Filmwissen
Groschenroman so vorstellt – aber wenn die Nacht hereinbricht, verwandelt er sich in den degenschwingenden Kämpfer mit dem schwarzen Cape: Zorro (die mexikanische Bezeichnung für «Fuchs ») . Sein Kampf richtet sich gegen die Unterdrücker des Volkes, die Usurpatoren und Ausbeuter – ein Vertreter des alten, idealen Feudalismus gegen seine Perversion.
McCulleys ungenierter Umgang mit historischen Fakten versetzte diesen Helden in ein seltsames Niemandsland, das etwas von der Aufbruchstimmung des amerikanischen Westerns und etwas von der rituellen, eleganten Lebensart der Mantel & Degenfilme hat. Ein mögliches Vorbild in der Geschichte war vielleicht der kalifornische Outlaw Salomon Maria Simon Pico, der in den dreißiger und vierziger Jahren weniger gegen die mexikanischen Granden als gegen die Nordamerikaner einen erbitterten Kleinkrieg führte. McCulley jedenfalls spann die Geschichte um den maskierten Helden, der das Erbe seines Vaters beschützt, in weiteren Erzählungen immer weiter aus, und je mehr er seine Phantasie spielen ließ, desto mehr verlor sein Held den historischen Boden unter den Füßen.
Der erste und unerreichbare Zorro des Films war Douglas Fairbanks, der Stummfilm-Abenteurer par excellence. Für The Mark of Zorro ( Das Zeichen des Zorro ; 1920, Regie: Fred Niblo) hatte er unter dem Pseudonym Elton Thomas selbst das Drehbuch geschrieben.
«Als Das Zeichen des Zorro im November 1920 in die Kinos kam, bot er dem Publikum genau die Art von Ablenkung, die es erwartete. Für jeden war etwas dabei: Liebe, Heldentum, Abenteuer, und so kam der Film für damalige Verhältnisse überaus gut an. Fairbanks selbst ist phantastisch, wie er zwischen der übertriebenen Gespreiztheit des Don Diego mit seinem Sonnenschirm (‹Ich verabscheue Degen und Blutvergießen! › ) und dem männlich-athletischen Zorro hin und her wechselt. Sämtliche Zutaten, die es für ein großes Abenteuer braucht, sind hier zu finden: Fairbanks in der Rolle des feurigen Zorro ist in seiner anmutigen Eleganz eine wahre Pracht. Im Gesicht, das ansonsten von einer schwarzsamtenen Halbmaske verdeckt ist, blitzt ein verwegenes Lächeln. Es gibt zwei sehr schön choreografierte Degenduelle zwischen Fairbanks und McKim (Robert McKim spielte den schurkischen Captain Ramon), die darin gipfeln, dass das Zeichen ‹Z› in den Hals des Bösewichts geritzt wird. Dieses von Fairbanks hinzugefügte Detail war so wirkungsvoll, dass McCulley es für die weiteren Episoden seiner Zorro-Geschichte übernahm.» (Bill Yenne)
Trotz angekündigter neuer McCulley-Verfilmungen kehrte Fairbanks erst 1925 zu der Figur zurück, die er nun aber nicht nach einer McCulley-Vorlage, sondern nach einem Roman von Kate und Hasketh Pritchard ausarbeitete: Don Q, Son of Zorro ( Der Mann mit der Peitsche ; Regie: Donald Crisp) wird von seinem Vater, dem legendären Don Diego, an den spanischen Hof geschickt, um seine Erziehung zu vervollkommnen. Dort gerät er in ein Mordkomplott um den Erzherzog von Österreich, und um seine Unschuld zu beweisen, entlarvt er in der Manier seines Vaters und mit dessen Hilfe die wahren Schuldigen.
McCulley hatte in den dreißiger Jahren seinen Helden in direkter Anlehnung an die Fairbanks-Filme weiterentwickelt. 1936 ging er nach Hollywood, um Drehbücher für die neugegründete «Republic Pictures» zu schreiben, und es entstand The Bold Caballero ( Zorro – der tollkühne Caballero ) mit Robert Livingstone in der Titelrolle als erstem Zorro des Tonfilms. In der Folgezeit entstanden Serials und B-Filme, in denen sich der maskierte Held in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt zu haben schien. In dem Serial Zorro Rides Again ( Zorros schwarze Peitsche ; 1937, Regie: William Witney, John English) geht es um den Enkel des ehemaligen Helden, dargestellt von John Carroll, der im zeitgenössischen Kalifornien für Recht und Ordnung sorgt. Die Waffen sind nun Automobil, Pistolen und Peitsche statt des Degens. 1940 folgte, wieder von Witney und English inszeniert, Zorro’s Fighting Legion ( Zorros Geisterreiter ), diesmal eine Geschichte aus der Zeit von Benito Juarez. Der Held (Reed Hadley) bezwingt einen schurkischen Don, der sich von den Indianern als Gott verehren lässt.
Der zweite klassische Zorro-Darsteller im A-Format wurde indes Tyrone Power in einer von Rouben Mamoulian inszenierten neuen Version von The Mark of Zorro ( Im Zeichen des Zorro ; 1940), wieder weitgehend auf Johnston McCullys ursprünglicher Story
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