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Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Seeßlen
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halten sie für Sand und schütten ihn achtlos auf den Boden. Howard und Curtin erreichen den Tatort; der Wind hat das Gold inzwischen verweht. Howard bricht in hysterisches Gelächter aus und schreit, zu Curtin gewandt: «Lach, Junge, das ist ein Witz, den Gott oder das Schicksal oder wer immer mit uns spielt … Das Gold ist weg, dahin zurück, wo wir es geholt haben .»
    Huston drehte diesen Film wie auch The African Queen zum großen Teil on locacion . Er versprach sich von der Wirklichkeit der Umgebung und vor allem von den wirklichen Anstrengungen, die die Wüste und die Tropen für Darsteller und Crew erfordern, eine realistische Darstellung. Auch das deutet auf einen Wandel im Genre hin, das ursprünglich gerade durch artifizielle Landschaften und die traumtänzerische Schwerelosigkeit seiner Helden charakterisiert war. Die Kämpfe in The Treasure of the Sierra Madre unterliegen keiner Choreografie; sie werden nicht «getanzt», haben weder Schwung noch Pathos. Sie sind zäh und schmutzig. Die Schlägerei, mit der Dobbs seinem betrügerischen Arbeitgeber den Lohn abzwingt, wird nicht als sportlicher Wettkampf oder artistische Nummer vorgeführt, sondern aus distanzierender Untersicht in fast quälender Langsamkeit und mit verwirrenden Perspektivwechseln in ihrer ganzen Elendigkeit und Brutalität gezeigt. Man kann sich über weite Strecken des albtraumhaften Gefühls nicht erwehren, zu Boden gedrückt zu werden und nicht weglaufen zu können. Als ob die Kamera gerade dies bezwecken wolle, scheint sie mit dem Fortschreiten des Films eine immer höhere Perspektive einzunehmen.
    Wo der Abenteuerfilm «realistisch» wird, wo er seine Traum-Elemente konkretisiert und wo vom Schatz nur der blanke Geld-Wert übrigbleibt, können auch Frauen kaum noch eine Rolle spielen. In einem gewissermaßen dramatisierten Bild von ansonsten wirklichen «Arbeitsprozessen», die das Abenteuer so im nebenhinein abwerfen, ohne seine utopischen Ziele noch zuzulassen, ist die Entfremdung so groß wie im Alltagsleben. Das Verhältnis zur Frau für den Abenteurer müßte nun dargestellt werden als Verhältnis zu wirklichen Individuen, wo die Frau nicht mehr funktioniert als bloßes Bild für den Traum, für die Natur, für die Gesellschaft. Da es in Filmen von der Art wie The Treasure of the Sierra Madre und Le Salaire de la peur ( Lohn der Angst ; 1952, Regie: Henri-Georges Clouzot) um den Lohn geht und nicht um die Utopie eines versöhnten Verhältnisses zur Natur oder um die einer freien Gesellschaft, können sie frauenlos bleiben. Je frauenloser die Welt des Abenteuers freilich ist, desto «schmutziger» wird sie auch.
    Einen weiteren Schritt geht Huston mit The African Queen , der mit seinem Humor, der aus der Spannung zwischen Naturalismus und Poesie resultiert, den Ausgleich sucht zwischen erstarrter Zivilisation und reizvoll verlotterter gleichgültiger Landstreicherei. Der Amerikaner Charlie Allnutt (Humphrey Bogart) rettet mit seinem Zehn-Meter-Schrottkahn «African Queen» das schon etwas ältere Methodistenfräulein Rose Sayer (Katharine Hepburn), das in Zentralafrika eine Mission betreibt, vor dem Vandalismus deutscher Truppen. Da die Deutschen den Fluchtweg, der für die Engländer zugleich ein wichtiger strategischer Punkt ist, mit einem Kanonenboot unter Kontrolle haben, gedenkt Charlie sich und die «African Queen» mit ihrer Ladung explosiver Chemikalien und einem Vorrat an Tabak und Gin in ein sicheres Dschungelversteck zu bringen, um dort den Ausgang des entbrannten Ersten Weltkrieges abzuwarten.
    Doch die spröde, aber patriotische Rose nötigt ihn mit Überredungskunst, Penetranz und Bösartigkeit zu einem Wahnsinnsunternehmen: die «African Queen» trotz Stromschnellen und deutscher Stellungen flussabwärts zu fahren, sie zum Torpedo umzubauen und die «Louisa», das deutsche Kanonenboot, zu versenken. Der phlegmatische Charlie kann sich der Energie der zielstrebigen Missionarin nicht entziehen. Gemeinsam überstehen sie mit viel Glück unüberwindbar erscheinende Hindernisse. Auf der abenteuerlichen Fahrt kommen sich Charlie (der sich anfangs vor Rose wie vor einer teuren Porzellanfigur in acht nimmt), und die Missionarin, die mit ihm spitzfingrig wie mit einem üblen Putzlappen umgeht, näher.
    Charlie überwindet sein Phlegma und überrascht durch Tatkraft und Phantasie, und Rose legt ihre Berührungsangst ab. Aus ihrer zwischen Distanz und unbemerkt wachsender Zuneigung oszillierenden Liebesgeschichte

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