Filmwissen
Held auf Geheiß der Götter den listigen Odysseus, und in Ercole alla conquista di Atlantide erreicht er die Vernichtung des weltbedrohenden Inselreiches Atlantis.» (Bernward Knappik)
Am Anfang der Herkules-Serie hatte Pietro Franciscis Le Fatiche di Ercole ( Die unglaublichen Abenteuer des Herkules ; 1957) gestanden. Der Held (Steve Reeves) muss hier, der Sage folgend, den kretischen Stier bekämpfen, Jason bei seinem Anspruch auf den Thron beistehen, den Drachen vor dem Goldenen Vlies bezwingen und die Reise der Argonauten unterstützen. Hier ist noch die wenn auch naive Ehrfurcht der Autoren (Francisci, Ennio de Concini, Gaio Frattini) vor der Vorlage zu spüren, und Mario Bavas Kameraführung lässt so etwas wie eine phantastisch-epische Atmosphäre entstehen, die später hinter reiner Action zurücktreten sollte. An seinem Beginn ist das Genre noch eine Verbindung aus abenteuerlichen, dekorativen und phantastischen Elementen, später sollten sich die phantastischen von den gleichsam «säkularisierten», realistischen Filmen im Genre scheiden.
Ein weiterer «Klassiker» unter den Filmen der Serie ist Vittorio Cottafavis Ercole alla Conquista di atlantide ( Herkules erobert Atlantis; 1961). Freilich mochten die Versuche der französischen Filmkritik, Cottafavi als «Autor» zu rekrutieren, ein wenig überzogen sein, doch Cottafavi gab dieser und seinen anderen Arbeiten im Genre durchaus so etwas wie einen touch , und es ist wohl ihm mit zu verdanken, dass man sich im Genre des Antikfilms gelegentlich auch differenziertere Pointen und Verweise erlauben konnte als die in manchen Filmen gepflegte Prügel-Komik.
« Als die Kritiker der Présence du cinéma eine Cottafavi-Nummer herausbrachten und Todesmystik das Zentralthema dieses Regisseurs nannten, sind sie ihm ganz schön auf den Leim gekrochen. Aber dennoch hat der Film seine Vorzüge. Die deutsche Produktion lässt sich, um dem Fernsehen Paroli zu bieten, lauter schwarze und weiße Rössel einfallen, und sogar den armen 82-Jährigen Moser jagt man noch ins Atelier. Cottafavi ist munterer: Die Anfangskeilerei der Herkuleskumpane ist so hinreißend inszeniert und mit so wendiger Kamera aufgenommen, dass ich sie dem steifen Pathos in Eisensteins vielgerühmter Schlacht auf dem Peipussee ohne Bedenken vorziehe. Später unterlaufen dem Regieassistenten allerdings einige Schnitzer: Zweimal sieht man einen Motorschlepper und einmal einen Hubschrauber. Aber einem Spektakelfilm wie diesem schadet das kaum. Möglicherweise ist die Erhaltung dieser Einstellungen sogar der Ironie des Regisseurs zu danken, für die es noch einige andere Belege gibt: die Zwillinge in der großen Königsdebatte, die sich so herrlich gegenseitig soufflieren, und am Ende die neue Herrenrasse der Königin von Atlantis, die sich als eine Truppe blond bärtiger synthetischer Germanen entpuppt.» (Reinhold E. Thiel)
Es folgten Filme mit weniger Originalität in der Gestaltung wie La Furia di Ercole ( Samson – Befreier der Versklavten ; 1961, Regie: Ginafranco Parolini) oder Ercole contro Roma ( Herkules – Rächer von Rom ; 1964, Regie: Piero Pierotti). Herkules, wie auch andere Helden des Antikfilms, war in diesen Filmen eine antike Abbildung des Volkshelden, der immer wieder Tyrannen zu bezwingen, unrechtmäßige Herrschaft zu beseitigen und starre Reiche zu stürzen hatte. Er ist der starke Vertreter der Freiheit gegen jede Diktatur, führt immer wieder die Aufstände von Sklaven, Gefangenen, Unterdrückten an und verweigert sich jeder, auch der erotischen Korruption.
Unter den anderen Helden des Genres wie Samson oder Ursus, der selbst als ehemaliger Sklave ausgewiesen ist, hat wohl die Figur des Maciste in den meisten Filmen Darstellung gefunden. Sie geht zurück auf d’Annunzios Cabiria und eine Serie von Stummfilmen und wurde für den neomythologischen Film um das Jahr 1960 wiederentdeckt. Anders als Herkules, Spartacus, die Gladiatoren oder andere Helden des Genres war diese frei erfundene Gestalt kaum an einen historisch-mythologischen Rahmen gebunden. Gerade in den Maciste-Filmen wurden die gelegentlich etwas exotischen Genre- und Stilmischungen praktiziert, die den Muskelprotzfilmen einen eigenen Reiz gaben, zugleich aber auch in ihrer Entspezifizierung des Genres für seinen Niedergang verantwortlich sind. Maciste taucht in den verschiedensten Epochen und unter den verschiedensten geografischen Gegebenheiten auf, und er begegnet den unterschiedlichsten Figuren aus der
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