlich-hart, bis obenhin geladen und gepanzert. Flüsternd und gestikulierend wählten die beiden Söldner ihre Ziele aus.
Fen hob einen Stein auf und warf ihn locker, aus der Hüfte heraus, auf einen der Faune (gab es in Fillory jetzt auch bösartige Faune?), der ihn von einem an den Unterarm geschnallten Lederschild abprallen ließ. Er sah sauer aus.
Quentin hörte, wie Fen zu Dint sagte: »Der Grimling ist das Problem.«
»Stimmt. Den Pangborn überlass mir, für den hab ich was.«
Dint zog einen Zauberstab aus seinem Cape und schien damit etwas in die Luft zu schreiben. Er sprach einige Worte in die Spitze wie in ein Mikrofon. Dann zeigte er auf einen der Faune – ein Dirigent, der einem Solisten den Einsatz gibt. Der Faun ging in Flammen auf.
Es war, als bestünde er aus Magnesium, das in Benzin getränkt war, und hätte nur auf einen fliegenden Funken gewartet, der ihn entzündete. Er brannte am ganzen Körper lichterloh. Er ging einen Schritt zurück, dann drehte er sich zu dem Ziegen-Mann neben ihm um, als wolle er ihm etwas sagen. Anschließend fiel er um und Quentin konnte nicht länger hinsehen. Als die Hölle losbrach, versuchte er, die begeisterte Mordlust aufrechtzuerhalten, die er eben noch so deutlich empfunden hatte. Er bemühte sich, die Glut noch einmal anzufachen, aber er hatte sie verloren, sie in dem Durcheinander fallen gelassen.
Fen war in ihrem Element. Für solche Situationen war sie offensichtlich ausgebildet. Vorhin war es Quentin entgangen, aber sie mischte tatsächlich ein wenig Magie in ihren Kampf – ihr Inc Aga war eine Hybridtechnik, eine Kampfkunst, die untrennbar mit einer hochspezialisierten Zaubertechnik verwoben war. Ihre Lippen bewegten sich, und wo ihre Hände und Fäuste hinschlugen, zuckten weiße Blitze. Unterdessen wandte sich Dint der geisterhaften Nebelgestalt zu. Er sagte etwas Unhörbares, woraufhin sie sich heftig zu wehren schien. Anschließend wurde sie von einem unsichtbaren, lautlos brausenden Sturmwind zerstreut.
Quentin sah sich rasch unter seinen tapferen Kameraden um. Eliot hatte sich nützlich gemacht, indem er den zweiten Satyr mit Hilfe eines Kinetikzaubers an die Decke geheftet hatte, wo er keinen Schaden mehr anrichten konnte. Anaïs hatte ihr kurzes Schwert gezogen – es glänzte jetzt mondlichtschimmernd, was bedeutete, dass sie es mit einem Zauber geschärft hatte – und blickte sich eifrig nach jemandem um, in den sie es hineinstechen konnte. Janet lehnte an der hinteren Wand, die Arme um den Oberkörper geschlungen, das Gesicht nassglänzend vor Tränen. Ihre Augen blickten ausdruckslos. Sie war weggetreten.
Es geschah zu viel auf einmal. Quentins Magen krampfte sich zusammen, als er erkannte, dass ein Elf es auf Alice abgesehen hatte und sich ihr durch das ausgetrocknete Wasserbecken näherte. In beiden Händen wirbelte er lange, gerade Messer herum – Dolche nannte man sie, oder? Man sah es Alice’ Gesicht an, dass ihr jeder Zauber, den sie je gelernt hatte, in diesem Augenblick entfallen war. Sie drehte sich um, sank auf ein Knie und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Niemand in der Geschichte aller Konflikte der Welt hatte je schutzloser ausgesehen.
Quentin hatte gerade noch Zeit, alle Zärtlichkeit, die er jemals für sie empfunden hatte, in einem unendlich konzentrierten Augenblick in sich aufsteigen zu fühlen – und überrascht darüber zu sein, dass alles noch da war, frisch und intakt unter der hässlich ausgedörrten Schicht seiner Wut –, als Alice’ Bluse im Rücken weit aufriss und ein kleiner ledriger Zweibeiner sich energisch aus der Haut ihres Rückens herauskämpfte. Es war ein Partytrick, ein Showgirl, das aus einer Torte stieg. Alice hatte ihren Kakodämon befreit.
Keine Frage, der Kakodämon war das glücklichste Wesen im Saal. Das war genau die Party, auf die er gewartet hatte. Er stellte sich dem Elfen in den Weg und hüpfte auf den Zehenspitzen wie ein drahtiger Tennisprofi, der auf den Ball wartet, mit einem dreifachen Matchpoint auf seinem Konto. Seine Sprünge waren offenbar einige Takte schneller, als sein Gegner erwartet hatte. Wie der Blitz sprang er an den Dolchen vorbei, packte die Oberarme des Elfen mit seinem drahtigen Griff und begrub sein schreckliches Gesicht in der weichen Höhlung an der Kehle des Elfen. Der Elf würgte und sägte vergeblich mit den Messern am Haifischhautrücken des Kakodämons herum. Quentin nahm sich zum hundertsten Mal vor,
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