Filmwissen
Regisseur, «unterschieden sich die Menschen vor 2000 Jahren nicht sonderlich von denen der Gegenwart und folgerichtig ist auch das Ringen um Werte und Beziehungen in Der Kaiser und sein Attentäter durchaus ‹gegenwärtig› zu verstehen.» Und dabei geht es vor allem darum, dass auch die größte (und mächtigste) Staatsidee den Einzelnen die Entscheidungen nicht abnehmen kann. Wie so viele der auch weniger bildmächtigen Wuxia-Filme dieser Zeit ist Chen Kaiges Film lesbar als moderates Plädoyer für individuelle Freiheit.
John Woo kehrte mit Chi bi ( Red Cliff ; 2008) nach China zurück und inszenierte eines der prächtigsten (und mit 80 Millionen Dollar Budget auch teuersten) Historienabenteuer um die «Chroniken der drei Reiche» und die Schlacht bei den Roten Klippen am Yangzi, 208 n. Chr. In China, wo der Film auch die größten Einspielergebnisse verzeichnen durfte, wurde der Film in zwei Teilen ins Kino gebracht; in Westeuropa war zumeist nur eine, um die Hälfte gekürzte, Version auf DVD erhältlich, so dass es der Kritik schwerfiel, die komplexe Handlungsstruktur und den Reichtum dieser Arbeit zu würdigen. Im Zentrum stehen die Versuche des schurkischen Warlord Cao Cao (Fengyi Zhan), der sich 199 zum «Protektor» des kindlichen Kaisers Hsien macht und auch die südlichen Reiche Shu und Wu unter seine Kontrolle bringen will. Im Gegenzug verbünden sich deren Herrscher Liu Bei und Sun Quan (Chen Chang), und zum großen Gegenspieler Caos werden der Armeeführer Sun Quans und der Stratege von Liu Bei, die schließlich die Entscheidungsschlacht am Yang-Tse erzwingen. Die Protagonisten dieses klassischen Dramas, dargestellt von Tony Leung und Takeshi Kaneshiro, sind nicht nur als typische Actionhelden mit heroischer Geste gezeigt; sie reflektieren ihr Tun sehr genau. Es sind die konfuzianischen Werte der Loyalität dem Herrscher, der Familie und der Freundschaft gegenüber, die hier zugleich beschworen und in ihrer Selbstwidersprüchlichkeit ausgelotet werden.
Es gibt beeindruckende Schurken in den Kostümfilmen dieser Zeit, doch die eigentliche Bedrohung geht stets von etwas anderem aus, von Chaos und Unordnung. Die unterschwellige Frage für alle Helden des Genres ist, wie viel persönliche Freiheit für das höhere Gut der Ordnung zu opfern ist und darin geben die einzelnen Filme durchaus höchst unterschiedliche Antworten. Die international vermarkteten Fassungen und die Koproduktionen stellten in der Regel solche kontemplative oder diskursive Elemente in den Hintergrund. In chinesisch-südkoreanischer Gemeinschaftsproduktion entstand der aufwändige Historienfilm Warrior ( Musa – Der Krieger ; 2001, Regie: Kim Sung-su), der im vierzehnten Jahrhundert spielt. Der Kampf zwischen den Herrscherhäusern Yuan und Ming, die um den Kaiserthron rivalisieren, tobt hin und her. Dabei geraten Abgesandte aus Korea in einen Hinterhalt und werden wegen Spionage unter Anklage gestellt. Doch der kleinen Gruppe gelingt es, eine Ming-Prinzessin aus der Gefangenschaft der Yuan zu befreien, was nicht die ersehnte Freiheit und Rückkehr bedeutet, sondern den Krieg nur in neuerliche Eskalationen treibt, die der Film als grausame Massaker schildert.
Mit US-amerikanischen Produzenten tat sich die offene koreanische Filmindustrie zur Produktion von historischen Actionfilmen wie Muyeong geom ( Shadowless Sword ; 2005, Regie: Kim Young-jun) zusammen, die Geschichte des Prinzen Jeong (Seo-jin Lee) der von der tapferen Fechterin So-ha (So-yi Yoon) aus dem Exil zurückgeholt wird, um den brutalen Thronräuber und Unterdrücker aus dem Land zu treiben, der das Reich Georan in seine Gewalt gebracht hat. Schließlich entstand gleichsam eine neue Super-Traumfabrik, in der sich koreanische, japanische und chinesische Produktionsfirmen zur Herstellung massentauglicher und (zumindest auf den ersten Blick) politisch unverfänglicher historischer Schlachtengemälde zusammentaten wie bei Mo gong ( Battle of Kingdoms – Festung der Helden ; 2006, Regie: Chi Leung Cheung), der Filmversion einer populären Manga-Serie: Im vierten vorchristlichen Jahrhundert versucht eine besonders grausame Nation die Herrschaft über die sechs anderen zu erringen und überfällt zunächst das Nachbarreich. Nur eine kleine, unabhängige Stadt trotzt dem Aggressor und kann nur von dem wandernden Krieger Ge Li (Andy Lau) gerettet werden. Natürlich kann man einen solchen Film auch als Metapher dafür ansehen, den Status Quo in Asien zu erhalten, ebenso aber
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