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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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verdient.
    »Geht es dir gut?«, fragte Josh. »Wie war es denn so?«
    »Alice hat dich abserviert«, sagte Janet. »Sie ist schon vor zwei Tagen zurückgekommen. Inzwischen ist sie schon zu Hause.«
    »Du warst anderthalb Wochen da draußen«, fuhr Eliot fort. »Wir haben uns schon Sorgen gemacht.«
    Warum redeten sie die ganze Zeit? Er wollte nichts, als still zu ihnen aufblicken. Er wollte sie nur ansehen, den zwitschernden Vögeln zuhören und die heißen Steinplatten fühlen, die ihn trugen. Und wenn ihm doch nur jemand ein Glas Wasser bringen würde, er war so entsetzlich durstig! Er versuchte, diesen Wunsch zu artikulieren, aber seine Kehle war trocken und rau. Er brachte nur einen leisen Krächzlaut hervor.
    »Ich glaube, er will wissen, wie es bei uns war«, sagte Janet. Sie biss von Eliots Birne ab. »Na ja, außer euch beiden ist keiner rausgegangen. Wir sind doch nicht blöd!«

ALICE
    In diesem Sommer kehrte Quentin nicht nach Brooklyn zurück, weil seine Eltern dort nicht mehr wohnten. Hals über Kopf und ohne ihn zu Rate zu ziehen hatten sie ihr Stadthaus in Park Slope für ein kleines Vermögen verkauft und sich aufs Altenteil zurückgezogen. In einer ruhigen Vorstadt Bostons namens Chesterton hatten sie sich eine pseudo-koloniale MacVilla geleistet, wo Quentins Mutter ihrer Malerei frönen und sein Vater Gott weiß was tun konnte.
    Der Schock wegen dieser abrupten Trennung von dem Ort, an dem er aufgewachsen war, war für ihn umso überraschender, weil er niemals richtig eintrat. Quentin suchte in seinem Inneren nach dem Teil, der seine alte Umgebung vermisste, aber er hatte ihn irgendwie weggeräumt. Er schlussfolgerte, dass er sowieso mit seiner früheren Identität und seinem ehemaligen Leben abgeschlossen hatte. Der Umzug seiner Eltern machte den Schnitt nur sauberer und deutlicher. Ja, so war es wohl wirklich leichter. Wobei seine Eltern natürlich nicht umgezogen waren, um ihm einen Gefallen zu tun, sondern aus rein finanziellen Erwägungen.
    Das Haus in Chesterton war gelb mit grünen Fensterläden und stand auf einem großen Grundstück, so künstlich gestaltet, dass es wie eine virtuelle Darstellung seiner selbst wirkte. Obwohl das Haus im Stile eines kolonialistischen Gebäudes errichtet worden war, war es so riesig und mit Giebeln, Seitendächern und Vestibülen überfrachtet, dass es wie aufgeblasen und nicht wie erbaut wirkte. Draußen brummten Tag und Nacht riesige Klimaanlagen in Betonkästen. Das Ganze wirkte noch unrealistischer, als die reale Welt ohnehin schon war.
    Als Quentin in den Sommerferien nach Hause kam – im Brakebills-Sommer, wenn es im Rest der Welt schon September ist – erschraken seine Eltern über sein hageres Aussehen, seine hohlen, flackernden Augen und sein neurotisches Verhalten. Doch ihr Interesse für ihn war wie immer so oberflächlich, dass er sie leicht manipulieren konnte. Mit Hilfe ihres überdimensionalen, stets gefüllten Vorstadtkühlschranks legte er auch rasch wieder an Gewicht zu.
    Anfangs war es eine Erleichterung, nie mehr zu frieren, jeden Tag lange auszuschlafen und von Mayakowski, den Zirkumstanzien und dem gnadenlosen Winterlicht befreit zu sein. Doch schon nach drei Tagen langweilte sich Quentin wieder. In der Antarktis hatte er davon geträumt, nichts zu tun zu haben, außer im Bett zu liegen, zu schlafen oder in die Luft zu starren, doch jetzt waren diese leeren Stunden gekommen und verloren überraschend schnell ihren Reiz. Das lange Schweigen in Brakebills Süd hatte ihn Smalltalk gegenüber ungeduldig gemacht. Fernsehen interessierte ihn nicht mehr – auf ihn wirkte es wie ein elektronisches Puppentheater, eine billige Version der künstlichen Welt, die ihm ohnehin nichts bedeutete. Das wahre Leben – oder war es reine Phantasie? Was immer Brakebills auch sein mochte – spielte sich anderswo ab.
    Wie immer, wenn er zu Hause festsaß, vertiefte er sich bis über beide Ohren in die Fillory-Bücher. Die alten Umschläge aus den 1970er Jahren mit ihrer psychedelischen Yellow-Submarine-Farbpalette wirkten jedes Mal altmodischer. Bei einigen hatten sich die Deckel ganz abgelöst und fungierten jetzt als Lesezeichen. Doch die Welt in den Büchern war so frisch und lebendig wie immer. Die Zeit hatte sie weder verblassen lassen noch ironisiert. Noch nie zuvor hatte Quentin die Klugheit des zweiten Buches, Das Mädchen, das die Zeit lenkte, richtig zu schätzen gewusst. Darin werden Rupert und Helen direkt aus ihren Internaten nach

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