Filmwissen
entspringt ein das Abenteuer ständig begleitender Humor, der auch noch gegenwärtig ist, als die beiden zum Paar geworden sind. Nach ihrer ersten Liebesnacht fragt Rose den Liebhaber: «Mr. Allnutt – Liebling – wie ist dein Vorname?» Dieser Witz, von Bogart und Hepburn brillant ausgespielt, desavouiert stets den aufklärerischen Optimismus und das Pathos der Tat. So entziehen sich die Protagonisten der Ideologisierung ihres Abenteuers. Zudem stellt sich der Erfolg nicht proportional zur investierten Arbeit ein. Alle überlebenswichtigen Momente werden vom Zufall entschieden, der auch das Happy-End verantwortet. Die auf ihrer Feindfahrt havarierte «African Queen» treibt mit ihrer explosiven Last unbemerkt auf die «Louisa» zu, wo die beiden Helden auf ihre Exekution wegen Hochverrats warten. Der Kapitän erfüllt ihnen noch ihren letzten Wunsch und traut sie. Da kollidiert die «Louisa» mit der «African Queen» und sinkt. Glücklich entkommt das Liebespaar an Land.
« Das zufällig glückliche Ende ist keine Pointe. Es ist sogar gleichgültig. Denn auf Erfolg oder Misserfolg der abenteuerlichen Reise kam es nicht an. Wichtig war es nur, ein Ziel zu haben, irgendeines, aber ein außerordentliches.» (Dietrich Kuhlbrodt)
Es geht weniger um den Sieg gegen die bösen Deutschen als um das Recht der Körperlichkeit, die Erfahrung des Körpers, um seine Sinnlichkeit, Trägheit und Lächerlichkeit – Bogarts Bartstoppeln und Dreck, sein Schweiß, sein Magenknurren und seine Hasenzähne, die sein frech-blödes Grinsen entblößen darf. Wenn auch die schlanke, fast in reines Tun und Wollen sich auflösende Rose, die uns vorgestellt wird, wie sie Eingeborenen verbissen die Nationalhymne beizubringen versucht, den Sieg über Charlies gemütlichen Fatalismus davonzutragen scheint, so erzählt der Film doch eigentlich eine Geschichte der Humanisierung des Zivilisatorischen durch die Trägheitskraft der Natur, die im Abseits zwar zum fast animalischen, bewusstseinslosen Existieren regredierte, aber nur dort dem Erstickungstod durch die Enge des Puritanismus entgehen konnte. Nicht vom äußeren Feind und nicht von der urwüchsigen Natur droht der Zivilisation – der Frau – das eigentliche Verderben, sondern durch die Verabsolutierung ihrer zivilisatorischen Normen, der falschen Überwindung des Körpers. Teatime im Kongo, dafür krümmt der Abenteurer keinen Finger; er überlässt sich lieber dem Treiben des Flusses, den er einst für die Zivilisation erschlossen hätte. Nicht die Kultivierung der Natur, sondern die Rekultivierung der Zivilisation ist das Thema des Films. In der Beziehung der Geschlechter äußert sieh dies darin, dass Erotik weder in Formen des Kampfes noch durch die Chiffren des konventionellen Sex-Appeal entsteht, sondern in einer Form solidarischen Handelns. Deshalb auch mussten die Protagonisten nicht jugendlich sein, musste das Abenteuer nicht der romantisch-perfekte Traum werden, musste nie gesiegt werden.
So ist The African Queen so etwas wie ein Spät-Abenteuerfilm, der sich, wie etwa der Spät-Western, über die Reflexion der Mythen hinaus das wirkliche Alter seines Stars zunutze macht, um für ein Genre, eine Botschaft, ein Gefühl das Fortbestehen trotz Veränderung zu gestatten. Gerade die ironische, kritische Behandlung des Abenteuers lässt dieses als emotionale Erfahrung und Haltung zur Welt weiterleben.
Aber für Bogart war ja das Abenteuer nie die Selbstverständlichkeit, wie es für einen swashbuckler der Fall war. Für seinen Abenteurer war das Altern keine Katastrophe, denn er schwang sich nicht durch die Gefahren der Welt, sondern er schlängelte sich listig hindurch, immer der Erde sehr nahe. Nicht so für Errol Flynn, dessen mythische Ausstrahlung den Alterungsprozess am wenigsten vertrug.
«In Maru Maru , gedreht 1952, erleben wir einen alarmierend unsicheren und krank aussehenden Flynn. Seine Augen sind erloschen, der Körper ist der eines Mannes, der mindestens doppelt so alt ist, und seine draufgängerische Haltung gegenüber dem Leben und all seinen Widrigkeiten hat sich völlig verflüchtigt.» (George Morris)
Maru Maru ist eine Schatzsuchergeschichte. Flynn spielt einen Tiefseetaucher, der einem mit Diamanten besetzten Kreuz, das im Wrack eines Kanonenbootes liegen soll, auf der Spur ist. Der Film scheint sieh nicht recht zu entscheiden zwischen einer Problematisierung seiner Motive – es wird sehr viel über Macht und Habgier geredet – und der Form ungebrochenen
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