Filmwissen
wird ebenso zur Nummer wie die mehr oder minder prächtigen, überlangen Schaueffekte: Paraden, Getümmel, Winterland, Wüste und das Peitschenduell auf Rennwagen. Nach den ersten Szenen (exzellent: Alec Guinness als Marcanton) löst sich der Film in Attraktionen auf; die Spannung zerfällt, und den Stars wird es immer saurer, wirkungsvoll in einer Welt des Edelkitsches zu posieren.» (Dietrich Kuhlbrodt)
Etwas anderes zu produzieren als eine Folge von Attraktionen hatte sich ein anderer Film, Jason and the Argonauts ( Jason und die Argonauten ; 1963, Regie: Don Chaffey) gar nicht erst vorgenommen, und an die Stelle historischer, politischer oder melodramatischer Reflexionen setzte er die Naivität des Märchens. Seine spezifische phantastische Wirkung erhält der Film durch die stop motion -Tricks von Ray Harryhausen (vergleiche dazu den Band Kino des Phantastischen in dieser Buchreihe), und sein Unglück war es, dass er gegen Ende des auch in Amerika populären Zyklus italienischer Antikfilme herauskam und die Werbung es schwer hatte, diesen (tricktechnisch) aufwändigen fantasy -inspirierten Film von jenen c-pictures abzusetzen. Jason (Todd Armstrong) und seine Argonauten müssen sich gegen die phantastischsten Mächte durchsetzen, darunter Poseidon selbst, die siebenköpfige Schlange, geflügelte Harpyen, die riesige Bronzestatue Talos und die schwertkämpfenden Skelette.
Harryhausen erinnerte sich:
« Wenn man Geschriebenes auf die Leinwand überträgt, ist es fast immer notwendig, sich gewisse Freiheiten gegenüber dem Werk herauszunehmen, um es in der wirkungsvollsten Weise visualisieren zu können. Talos, der Bronzemann, kommt zwar in der Jason-Legende vor, allerdings nicht in den gigantischen Ausmaßen, die wir ihm in dem Film gegeben haben. Auf die Idee mit der Riesenhaftigkeit bin ich gekommen, als ich Material über den Koloss von Rhodos studierte. Dadurch, dass er den einzigen Zugang zum Hafen blockiert, hatten wir eine Menge Möglichkeiten für Action. Außerdem hat mich der Gedanke an eine gigantische Metallstatue, die zum Leben erwacht, schon seit Jahren beschäftigt, ohne dass ich eine Geschichte gehabt hätte, in der er sich verwirklichen hätte lassen.
Es war schon eine Ironie, dass ich während meiner Laufbahn versucht habe, immer perfekter weiche und wirklichkeitsgetreue Bewegungen für meine Figuren zu schaffen, und hier nun es notwendig war, bewusst mechanische und steife Bewegungen zu produzieren. Das meiste Material von Jason und die Argonauten wurde in und um ein kleines Dorf südlich von Neapel, Palinuro, aufgenommen. Die bizarren Felsformationen, der wundervolle weiße Sandstrand und der Naturhafen befanden sich in einem Umkreis von wenigen Kilometern, was die Arbeit erleichterte. Paestum mit den schönen alten griechischen Tempeln war nicht weit entfernt im Norden. Innen- und special set -Aufnahmen wurden in einem kleinen Studio in Rom absolviert.»
Diese Verbindung von antiker Sage, phantastischer Illusion und Abenteuer fand lange Zeit keine Fortsetzung, obwohl der Film zumindest in England recht erfolgreich war.
Kings of the Sun ( Könige der Sonne ; 1963, Regie: J. Lee Thompson) verlagert die Motive des Antikfilms in die Zeit der großen Reiche in Südamerika, ohne dadurch dem Genre wesentlich neue Impulse zu geben.
«Ein vertriebener Majastamm gründet im Norden ein neues Reich und kann sich mit indianischer Hilfe seiner Feinde erwehren; ein pseudohistorischer, aufwändiger Abenteuerfilm ohne ernsthafte Bedeutung.»
urteilte die Wiener Zeitschrift multimedia . Yul Brynner und George Chakiris in den Hauptrollen gaben ihm immerhin eine Star-Aura, und in der Inszenierung ornamentaler Massenszenen stand Thompson seinen Vorgängern nicht nach.
Um das Jahr 1965 neigte sich die Entwicklung der europäischen Antikfilme ebenso dem Ende zu wie die der amerikanischen. Es entstanden eine Anzahl von «Spätfilmen» des Genres, darunter reine Parodien wie Il Ladro die Damasco ( Der Sieger von Samarkand ; 1965, Regie: Mario Amendola) oder brutale und stilisierte Beispiele wie Michele Lupos La Vendetta di Spartacus ( Revanche für Spartacus ; 1964). Zweimal versuchte sich auch Rumänien an mehr oder minder patriotischen Arbeiten im Genre, das eine Mal, bei Les Guerriers ( Kampf der Titanen gegen Rom ; 1966, Regie: Serge Nicolaeseu) in Coproduktion mit Frankreich, das andere Mal auch mit der Bundesrepublik, bei Columna lui Trajan / Dacii ( Der Tyrann ; 1967, Regie: Mircea Dragan). Im ersten
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