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Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Seeßlen
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die Hunnen besiegt hat, soll sie drei Prinzessinnen in ein benachbartes Königreich bringen, wo sie gegen ihren Willen verheiratet werden sollen. Wo Mulan im Westen Sinnbild für Emanzipation und Selbstbestimmung ist, da dekliniert die Heldin im chinesischen Film die Beziehungen zwischen militärischer Aufgabe (einschließlich der Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Feind und sich selbst) und der liebenden Frau durch. Hua Mulan verbindet das gender-crossing-Motiv einmal mehr mit dem Epos durchaus nationalistischer Töne: Kein Opfer, sei es körperlicher, sei es seelischer Natur, ist zu groß, wenn «das Reich» in Gefahr ist. Im vierten Jahrhundert durchziehen die räuberischen Rouran das Land. Der Kaiser sammelt Soldaten, bleibt aber gegen die Krieger machtlos, so zieht sich Hua Mulan (Vicky Zhao Wei), weil ihr Vater dazu zu schwach ist, Männerkleider an und wird bald zur legendären Kämpferin. Dabei muss sie ständig um die Bewahrung ihres Geheimnisses bangen. Ihr Offizier Wentai (Chen Kun) schützt und protegiert sie, so dass sie immer weiter aufsteigt, und schließlich führt Mulan die kaiserlichen Truppen in die Schlacht. Außer ihm weiß nur der junge Kampfgefährte Fei Tiger (Jaycee Chan, Jackys Sohn), um die wahre Identität der Kämpferin. Die friedliebende Frau und der General, der sich und seine «Kameraden» bedenkenlos opfert, wenn es um das Land geht, als zwei Seiten ein und derselben Persönlichkeit, das ist so konfuzianisch wie propagandistisch.
    Das chinesische Kino des neuen Jahrhunderts war zumindest was die Export-Chancen und die Blockbuster-Angebote im eigenen Land anbelangte, auf die historischen Kostümdramen mit grandiosen Schauwerten und Kampfszenen konzentriert; dieses Kino sprach durchaus von einem «imperialen» Anspruch und kreierte Helden und Heldinnen, die es so im westlichen Kino nicht mehr geben konnte. Aber das Genre war auch durchlässig genug, um filmische Schmuggelware darin unterzubringen. Auch Ang Lee, einst eher für genau beobachtete Alltagsgeschichten zwischen den Kulturen bekannt, versuchte sich, in amerikanisch-chinesischer Koproduktion, nun an einem historischen Gemälde mit Martial Arts-Elementen in Wo hu cang long / Crouchung Tiger, Hidden Dragon ( Tiger & Dragon ; 2000). Hier hat der Kämpfer Li Mu Bai (Yun-Fat Chow), des Tötens müde, sein magisches Schwert in die Hände der schönen Kampfgefährtin Yu Shu Lien (Michelle Yeoh), der Witwe des Meisters, gegeben. Doch das Schwert wird von Jen (Zhang Ziyi) schon in der Nacht darauf gestohlen, die als Tochter des Gouverneurs die Rebellion und die Schwertkämpfer bewundert. Die Meisterin Jade Fuchs (Cheng Pei-pei), die ihre Lehrmeisterin war, ist in Wahrheit eine Mörderin, mit der Li und Yu noch eine Rechnung offen haben. Die innere Spannung der Geschichte entsteht durch die unausgesprochene Liebe zwischen den beiden Kämpfern, sowie aus einem inhärenten Diskurs über die Werte der Tradition und die jeweils «neue» Lebensweise. «Dieser Film», bekannte der Regisseur, «ist ein Traum von China. Von einem China, das so vielleicht nur in meinen Kinderphantasien in Taiwan existiert hat.» Crouchung Tiger, Hidden Dragon ist wohl der «philosophischste» aller neuen Wuxia-Filme, eine Meditation über das Gleiche im Unterschiedenen und das Unterschiedene im Gleichen, über Individualität, Familie und Gesellschaft, über Werte und Begriffe – und nicht zuletzt über den Körper, der zugleich das niederste und das höchste aller menschlichen Güter ist.
    Auch Zhang Yimou konzentrierte sich in diesen Jahren auf prächtige und aufwändige historische Martial Arts-Filme wie Ying xiong ( Hero ; 2002), die Geschichte eines Kriegers (Jet Li) am Hof des Herrschers im dritten vorchristlichen Jahrhundert. Es ist schillernd, inwieweit sich dieser Film, direkt nach der Vereinigung von Hongkong und der VR China entstanden, lesen lässt: Als Lob der Zentralmacht oder als Lob des rebellischen Geistes. Der tyrannische König Qin (Chen Daoming) will über ganz China herrschen, doch seine Feinde senden drei Attentäter aus, ihn zu töten: Broken Sword (Tony Leung), Flying Snow (Maggie Cheung) und Sky (Donnie Yen). Gegen sie tritt der heroische «Namenlose» (Jet Li) an; so tritt er vor den Kaiser hin und behauptet, die drei unschädlich gemacht zu haben.
    Es folgte Shi mian mai fu ( House of Flying Daggers ; 2004), der auf ein altes Erzählgedicht aus der Han-Dynastie zurückgeht (es wird mehrfach im Film rezitiert bzw. gesungen). Im Jahr

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