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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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nicht besonders aufmerksam zugehört hatten. Doch jetzt, während er endlos über die vereisten, gebrochenen Ebenen trabte, erinnerte sich wieder fast wörtlich daran.
    »Ihr mögt mich nicht«, hatte Mayakowski begonnen. »Ihr habt meinen Anblick gründlich satt, Skraelings .« So nannte er sie, Skraelings . Offenbar war es ein altes Wikingerwort, das so viel wie »arme Teufel« bedeutete.
    »Aber wenn ihr mir nur noch einmal im Leben zuhören wollt, dann tut es jetzt. Habt ihr einmal ein bestimmtes Niveau als Zauberer erreicht, werdet ihr beginnen, die Realität willkürlich zu manipulieren. Nicht alle unter euch – Dale, ich glaube, Sie zum Beispiel werden diesen Rubikon wahrscheinlich nicht überschreiten. Doch einigen von euch wird die Zauberei eines Tages sehr leicht, fast automatisch von der Hand gehen, mit einem Minimum an bewusster Anstrengung.
    Wenn die Veränderung eingetreten ist, bitte ich euch nur um eines: Seid euch bewusst, was da vor sich geht, und seid auf der Hut. Für den wahren Zauberer gibt es keine klare Grenze zwischen dem, was sich in seinem Kopf, und dem, was sich außerhalb davon befindet. Sobald ihr euch etwas wünscht, wird es Gestalt annehmen. Wenn ihr etwas verachtet, wird es zerstört werden. In dieser Hinsicht unterscheidet sich ein Meistermagier nicht sehr von einem Kind oder einem Verrückten. Man braucht einen sehr klaren Kopf und einen sehr starken Willen, um in diesem Stadium die Vernunft walten zu lassen. Wobei ihr sehr schnell herausfinden werdet, ob ihr diese Klarheit und diese Stärke besitzt.«
    Mayakowski sah noch einen Augenblick in ihre stummen Gesichter, mit unverhülltem Abscheu, und stieg dann vom Lesepult herunter. »Das Alter«, hörte Quentin ihn murmeln, »ist an die Jungen verschwendet. Ebenso wie die Jugend.«
    Als es irgendwann endlich Nacht wurde, leuchteten die Sterne grell am Himmel, unglaublich intensiv und schön. Quentin lief mit erhobenem Haupt und hochgezogenen Beinen. Unterhalb seiner Taille hatte er kein Gefühl mehr. Er war herrlich isoliert, verloren in dem Spektakel. Er wurde zu einem Nichts, einem rennenden Geist, einem Hauch von warmem Fleisch in einem stillen Universum der Mitternachtskälte.
    Einmal wurde die Dunkelheit ein paar Augenblicke lang von einem Flackern am Horizont erhellt. Quentin erkannte, dass es ein Kommilitone sein musste, ein Skraeling wie er selbst, der sich parallel zu ihm bewegte, allerdings viel weiter östlich, mindestens zwanzig, dreißig Meilen, und mit einem gewissen Vorsprung vor ihm. Er überlegte, den Kurs zu wechseln, um mit ihm in Kontakt zu treten. Aber im Ernst, was hätte das für einen Sinn gehabt? Sollte er riskieren, wegen unerlaubter Zusammenarbeit disqualifiziert zu werden, nur um Hallo zu sagen? Wofür brauchte er, ein Gespenst, ein winziger Hauch warmen Fleisches, irgendeinen anderen?
    Wer immer es gewesen war, so dachte er leidenschaftslos, gebrauchte eine andere Formelkombination als er. Er konnte die Magie aus dieser Entfernung nicht analysieren, aber die Formeln sandten sehr viel bleiches, rosaweißes Licht aus.
    Ineffizient, dachte er. Unelegant.
    Als die Sonne aufging, verlor er den anderen Studenten wieder aus den Augen.
     
    Eine unermesslich lange Zeit später blinzelte Quentin. Er hatte die Angewohnheit verloren, mit seinen magisch wetterfesten Augen zu zwinkern, aber jetzt störte ihn plötzlich irgendetwas. Es war etwas, über das er nachdenken musste, obwohl er kaum einen bewussten, klaren Gedanken fassen konnte. Ein schwarzer Fleck war in sein Blickfeld geraten.
    Die Landschaft war, soweit überhaupt möglich, noch monotoner geworden. Weit hinter ihm lagen die Momente, in denen gelegentlich Streifen gefrorenen schwarzen Ölschiefers den weißen Schnee verunzierten. Einmal war er an einem Gegenstand vorbeigekommen, den er für einen im Eis stecken gebliebenen Meteoriten gehalten hatte, einen schwarzen Klumpen, wie ein verlorenes Holzkohlebrikett. Aber das war lange her. Also was sah er jetzt?
    Er war kaum noch bei Bewusstsein. Nach Tagen ohne Schlaf war sein Verstand nur noch eine Maschine, die die Zauberformeln und seine Füße in Gang hielt, sonst nichts. Aber während er die möglichen Anomalien abhakte, geschah auch etwas Seltsames mit seiner Kompassrose. Sie wurde instabil, wackelte und wies Störungen auf. Das N trat groß und fett hervor. Es nahm fünf Sechstel des Kreises ein, während die anderen Richtungen fast zu einem Nichts reduziert wurden. Das S , dem er folgen musste, war zu

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