Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Seeßlen
Vom Netzwerk:
Business-Periode» in den USA nach 1918 mit ihrem in der Idee naiven und in der Praxis brutalen Puritanismus (Prohibition und Ku-Klux-Klan) lähmte der Schock des Schwarzen Freitags und des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Der Entdeckung der harten Wirklichkeit folgte das Bedürfnis nach adäquaten Bewältigungsmustern. Der zynische Gangster-Typus vor zeitgenössischer Kulisse etablierte sich auch als Kino-Held. Und auf der technischen Seite vervollständigte die Entwicklung des Filmtons den immanenten Naturalismus der Fotografie. Das Kino näherte sich unter verschiedenen Vorzeichen der Wirklichkeit an.
    Es war die Stunde Clark Gables, eines
    «dunkelhaarigen, hemdsärmeligen Burschen, der sich die Zähne mit Whisky zu putzen schien: Das raue bellende Stakkato seiner Stimme zerschnitt die Szenen in einem neuen Kino, das die stillen Pantomimen des Stummfilms wie eine Springflut hinunterspülte in eine elegische Vergangenheit, die von der säbelklirrenden Eleganz eines Douglas Fairbanks senior und dem wilden Augenrollen Valentinos dominiert worden war. Gable ersetzte diese beiden Heroen einer verflossenen silver-screen-Ära in einer Person: Seine fäusteschwingenden Protagonisten verzichteten auf Mantel und Degen, es genügte ihnen, zum Telefon zu greifen oder den Finger am Abzug des Revolvers zu halten.» (Adolf Heinzlmeier)
    In Red Dust ( Die gelbe Hölle ; 1937, Regie: Victor Fleming) findet die nüchterne, aber lebenszugewandte Haltung ihren Ausdruck in der Direktheit erotischer Ansprüche, die sich gegen die alte Macht viktorianischer Bigotterie durchsetzen.
    Der vitale Dennis Carson (Clark Gable) führt eine Gummiplantage in Indochina. Trotz traditioneller Moralvorstellungen erliegt er der blonden Sirene Vantine (Jean Harlow), die, auf der Flucht vor Saigoner Behörden, bei ihm Unterschlupf findet. Dann aber wehrt er die selbstsichere, gewitzte Vantine ab und stürzt sich statt dessen in eine Romanze mit dem good girl des Films, Barbara (Mary Astor), der Frau des Forschungsreisenden Willis. Nach etlichen Verwicklungen sieht Dennis ein, dass er nicht zum romantischen Liebhaber taugt, und er beendet die Affäre mit Barbara auf smarte Weise und mit Hilfe der Schlagfertigkeit Vantines, ohne Willis zu kränken. Er kehrt zu Vantine, der Frau, die zu ihm gehört, zurück.
    «Diese Konstellation machte die beiden zu einem echten Liebespaar der dreißiger Jahre – ihr unbekümmert-freches Leben auf dem sinkenden Schiff, mit einem Fuß im Gefängnis, mit dem anderen im zwielichtigen Abgrund des Verbrechens.» (Adolf Heinzlmeier)
    Damit ist bereits eine andere Konstellation, die Sex, Melancholie und Abenteuer im Zueinanderfinden eines Paares verband, vorgezeichnet, die von Humphrey Bogart und Lauren Bacall in To Have and Have Not ( Haben und Nichthaben ; 1945). Man ist skeptisch gegenüber großen Worten, und man liebt klare Verhältnisse; das Abenteuer ist nicht der Fluchtpunkt der Biografie, es ist die Biografie selber, und entsprechend kann es nicht sonderlich romantisch gesehen werden. Hier wie dort erkennen sich die «Abgebrühten», die vielleicht von einer gutbürgerlichen Gesellschaft so genannten «Abenteurer» instinktiv und auf Anhieb. Howard Hawks, der Regisseur von To Have and Have Not , wiederholt den Trick, das spontane Einverständnis der Protagonisten dadurch bündig auszudrücken, dass die Partner sich bestimmte Namen geben, die gleichsam Identitäten aufheben und neu konstituieren. Carson redet Vantino mit Lily an, sie nennt ihn nur Fred, so wie Harry Morgan (Humphrey Bogart) und Marie Browning (Lauren Bacall) – in To Have and Have Not – sich gegenseitig in Slim und Steve umtaufen.
    Red Dust hatte im Übrigen alle Kassenrekorde gebrochen. Zwei Remakes, Congo Maisie (1940, Regie: H. C. Potter) mit Ann Southern und John Carroll und Mogambo ( Mogambo – Abenteuer in Afrika ; 1953, Regie: John Ford), wieder mit Clark Gable, versuchten vergeblich, den Erfolg zu wiederholen.
    In They Met in Bombay ( Fluchtweg unbekannt ; 1941, Regie: Clarenee Brown) spielt Rosalind Russell die Gable ebenbürtige Frau. Als Juwelendiebe auf der Flucht in den Osten versuchen sich beide gegenseitig auszutricksen, bis Hochstapler Gable in der Uniform eines britischen Captains an die Front muss. Dort entpuppt sich der falsche Captain als Held. Er wird mit dem Victoria-Kreuz ausgezeichnet, wird aber dennoch ins Gefängnis gebracht, freilich nicht für lange Zeit und mit der Gewissheit, dass die Abenteurerin Russell auf ihn

Weitere Kostenlose Bücher