Fillory - Die Zauberer
Gebrauchsanweisung geliefert. Ich musste ein wenig damit herumexperimentieren, bevor ich es beherrschte, und einige dieser Experimente verliefen nicht besonders erfolgreich. Ich denke da an einen bestimmten langen Nachmittag …« Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Ihr Akzent klang haargenau wie der von Martin. »Das müssen einige Leute wohl falsch verstanden haben. Im Übrigen hat Plover alle Ereignisse ausgeschmückt. Der Mann hatte eine Phantasie!«
Sie schüttelte den Kopf, als seien Plovers Ausschmückungen das Unglaublichste an dieser Geschichte.
»Du darfst nicht vergessen, dass ich erst dreizehn war, als alles begann. Ich besaß keinerlei Ausbildung in Magie. Alles musste ich mir selbst beibringen. Man könnte wohl sagen, dass man mich in dieser Beziehung als Halbhexe bezeichnen könnte.«
»Also war alles, was die Wächterin getan hat …«
»Vieles ist tatsächlich geschehen. Aber ich habe gut achtgegeben. Die Wächterin hat nie jemanden getötet. Ich habe manchmal Geschehnisse verkürzt, teilweise auf Kosten anderer, aber ich hatte eben wichtigere Sorgen. Meine Aufgabe war es, Martin aufzuhalten, und ich tat, was ich tun musste. Sogar die Uhrenbäume gehörten dazu.« Sie schnaufte wehmütig. »Die waren wirklich eine brillante Idee. Sie sind völlig harmlos. Aber das Ironische ist, dass Martin eine panische Angst vor ihnen hatte! Sie waren ihm ein Rätsel.«
Für einen Moment verzog sie schmerzlich das Gesicht, aber nur für einen ganz kurzen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie blinzelte rasch.
»Ich sage mir immer wieder, dass wir ihn bereits in jener ersten Nacht verloren haben, als er in den Wald gelaufen ist. Danach ist er nie wieder herausgekommen, jedenfalls im übertragenen Sinne. Er ist schon vor langer Zeit gestorben. Aber ich bin jetzt die einzige Chatwin, die noch übrig ist. Er war ein Ungeheuer, aber er war mein letzter Verwandter.«
»Und wir haben ihn getötet«, sagte Quentin kalt. Sein Herz klopfte heftig. Das Gefühl, das er eben noch nicht richtig einordnen konnte, kristallisierte sich nun deutlicher heraus: Es war Wut. Diese Frau hatte ihn benutzt, sie hatte sie alle benutzt wie Spielzeuge. Und wenn ein paar von ihnen kaputtgingen, was machte das schon! Das war letztendlich der Kernpunkt der ganzen Geschichte. Sie hatte ihn manipuliert, ihn und die anderen nach Fillory geschickt, um Martin zu finden. Sie hatte alles daran gesetzt, damit er dorthin gelangte. Quentin war sich sicher, dass sie auch dafür gesorgt hatte, dass Lovelady den Knopf fand. Doch all das spielte keine Rolle mehr. Es war vorbei, und Alice war tot.
Er stand auf. Eine kühle, nach Gras duftende Brise bauschte die grünen Vorhänge auf.
»Ja«, sagte Jane Chatwin zögerlich. »Ihr habt ihn getötet. Wir haben gewonnen.«
»Wir haben gewonnen?«, fragte er ungläubig. Er konnte sich nicht mehr beherrschen. Seine Trauer und all seine Schuldgefühle, die er so sorgsam eingepökelt hatte, stiegen jetzt in ihm auf und verwandelten sich in Zorn. Das Eis brach. Der See kochte. »Wir haben gewonnen? Sie haben eine verdammte Zeitmaschine in der Tasche, und Ihnen ist nichts Besseres eingefallen, als uns zu benutzen, Jane, oder wer immer Sie sein mögen? Wir dachten, wir würden in ein Abenteuer ziehen, dabei haben Sie uns als Selbstmordkommando eingesetzt! Und jetzt sind meine Freunde tot. Alice ist tot.« Er musste heftig schlucken, bevor er weiterreden konnte. »Ist Ihnen wirklich nichts Besseres eingefallen?«
Sie senkte den Blick. »Es tut mir leid.«
»Es tut Ihnen leid.« Diese Frau war einfach unglaublich. »Gut. Zeigen Sie mir, wie leid es Ihnen tut. Bringen Sie mich zurück. Benutzen Sie die Uhr, dann gehen wir in der Zeit zurück. Wir fangen noch einmal von vorne an. Lassen Sie uns zurückgehen und alles wiedergutmachen.«
»Nein, Quentin«, sagte sie tiefernst. »Wir können nicht zurückgehen.«
»Was soll das heißen, wir können nicht? Natürlich können wir! Wir können es und wir werden es!«
Er sprach immer lauter und starrte sie dabei an, als könne er sie mit seiner Stimme und seinem Blick dazu zwingen, zu tun, was er so unbedingt wollte. Sie musste! Und wenn Reden nichts nützte, würde er sie zwingen! Sie war eine kleine Frau, und abgesehen von der Uhr hätte er darauf gewettet, dass er ein doppelt so guter Magier war wie sie.
Traurig schüttelte sie den Kopf.
»Du musst das verstehen.« Sie gab nicht nach. Sie sprach sanft, als könne sie ihn dadurch beruhigen und
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