Filmwissen
Verlustes, der möglicherweise schon lange vor der Entdeckungsfahrt des Christopher Columbus lag. Kevin Reynolds’ Rapa Nui ( Rapa Nui ; 1994) reflektiert diese Sehnsucht nach dem lost paradise, die in den Columbus-Filmen spukt. Er führt auf die Osterinseln, lange bevor sie Objekt der kolonialistischen Begierde durch die Holländer wurden, und erzählt doch eine Geschichte der Kolonisation: Hotu Matua landet auf der Insel und nennt das Land Rapa Nui; der Kampf zwischen dem Langohr- und dem Kurzohr-Clan, zwischen den Herrschern und den Unterdrückten, zerstört das Paradies, das einer frühen ökologischen Katastrophe zum Opfer fällt: Überbevölkerung, Zerstörung der Wälder, Nahrungsmittelknappheit stehen am Ende der Metapher vom Zwist der Menschen, der immer Zerstörung für die Natur bedeutet.
Der Film erzählt – in all seinem Bemühen, authentisch und als Warnung vor ökologischem Raubbau zu funktionieren – eine sehr amerikanische Geschichte von der Konkurrenz zweier Gruppen, der Langohren und der Kurzohren, vom Kampf zweier früherer Freunde, die obendrein dasselbe Mädchen lieben, und vom schurkischen Priester, dem an der Aufrechterhaltung des Zwists gelegen ist. Es ist die Erwartung einer Erlösung, die die Inselbewohner zu der gigantischen Anstrengung bringt, die riesigen «Moais» zu errichten und das «weiße Kanu» zu erwarten. Aber selbst diese spirituelle Anstrengung ist vor allem Ergebnis von Ausbeutung, der Versklavung der Kurzohren. Kolonialismus, Unterdrückung, Sklaverei – das sind gewiss keine «Erfindungen» der europäischen Eroberer. Vielleicht konnten sie aber so blutig und so perfekt wirken, gerade weil sie die Strukturen der Ausbeutungen, der kulturellen Abwertung und Ausgrenzung immer auch schon vorfanden. Das Paradies, so scheint es ein Film wie Rapa Nui zu sagen, hat es nie gegeben.
Die koloniale Situation wurde in einer Reihe von Filmen reflektiert, darunter in Mission ( Mission ; 1986, Regie: Roland Joffé): Es geht um eine von den Jesuiten im südamerikanischen Dschungel errichtete Missionsstation, in der den Indios Schutz vor Sklavenjägern geboten wird. Der ehemalige Sklavenjäger Mendoza (Robert de Niro), der für seinen Brudermord büßt, hilft Pater Gabriel (Jeremy Irons) beim Ausbau der Mission. Das «heilige Experiment» aber wird aus politischem Kalkül beendet, Mendoza stirbt im Widerstand gegen die portugiesischen und spanischen Truppen, der Priester Gabriel geht mit den Indios gewaltlos in den Tod.
Joffés Film, der in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde, verbindet so zeitgemäß wie anfechtbar historische Kritik und Mystizismus.
«Scheinheilig kokettiert der Film mit Parallelen zur aktuellen ‹Befreiungstheologie› in Lateinamerika und den entsprechenden Gegenströmungen aus Rom (der furchterregende Papst unserer Tage verpflichtet engagierte Geistliche zur politischen Enthaltsamkeit), schert sich aber einen Teufel um das Selbstbestimmungsrecht oder die negierte Kultur der Indios. Er preist den Segen des echten, reinen, aber eben: katholischen Glaubens. Das höchste Glück nicht nur des Masochisten Mendoza, sondern auch der großherzigen Padres und der vielen hundert christianisierten Wilden ist es, jubilierend wie die Wiener Sängerknaben in eine törichte, aber wunderbar gefühlige Todesorgie zu marschieren, im blütenweißen Boutiquen-Look und zum höheren Lob der Ehre Gottes – jenes, den die weißen Herren mit Blut und Schwert ins Land brachten.» (Wolf Donner)
Noch tiefer in Mystisches taucht Where the River Runs Black ( Die Legende vom Schwarzen Fluss ; 1986, Regie: Christopher Caine). Der Film handelt von dem jungen Missionar Pater Mahoney, der allein mit dem Kanu den Amazonas hinauffährt, da ihn kein Indio begleiten will, denn für sie beginnt dort, wo der Fluss schwarz wird, das Reich der Götter. Mahoney trifft plötzlich auf eine schöne Frau, der er sofort verfällt; er lässt ihr, als er sich zur Rückkehr zur Mission entschließt, das Kreuz als Andenken. Er erreicht die Station allerdings nie, denn er kommt bei einem seltsamen Unfall ums Leben. Die Frau bringt derweil einen Jungen zur Welt, mit dem sie im Urwald glücklich lebt, bis drei Goldsucher das Paradies stören, die Frau töten und den Jungen ins Wasser werfen. Jahre später finden Jäger den wilden Jungen mit dem Kreuz um den Hals und bringen ihn in die Stadt und in ein Heim, wo er auf den Namen Lazaro getauft und im Sinne der Zivilisation erzogen wird. Als eines Tages
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