Filmwissen
mit einer pazifistischen Aussage durchaus zu lustvoll inszeniert scheint. So bleibt auch hier, wie im Übrigen verdächtig oft im Genre, der letzte Code der, der persönlichen Ehre, der sich die Haupt-Kontrahenten verpflichtet fühlen. Denn die Sache, für die es zu kämpfen hätte gelten können, ist das Blutvergießen so wenig wert wie die machtpolitischen Vorteile.
Noch einmal in die Zeit der Kreuzzüge geht Season of the Witch ( Der letzte Tempelritter ; 2011, Regie: Dominic Sena) zurück, auch wenn er historisch damit noch um etliches laxer umgeht. Und auch hier geht es um Popcorn- und Effektkino mit einem Hauch von «Botschaft»: Der Templer Behmen (Nicolas Cage) kehrt nach zwölf Jahren der Kämpfe im Heiligen Land desillusioniert und der Gewalt müde zusammen mit seinem Begleiter Felson (Ron Pearlman) in ein Europa zurück, das von der Pest verwüstet wird. Als man sie in Marburg als Templer erkennt, klagt sie der Kardinal D’Ambroise (Christopher Lee), selbst schon schwer von der Krankheit gezeichnet, der Desertion an. Ihre Freiheit sollen sie nur zurückbekommen, wenn sie einen Auftrag für ihn ausführen: Ein junges Mädchen (Claire Foy), das der Hexerei und der Schuld an der Pest angeklagt ist, soll in eine entfernte Abtei gebracht werden, wo sie ihr Urteil erfahren soll. Behmen und Felson nehmen den Auftrag an, nicht nur um sich selber zu retten, sondern auch wegen der gefolterten jungen Frau. Begleitet werden sie von dem Ritter Eckhart (Ulrich Thomsen), der durch die Pest seine gesamte Familie verlor, und dem fanatischen Mönch Deblezaq, sowie dem als Führer zu der verborgenen Abtei dienenden Gauner Hagamar. Komplettiert wird die Reisegruppe durch den jungen Messdiener Kay, dessen großer Traum es ist, selber einmal das Schwert eines Ritters zu tragen. Bei dieser gefahrvollen Reise über zerfallene Brücken und von Wölfen gejagt, lernen die Reisenden voneinander so manches Geheimnis, das furchtbarste von allen aber umgibt die jugendliche «Hexe» selber. An die Stelle des Minimalismus kleiner, klaustrophobe Filme wie Black Death, tritt bei Season of the Witch ein mächtiges Aufwand- und Effektspektakel, was der eigentlichen Erzählabsicht möglicherweise entgegenwirkt und den Film zunehmend in unverbindliche Fantasy führt (einschließlich eines «Kampfes mit dem Teufel»), zu der nun freilich wiederum ironischer Abstand und Kinderphantasie fehlt. Vor allem aber scheint diesem Film kein eigener ikonografischer Zugang zu Zeit und Genre zu eigen: Das Mittelalter wird (nicht besonders gut) statt aus Dokumenten aus Filmen recycelt.
Zur Renaissance jeden Genres gehören die Parodien und die B-Movies oder Mockbuster auf den Spuren der großen Erfolge. Die Komödie 1 ½ Ritter – Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde (2008, Regie: Til Schweiger) erzählt von Prinzessin Herzelinde (Julia Dietze), der Graf Luitpold Trumpf den Hof macht. Als sie ihn verschmäht, lässt er sie vom Schwarzen Ritter (Tobias Moretti) entführen. Ihr Leibwächter Lanze (Til Schweiger) und der Möchtegern-Ritter Erdal (Rick Kavanian) aus dem Morgenland machen sich auf die Suche nach ihr. Mit vielen Gaststars (darunter Roberto Blanco, Johannes Heesters und Didi Hallervorden) versinkt der Film rasch in den Niederungen der deutschen Klamotte aus längst vergangenen Tagen; Autoren und Regisseur scheinen von den neuen Entwicklungen gleich beider Genres, des Mittelalterfilms wie der Filmkomödie, keine Notiz genommen zu haben. Vermutlich war es das, was den Film an deutschen Kinokassen zum beachtlichen Erfolg machte, noch vor der eher noch derberen Variante von Siegfried (2005, Regie: Sven Unterwaldt jr.) mit dem brachialen Komödianten Tom Gerhardt in der Titelrolle, der immerhin 1,3 Millionen Zuschauer in Deutschland ins Kino zog.
Es gibt indes auch andere Wege für ein Subgenre, die Unschuld zu verlieren. Die italienische Produktion Barbarossa ( Barbarossa ; 2009, Regie: Renzo Martinelli) erzählt die Geschichte des deutschen Kaisers Friedrich von Schwaben (Rutger Hauer), der weite Teile Italiens beherrscht und immer noch mehr Land erobern will. Aber dann regt sich im italienischen Volk Widerstand, die Revolte findet sich in der «Bruderschaft des Todes» zusammen, die sich dem deutschen Heer entgegenstellt. Zunächst eher ein B-Movie mit viel Schlachtenlärm, erweist sich der Film mehr und mehr als pures nationalistisches und von Rassismus nicht freies Propaganda-Instrument (der Kopf der «Lega Nord», Umberto Bossi,
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