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Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Seeßlen
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895 wird eine Rebellengruppe in den Kampf gegen den korrupten Kaiser geschickt. Zentrum der poetischen Erzählung ist die Mythe einer schönen Frau aus dem Norden, die mit ihrem Blick eine Stadt, ein ganzes Reich vernichten kann. Oder eben zwei Männer, die das eine und das andere repräsentieren. Zwei Beamte des Throns, Lio (Andy Lau) und Jin (Takeshi Kaneshiro) werden ausgesandt, um den Anführer des Aufstandes zu finden. Eine Spur führt zu der blinden Tänzerin Mei (Zhang Ziyi). Gelegentlich erscheint dieser Film, als würde die Malerei und die Keramik vergangener Zeiten zum Leben erweckt. Yimous Man cheng jin dai huang jin jia ( Der Fluch der goldenen Blume ; 2006) spielt wieder in der Zeit der Tang-Dynastie im 7. nachchristlichen Jahrhundert. Prinz Jie (Jay Chou) kehrt von einem Kriegszug zurück und findet heraus, dass an seinem Hof erotische und politische Verschwörungen stattfinden. Das Zentrum der Intrigen ist die kranke Königin Phoenix (Gong Li) und schon hier zeigt sich, dass Yimou Perspektiven ins Genre brachte, die der Mainstream nicht kannte.
    Mit San qiang pai an jing qi ( A Woman, a Gun and a Noodle Shop ; 2009) gelang Zhang Yimou indes ein überraschender cineastischer Coup. Indem er das Drehbuch zum Debütfilm der Coen-Brüder, den tiefschwarzen Thriller Blood simple ins Ambiente der Wu Xia «übersetzte», eröffnete er dem Genre vollkommen neue Möglichkeiten. Da betreibt der tyrannische Wang (Ni Dabong) im Niemandsland zwischen den Fronten eine Garküche, in deren Betrieb er sowohl seinen Angestellten als auch seiner Frau das Leben zur Hölle macht. Allerdings hält diese sich schadlos durch eine Affäre mit dem schüchternen Koch Li (Shan-Yang Xiao). Als Wang dahinterkommt und zudem erkennen muss, dass seine Frau ihm nach dem Leben trachtet, engagiert er den Söldner Zhang (Sun Honglei), um nun seinerseits die beiden umbringen zu lassen. Was bei diesem Crossover-Verfahren herauskam, war eine sehr eigenwillige Mischung aus Krimi-Kammerspiel, Kung Fu-Action und Slapstick, und dabei kommen sich in gewisser Weise auch verschiedene Erzählweisen in die Quere: In der traditionellen chinesischen Erzählweise sind die Rollen und Charaktere vorgezeichnet, Held, Schurke und Clown sind fixe «Masken», während in der Erzählweise der Coen-Brüder gerade das Changieren der Charaktere, ihre Ambivalenz die Narration bestimmt. Entsprechend unterscheiden sich auch die Paletten der filmischen Malerei; deftige Farben bei Yimou, jederzeit in ihrer Bedeutung und ihrem Stellenwert erkennbar, und düstere, schmutz- und nachtfarbene Pastiches bei Blood simple . Zhang Yimou versuchte mit diesem Film zweifellos so etwas wie einen Befreiungsschlag, um sich den Zwängen eines auserzählten und auch in seiner Schönschrift erstarrten Genres zu entziehen. Möglicherweise blieb ihm dabei gar nichts anderes übrig, als hier und dort zu «übertreiben». Reduktion und Maßlosigkeit, das Klaustrophobe und das Ausufernde begegnen sich auf eine Weise, die dem Publikum hier wie dort, das eine oder andere Rätsel aufgab.
    Ähnlich phantastisch gelang das Genre-Hybrid in Tsui Harks Di renjie zhi tongtian diguo ( Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen ; 2010), eine Kriminalgeschichte aus dem 7. Jahrhundert um die literarische Figur des Kanzlers Di Renjie (Andy Lau), der immer wieder in verzwickte Kriminal- und Gerichtsfälle verwickelt wird. Als man zu Ehren der designierten Kaiserin Wu Zetian eine gewaltige Buddha-Statue errichtet, kommt es zu einem sonderbaren Unfall: Der Bauleiter und der Polizeiminister verbrennen bei lebendigem Leib. Um die rätselhafte Selbstentzündung zu klären, muss Detective Dee, erklärter Gegner der kaiserlichen Politik, aus dem Gefängnis geholt werden. Er versichert sich der Unterstützung von Jing’er (Bingbing Li), einer jungen Vertrauten der Kaiserin, und sie lösen Schritt für Schritt das Geheimnis einer Verschwörung. Immer wieder müssen die Helden dabei ihre Kung-Fu-Künste einsetzen, um sich einer Übermacht von Feinden zu erwehren. Wer mag, kann auch in der Wendung des Detektivs, der sich vom Gegner zum Verteidiger des Kaisertums wandelt, eine politische Metapher sehen.
    Im Wesentlichen aber hielt sich das Genre an Formeln wie in Da bing xiao jiang jiang ( Little Big Soldier ; 2010, Regie: Ding Sheng). In jenem China des dritten Jahrhunderts, in dem die sieben verfeindeten Königreiche um die Vormacht kämpfen, kommt es schließlich zur gewaltigsten Schlacht zwischen den

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