Filmwissen
Blackton), über die wenig mehr bekannt ist, über die Travestie dem Stoff. Dieser lag zumeist Mark Twains satirischer Roman A Connecticut Yankee on King Arthur’s Court ( Ein Yankee aus Connecticut am Hof des Königs Artus , 1889) zugrunde, eine ironische Abrechnung mit Feudalismus und Klerus in Europa und der fast schon ein wenig eitlen Apotheose des praktisch-menschlichen, demokratischen Amerikaners. Es geht um den Amerikaner aus dem 19. Jahrhundert, Hank Martin, der nach einer mächtigen Prügelei plötzlich erwacht und sich im 6. Jahrhundert am Hofe des legendären Königs und seiner Ritter wiederfindet und sogleich damit beginnt, unbekümmert das Leben nach seinen Vorstellungen und seinem technischen Wissen umzugestalten.
Ungebrochen positiv wirkte diese Zeichnung der Überlegenheit des modernen Amerikanertums über diese und alle anderen geschichtlichen Epochen fort in Filmen von 1920 ( A Connecticut Yankee in King Arthur’s Court ; Regie: Emmett J. Flynn), wo Henry Myers die Titelrolle innehatte, und von 1931, wo in der ersten Tonfilm-Version ( A Connecticut Yankee / Ein Radiotraum ; Regie: David Butler) Will Rogers den Hank Martin spielte. Bing Crosby schließlich hatte die Rolle in Tay Garnetts Version von 1949 übernommen, einem Musical, bei dem Crosby als ein nicht gar so seriöser Crooner auch die Herzen der Damen am Hofe betörte.
Dass am Anfang der Entwicklung des Ritterfilms in Hollywood die mal mehr, mal weniger ironische Beteuerung der Überlegenheit des american way of life über die starren Zeremonien und Ehrbegriffe und die Bevölkerung des Denkens mit Rudimenten magischer Weltsicht stand, ist gewiss kein Zufall. Man konnte das Rittertum wohl nicht anders sehen denn als dekadenteste Erscheinung des morschen feudalen Systems der europäischem Kultur, zu dessen politischer, kultureller und menschlicher «Gezwungenheit» man sich als Alternative begriff. Aber auf der anderen Seite ging wie von allem europäischen Glanz auch von der Welt der Ritter eine ungeheure Faszination aus, die nicht zuletzt darin zum Ausdruck kam, dass man gelegentlich seine eigenen Nationalhelden, die Westerner, als knights of the prairie bezeichnete. Denn zumindest was den Kampf um die Ehre anbelangte, waren sich der fahrende Ritter und der umherziehende einsame Cowboy nicht gar so fern. In einer Welt, in der sich die unterschiedlichsten Kulturen begegneten, und zwar beileibe nicht immer friedlich, waren Gebote der Ritterlichkeit einzig mögliche verbindliche Tugenden. Schließlich war der Cowboy wie der Ritter mit seinem Pferd verwachsen zu einem neuen, mythischen Wesen, das der kleinlichen Bindung des Menschen an die Erde enthoben war. Es war die Kontinuität des Abenteurers, die sich in dieser Beziehung abzeichnete und ein durchaus zwiespältiges Verhältnis des Publikums zur Figur des Ritters als Helden der populären Mythologie bestimmte.
Die «große Zeit» des Ritterfilms in Hollywood waren die fünfziger Jahre (vergleiche den Abschnitt Liebe, Tod und Teufel: Hollywoods Ritter in den fünfziger Jahren ). Die erste dramatische Version des Artus-Stoffes entstand 1953 unter der Regie von Richard Thorpe. Knights of the Round Table ( Die Ritter der Tafelrunde ) erzählt die Geschichte von Lancelot (Robert Taylor), der wegen seiner Liebe zu Guinevere (Ava Gardner) vom Hofe König Arthurs (Mel Ferrer) verbannt wird und schließlich zurückkehrt, um den Schurken Mordred (Stanley Baker) zu bezwingen. Dies war zugleich auch der erste Film, der versuchte, den mythischen Gehalt der Vorlage, die Liebesgeschichte, die zur Welt-Geschichte wird, zumindest anzudeuten; er tat dies freilich auf ausgesprochen amerikanische Weise. Die Deutung der Liebesgeschichte und Lancelots Beziehung zu seinem König, Freund und Widersacher Arthur geschieht auf sehr puritanische Weise: Kurz vor dem angesetzten Hochzeitstag wird die Braut des Königs, Lady Guinevere, von einem geheimnisvollen Ritter entführt. Ohne zu ahnen, um wen es sich bei dem Opfer handelt, befreit Lancelot Guinevere, und die beiden, da genügt ein Blick, verlieben sich ineinander. Doch als Lancelot später an den Hof von Camelot zurückkehrt, ist Guinevere bereits die Königin. Da am Hof Gerüchte entstehen und auch beide nicht mit ihrer hoffnungslosen Liebe fertigwerden, entschließt sich Lancelot, die Tafelrunde zu verlassen und in den Krieg gegen die Pikten zu ziehen. Zwei Jahre später kommt er nach Camelot zurück, Gefahren und Schicksalsschläge haben ihn gezeichnet,
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