Filmwissen
einmal die Figuren-Tricks für einen Antikfilm, Clash of the Titans ( Kampf der Titanen; 1979, Regie: Desmond Davis), dessen Rezeption jedoch schon auf der Schiene des «Fantasy-Booms» stattfand. Überhaupt hatte wohl erst der Erfolg des neuen Super-Genres Fantasy ermöglicht, dass es so etwas wie eine Erinnerung an den neomythologischen Antikfilm gab, die so lange verdrängt war und sich nun in gelegentlichen Wiederaufführungen und Retrospektiven äußert. Herkules und Maciste jedoch werden als «naive» Helden wohl so schnell nicht in unsere nachzivilisatorische Welt zurückkehren, in der der Sadismus so alltäglich geworden ist. Die Träume des neomythologischen Films waren immer schon zwanghafter, obsessiver, aber auch verrückter als die in anderen Genres des Abenteuerfilms; sie begleiten, in all ihrer unterschwelligen Düsternis, ihrem oft reichlich makabren Humor und ihrer Respektlosigkeit einen Zeitabschnitt unserer Epoche, in dem Hoffnung genug war, dass man es sich leisten konnte, ein paar versäumte Lektionen «schwarzer Romantik» nachzuholen.
Schwerter und Magie: Der Ritterfilm
König Artus und die Ritter der Tafelrunde
Die klassischen, eigentlich auch die einfachsten Bilder, die wir uns im Allgemeinen vom Mittelalter machen, sind neben denen, die uns die Religionsgeschichte und ihre Zeugnisse vermitteln, die von den Rittern, ihrer Aventiure, ihrer Minne, ihrem höfischen Leben, ihrer Ehre, ihren Turnieren, ihren Kämpfen um die Herrschaft, ihrer Stellung zwischen vorchristlicher Magie und christlicher Bestimmung ihres Standes, ihrer Tragik, als sich ritterlicher Kodex als überständig zu erweisen beginnt. Und mehr noch als etwa die deutsche Nibelungen-Sage hat dieses Bild vom Ritter der Legendenkomplex um den britannischen König Artus (Arthur) und seine «Ritter der Tafelrunde» geprägt.
Vergleichbar in seiner Wirkung auf das Ritter-Bild in der populären Ikonographie ist allenfalls noch der Ivanhoe -Stoff von Sir Walter Scott und seine Fortsetzungen und Bearbeitungen und die vielen Erzählungen und Balladen um die legendäre Figur des Robin Hood. (Für den deutschen Sprachraum ist aber auch Leonhard Wächters zwischen 1787 und 1795 entstandene Sammlung Sagen der Vorzeit zu erwähnen.)
Die Artus-Legende als Kulminationspunkt neuzeitlicher Vorstellungen und Träume, heroische Vor-Welten betreffend, hielt sich lebendig über die Jahrhunderte durch immer neue Bearbeitungen, neue Deutungen und Umdeutungen, schließlich Umsetzung in neue Erzählformen (während etwa der Nibelungen-Stoff, nicht zuletzt wegen seiner nationalen Bedeutung, immer ein wenig «unantastbar» blieb und sich jede «Trivialisierung» verbot).
Eine der berühmtesten Prosa-Erzählungen, die den verzweigten Stoff der Legende (eigentlich eine heroische Abbildung zugleich des Höhepunktes und des Endes der Ritterzeit) beschreiben, ist Morte d’Arthur aus dem Jahr 1470, auf den sich viele Bearbeitungen (und sogar einige Drehbücher für Filme) direkt beziehen. Nicht geklärt ist, ob Thomas Malory die auf älteren französischen Quellen beruhenden Erzählung verfasst oder lediglich herausgegeben hat. Jedes Jahrhundert hatte «seinen» König Artus, «seine» Ritter der Tafelrunde. Die Entwicklung reicht vom Versepos des 16. Jahrhunderts, insbesondere The Faerie Queene (Die Feenkönigin) aus dem Jahr 1590 (weitere Teile erschienen 1596) von Edmund Spenser, einem Freund Walter Raleighs, der übrigens auch ein einführendes Sonett beisteuerte, über Lord Alfred Tennysons Idylls of the King (1859/1888) bis zu T. H. Whites vierbändigem The Once and Future King (Der König auf Camelot) aus dem Jahr 1938 und Hal Fosters Comic-Version Prince Valiant (Prinz Eisenherz) , die ein Jahr zuvor begonnen worden war. Ihre, wenn man so will, Anpassungsfähigkeit an den Geschmack der verschiedensten Epochen erhält die Artus-Legende wohl vor allem durch die Vielzahl der in ihr verwobenen Motive und Gestalten; in ihr überlagern sich Neues und Altes. Märchen, Sage, Legende, Allegorie, Geschichte, Melodram, Sittenbild, Abenteuer – all das ist miteinander verbunden und lässt sich durch leichte Akzentverschiebungen wieder herausholen.
Der Film hat sich schon relativ früh des Stoffes angenommen, aber es hat geraume Zeit gedauert, bis er die «angemessenen» Bilder für die Legende und das Abenteuer in dem Themenkomplex gefunden hatte. Vorerst näherte man sich, nach einigen frühen Stummfilm-Versuchen wie Lancelot and Ilain (1910, Regie: J. Stuart
Weitere Kostenlose Bücher