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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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Mauerschatten des Pfarrhauses auftauchte.
    Â»Ach, du bist es. Du hast mich erschreckt.« Sie war dünnhäutig geworden in den letzten Tagen.
    Â»Zu viel passiert bei euch …«
    War es eine Feststellung, oder hatte Tilman eine Frage gestellt? Anna antwortete ausweichend: »Ich schlafe schlecht seit einigen Tagen.«
    Â»Ich brauch nicht viel Schlaf«, erklärte Tilman. »Dann steh ich auf und wandere durch die Straßen. Bei Nacht ist die Luft sauberer als am Tag, und die Wachtleute freuen sich über ein bisschen Abwechslung. An der Nächelskaulenpforte sitzt einer, der ist ein richtiger Philosoph. Wir reden über die Sterne und den Himmel, und ob wir wirklich dorthin kommen, wenn wir einmal gestorben sein werden. Was glaubst du? Gibt es eine Hölle mit Teufel und Fegefeuer, wie es uns der Heilige Vater in Rom predigt?«
    Er kicherte leise. »Ich glaub es nicht. Musst das aber niemandem erzählen. Das bleibt besser unter uns.«
    Bei den letzten Worten hatte er seine Stimme gesenkt.
    Â»Wann war das mit dem Journalschreiber?«, fragte er übergangslos. Er flüsterte fast, aber im Gegensatz zu seiner sonstigen Nuschelei sprach er auffallend deutlich. Anna schaute ihn überrascht an. Tilman deutete auf eine Bank im Pfarrgarten.
    Es ziemte sich nicht, aber dann schaute sie sich nach allen Seiten um und folgte ihm. Sie wollte wissen, was er wusste.
    Die Planken der Bank waren feucht und verzogen, noch hatte die Sonne keine Kraft, das Holz zu trocknen. Anna faltete ihr Schultertuch zusammen und legte es auf die Sitzfläche, während auch Tilman noch einmal einen prüfenden Blick auf die Straße warf und dann das schmiedeeiserne Tor zuschob. Die Katze, die sich eben noch ausgiebig das Fell gewaschen hatte, entwich durch die Gitterstäbe nach draußen.
    Â»Wann war es?«, fragte er wieder.
    Â»Letzten Sonntag«, sagte sie.
    Â»Letzten Sonntag. So gegen zehn?«
    Â»So ungefähr.«
    Â»Ich glaub, ich hab da zwei Mannskerle gesehen. Die liefen den Filzengraben runter, Richtung Waidmarkt, hatten es ziemlich eilig und manchmal sahen sie sich um. Der eine hat irgendwas über der Schulter getragen. Vielleicht einen Stock. Ich weiß es nicht. Wenn ich geahnt hätte, dass das wichtig ist …«
    Â»Wie sahen sie aus?« Anna fiel Tilman ungeduldig ins Wort.
    Â»Der eine war klein, vielleicht wie ich. Der andere …« Tilman suchte im Garten herum. »Der andere war größer, sehr viel größer. Vielleicht nur einen Kopf kleiner wie die Tür dort.«
    Er deutete auf die schmale Pforte, durch die man vom Pfarrhof aus ins Innere der Kirche gelangte.
    Â»Hast du ihre Gesichter gesehen?«
    Â»Nein, gewöhnlich interessiert es mich auch nicht, wer da nachts durch Köln wandert. Bin ich die Nachtwache? Wer um diese Uhrzeit nicht zu Hause ist, wird seine Gründe haben. Erst, als ich gehört habe, was bei euch passiert ist …«
    Er wurde noch leiser, Anna musste sich anstrengen, ihn zu verstehen.
    Â»Sie hatten Umhänge über dem Kopf, wie Kohleträger. Selbst wenn ich gewollt hätte, es wäre unmöglich gewesen, sie zu erkennen.«
    Â»Hast du Simon Kall gesagt, was du gesehen hast?«
    Â»Ach, du lieber Gott, dann will er nur wissen, warum ich nachts nicht in meinem Bett liege, und ich müsste ihm von meinen gotteslästerlichen Gesprächen mit der Torwache erzählen. Womöglich würden sie meinen armen Freund dafür einsperren und mich auf den Kopf stellen und meine Taschen durchwühlen. Nein, nein, do soll mich der Himmel vür bewahre !«
    Â»Tilman, Tilman, es wird noch einmal böse enden mit dir.« Anna drohte ihm scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Und warum erzählst du es mir und nicht Herrn Dalmonte?«
    Â»Dalmonte ist ein guter Mensch, aber steht er hier und teilt Suppe aus?«
    Â»Er sorgt dafür, dass sie überhaupt ausgeteilt werden kann.«
    Â»Ich weiß es zu schätzen. Aber an seinem Haus läuten und um eine Unterredung nachsuchen – ich bitte dich! Wer bin ich, dass ich mir so etwas erlauben könnte?«
    Tilman verzog sein Gesicht zu einer so witzigen Grimasse, dass Anna lachen musste. Aber dann wurde sie wieder ernst.
    Â»Der eine war groß, sagst du. Auch kräftig? Kennst du den Ladendiener von Johann Maria Farina, der gegenüber dem Jülichplatz?«
    Â»Nein.«
    Plötzlich fuhr Anna hoch. »Oder war er

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