Filmwissen
Melodram und Abenteuerfilm, der Konfrontation von Sehicksalsergebenheit mit der Herausforderung der Geschichte.
In Casablanca ( Casablanca ; 1942, Regie: Michael Curtiz) überwiegt das Melodram. Das naive Abenteuer hat sein Held schon hinter sich. Rik (Bogart) wird uns als ehemaliger Kämpfer für das Gute vorgestellt. Er besorgte Waffen für die spanischen Republikaner. Das Abenteuer als Trotzdem beginnt erst mit dem Ende des Films (der es im Übrigen fertigbringt, uns die fürchterliche andere Seite der Bogartschen Medaille, den korrumpierten, hedonistischen Opportunisten in der Figur des charmanten Captain Renault, dargestellt von Claude Rains, fast sympathisch zu machen).
In To Have and Have Not ist das Abenteuer durch Slim, die Vagabundin, gleich präsent. Auch bleibt die Handlung nicht auf die Glashausatmosphäre einer Flüchtlingsstadt und einer Bar darin beschränkt, sondern bezieht das Meer als Ort des Abenteuers mit ein. Es ist auch diese Interpretation möglich: Nicht ein Trinker und Barbesitzer bezieht parteilich Position, sondern ein abgebrannter Bootsbesitzer nimmt einen in erster Linie lukrativen Job an, um sein Leben weiter leben zu können. To Have and Have Not ist also ein durchaus ambivalenter Film. Egoismus und Loyalität, Pragmatismus und politische Moral werden weniger miteinander vereint als durch Witz und pointierte Dialoge in spannungsreiche Beziehung gesetzt.
Die weiteren Abenteuerfiguren, die Bogart dargestellt hat, entsprechen nicht mehr seiner Film- persona des romantischen loners . Sieht man aber einmal ab von The Left Hand of God ( Die linke Hand Gottes ; 1955, Regie: Edward Dmytryk), wo Bogart einen im Priestergewand fliehenden amerikanischen Piloten, der über China abgeschossen wurde, spielt und mit drei Feinden, «China, der Versuchung des Fleisches und nahezu allen Klischees, die jemals in Filmen über Missionare auf fremdem Boden benutzt worden sind» so hieß es in der Daily Mail –, zu kämpfen hat, könnten Bogarts Verkörperungen des Abenteurers aus «Abspaltungen» seiner loner -Gestalt entstanden sein.
Verhindern Welterfahrung, eine heimliche Moralität und vielleicht sogar eine heimliche Hoffnung, dass Rik oder Morgan zu gewissenlosen Unmenschen abgleiten, so wird in The Treasure of the Sierra Madre und in The African Queen die Geschichte von Anti-Helden erzählt, die solche sind, weil sie aus Beschränktheit oder Selbstbeschränkung den Gegebenheiten unterworfen sind oder sich ihnen unterwerfen. In beiden Fällen sind es Geschichten, die sich außerhalb der durch staatliche oder persönliche Souveränität gesicherten Konventionen ereignen.
In The Treasure of the Sierra Madre setzt der in der Figur des Dobbs angelegte Egoismus, von keiner Kraft gesteuert, seine ganze zerstörerische Kraft frei und reißt die Protagonisten ins Verderben. Dieser Film wäre wohl die konsequenteste Beendigung des Abenteuerfilms, wenn denn ein Genre durch einen Film zu Ende gebracht werden könnte.
Die Geschichte spielt im Mexiko der zwanziger Jahre. Drei arbeitslose Herumtreiber, der brutale Dobbs (Bogart), der naive junge Curtin (Tim Holt) und der erfahrene Alte Howard (Walter Huston), tun sich zusammen, um in der Sierra Madre das Gold zu suchen, von dem Howard zu wissen meint. Nachdem sie sich ihren Lohn, um den sie von ihrem ehemaligen Boss geprellt worden sind, mit Gewalt geholt haben und außerdem durch Spielglück zu einer ansehnlichen Summe gekommen sind, rüsten sie sich aus und beginnen das Abenteuer. Schon auf ihrem Weg droht die Bitterkeit Dobbs’, die Gruppe zu sprengen. Als sie jedoch tatsächlich Goldstaub finden, raufen sie sich noch einmal zusammen. Der gekittete Zusammenhalt hält allerdings nicht lange. Der habgierige Dobbs wird durch seine grundlosen Verdächtigungen zur Gefahr für die anderen. Zu allem Überfluss setzen ihnen fremde Mitwisser und Banditen zu. Sie entschließen sich, mit der genügend umfangreichen Ausbeute nach Tempico zurückzukehren. Unterwegs werden sie von Indianern aufgehalten, die Howard um Hilfe für ein erkranktes Kind bitten. Howard geht mit den Indianern, und es gelingt ihm, das Kind zu retten. Ohne den besonnenen Alten vollendet sieh die Tragödie, vor der Howard schon am Beginn der Expedition gewarnt hatte. Blind vor Gier und Misstrauen schießt Dobbs Curtin nieder und verschwindet mit dem Gold. Howard findet Curtin und kann ihn retten. Dobbs gerät unterdessen in die Fänge von Banditen, die ihn berauben und ermorden. Den Goldstaub
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