Filmwissen
entstanden, die ein großes Publikum nicht erhoffen durften. Jean-Jacques Annaud drehte 1976 La Victoire en chantant / Black and White in Color ( Sehnsucht nach Afrika ). Als bitter sarkastisches Portrait der Kolonialmächte in den zehner Jahren, führt der Film in ein kleines Fort, wo eine Handvoll Franzosen beschaulich leben, drei Kolonialwarenhändler, ihre Frauen und ein Sergeant, der freilich niemanden zu befehligen hat, und nicht einmal die zwei ortsansässigen Missionare verfolgen ihren Auftrag mit übertriebenem Eifer. Man ist so ignorant, dass man nicht einmal die Zeichen der Revolte versteht, weil niemand die Sprache der Schwarzen spricht. Staunend erfahren sie aus einer zufällig einer Büchersendung beigelegten alten Zeitung, dass in Europa seit sechs Monaten Krieg herrscht. Während die Franzosen eine gemächliche Art von Ausbeutung bevorzugen, versuchen die nicht weit entfernt herrschenden Deutschen, mit Drill und Disziplin zu regieren und den Schwarzen «Zucht und Ordnung» beizubringen. Als die Kunde vom Krieg nach Afrika kommt, ist es mit der gespannten Koexistenz vorbei: Die Kolonialherren bewaffnen die Schwarzen, hetzen ihre jeweiligen unterdrückten Völker gegeneinander und genießen das blutige Schauspiel. Der Angriff der französischen Hilfstruppen endet in einem Debakel, weil die Deutschen über ein Maschinengewehr verfügen. Nun schreitet man zur Belagerung, aber bevor es zur Entscheidung kommt, taucht ein britisches Regiment auf und teilt den Kombattanten mit, dass der Krieg zu Ende ist.
Es war vielleicht, abgesehen von einer bösen Satire wie dieser, eine Mischung aus Vorsicht, schlechtem Gewissen und guten Absichten, welche die wenigen Versuche der frühen achtziger Jahre, das Wirken der Europäer in Afrika zu zeigen, so uninspiriert erscheinen ließ wie etwa bei Le Léopard ( Der Leopard und die Lady ; 1983, Regie: Jean-Claude Sussfeld). Claude Brasseur ist ein französischer Agent, der in Afrika eine Geheimorganisation ausschalten muss; ihm zur Seite steht die Schriftstellerin Pauline (Dominique Lavanant). Beide haben das gleiche Ziel, aber zunächst können sie sich gegenseitig nicht riechen. Einige komödiantische Highlights (darunter eine Flucht auf Straußen) lockern die Aktion auf, aber die uneingestandene Sehnsucht, einen Hauch von African Queen zu rekonstruieren, konnte sich nicht erfüllen. L’Africain ( Der Buschpilot ; 1983, Regie: Philippe de Broca) erzählt von Charlotte (Cathérine Deneuve), die im Auftrag eines Reiseunternehmens ein Gebiet in Ostafrika auf seine touristische Tauglichkeit hin untersuchen soll. Dort trifft sie auf ihren Ex-Mann (Philippe Noiret), der im Kampf mit einem skrupellosen Tierfänger steht und das Paradies erhalten will. Er unternimmt alles, um sie von ihrem Vorhaben und ihren falschen Freunden abzubringen.
Die Situation in den französischen Kolonien erscheint auch in Bertrand Taverniers Coup de torchon ( Der Saustall ; 1981) eher trostlos als heroisch. Der Film führt ins Jahr 1938; Lucien Cordier (Philippe Noiret) ist Verwaltungs- und Polizeichef in einem heruntergekommenen Kolonialort. Seiner Aufgabe, Ordnung in die Verhältnisse zu bringen, ist er nicht gewachsen. Er hat es mit Geschäftsleuten, die ein Bordell betreiben, mit einer Frau, die es mit einem angeblichen Bruder treibt, und mit einer aufsässigen Geliebten zu tun. Der Keim der Katastrophe wird gelegt, als im Gespräch mit einem Freund der verhängnisvolle Satz fällt: «Wenn du kapierst, dass ein Sarg den Staat weniger kostet als ein Gefangener in der Zelle, bist du schon ein gutes Stück weiter.» Und so schreitet Lucien dazu, blutig in dem Saustall aufzuräumen. Im selben Jahr entstand, nach dem ersten Roman von Doris Lessing, auch die schwedische Produktion Gräset Sjunger/The Grass is Singing/Killing Heat ( Afrikanische Tragödie ; Regie: Michael Raeburn), die Geschichte eines glücklosen Farmers (John Thaw), seiner Frau (Karen Black) und dem schwarzen Hausboy Moses (John Kani), die in einer Katastrophe endet.
Zu einer neuen Afrika-Begeisterung im Kino trug dann der Erfolg von Sidney Pollacks Out Of Africa ( Jenseits von Afrika ; 1985) bei, die Verfilmung des autobiografischen Romans Afrika, dunkel lockende Welt von Karen Blixen. Die Autorin, dargestellt von Merryl Streep, kommt mit ihrem frisch angetrauten Mann, Baron Bror Blixen (Klaus Maria Brandauer) nach Afrika, der sich indes schnell als arger Windhund erweist und die Führung der Farm ganz ihr überlässt. Sie lernt
Weitere Kostenlose Bücher