Filmwissen
lässt sich denn auch zu einem Nebenrollen-Auftritt herab), das Opferwillen und Triumph einer «Lombardischen Liga» in ausgesprochen blutrünstigen Episoden zelebriert.
Ganz in der Art mehr oder weniger aufwändiger Fernsehgroßproduktion entstand das Mittelalter-Melodram Die Wanderhure (2010, Regie: Hansjörg Thurn) nach dem populären Roman von Iny Lorentz (= Ingrid Klock, Elmar Wolrath). Es erzählt die Geschichte von Marie (Alexandra Neldel), die im Jahr 1414 gezwungen werden soll, den Sohn des Grafen von Keilburg, Rupertus (Michael Brandner), zu heiraten. Als er merkt, dass sie nur Michel (Bert Tischendorf) liebt, spinnt er eine Intrige. Er lässt Marie vergewaltigen und der Hurerei beschuldigen. Nachdem sie gefoltert wurde, jagt man sie aus der Stadt. Die Wanderhure Hiltrud (Nadja Becker) nimmt sie bei sich auf. Während sie als Hure «Hannah» ihren Lebensunterhalt verdient, sinnt Marie auf Rache. Das Mittelalter, so scheint es in solchen Produktionen, ist vor allem eine defizitäre Vor-Neuzeit, und ansonsten eine weitere Kulisse für eine jener Geschichten, die man immer wieder variieren kann.
Anders dagegen Black Death ( Black Death ; 2010, Regie: Christopher Smith), bei dem tatsächlich das Bemühen zu sehen ist, eine andere Welt zu zeigen. Der Film führt als eigenwillige Mischung aus Abenteuer und Horror in die Zeit der Pest. Man schreibt das Jahr 1348: Britannien versinkt im Chaos, die Kirche predigt, dass die Krankheit die Strafe Gottes für die Vergehen der Menschen ist. Der junge Novize Osmund (Eddie Redmayne) liebt verbotener Weise ein Mädchen, Averill, und um es zu schützen, schickt er es in die Wälder. Es geht das Gerücht, ein Dorf habe dem schwarzen Tod widerstanden, indem es einen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe. Tatsächlich muss man befürchten, dass sich von hier aus wieder der alte Aberglauben des Paganismus ausbreitet. Um das zu verhindern, schickt der Bischof den Ritter Ulric (Sean Bean) mit einem Söldnertrupp aus, um das mysteriöse Dorf zu finden und auszulöschen. Osmund hat einen sehr persönlichen Grund, sich als Führer durch ein zerstörtes Land anzubieten und endlich wird das Dorf der glücklichen Überlebenden gefunden, wo die Heilerin Langiva (Carice van Houten) über ein kleines Idyll gebietet. Für Ulric und die Seinen ist diese Begegnung die Herausforderung für ihr Weltbild: Hat der Teufel hier nur ein Trugbild errichtet oder gibt es wirklich eine «heidnische» Alternative zu einem Leben in ständiger Angst und Gewalt? Ulric entpuppt sich als fanatischer Fundamentalist, dem buchstäblich jedes Mittel recht ist, um das christliche Bild der Weltordnung zu verteidigen.
Black Death ist zweifellos ein Statement gegen jede Art fundamentalistischer Religion; in den wie ausgewaschenen, dunklen Farben des Films verbildlicht sich das Empfinden einer historischen Endzeit. Es geht, wie Christopher Smith betont, «darum, wie ein Mensch mit religiösen Prinzipien durch seine Umgebung radikalisiert werden kann.» Smith pflegt dabei den «infanteristischen» Blick; während sich in den gewaltigen Fantasy- und Abenteuer-Epen die Kamera immer wieder über das Geschehen zu panoramatischen Bildern von oben aufzuschwingen liebt, bleibt man in Black Death nahe bei den Charakteren, die sich durch den Schlamm und durch den Wald kämpfen, auf der Suche nach dem Überleben – und nach der Wahrheit.
Soviel Düsternis wollte nicht jeder der neuen Mittelalter-Filme dem Publikum zumuten, doch Zweifel an einem linearen Weltbild formuliert sich auch in anderen Produktionen. In britisch-deutsch-skandinavischer Gemeinschaftsproduktion entstand nach der populären Roman-Trilogie von Jan Guillou der Zweiteiler Arn – Tempelriddaren ( Arn – Der Kreuzritter ; 2007, Regie: Peter Flinth). Die Geschichte spielt im Schweden des 12. Jahrhunderts: Der Adelssohn Arn (Joakim Nätterqvist) wird durch eine Intrige zum Waffendienst im Heiligen Land verurteilt, während seine schwangere Geliebte Cecilia (Sofia Helin) ins Kloster verbannt wird. In Palästina wird Arn zu einem gefeierten Kriegshelden, denkt aber vor allem an die Rückkehr in die Heimat. Dort hofft er auf ein friedliches Leben mir Cecilia und seinem Sohn Magnus (Michael Nyqvist), doch als der Krieg zwischen König Knut (Gustav Skarsgard) und den Severkern ausbricht, muss Arn für den König wieder in den Kampf ziehen. Arn interessiert sich weniger für Action und Schlachtengemälde als für die unterschiedlichen Charaktere, die in einer
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