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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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dünn? Richtig dürr?«
    Â»Ich sag dir doch, die hatten Umhänge an. Da konnte man nichts erkennen.«
    Â»Tilman, da war ein Mann, er stand auf der anderen Straßenseite und beobachtete unser Haus. Ich weiß nicht, wer es war. Ein seltsamer Mensch.«
    Wie lange war das her? Zwei Wochen schon. Vor lauter Aufregungen hatte sie den Vorfall völlig vergessen. »Als Herr Dalmonte das Haus verließ, ist er ihm gefolgt.«
    Â»Groß und dünn?«
    Â»Groß und dünn.«
    Â»Ein Welscher?«
    Â»Wahrscheinlich. Kennst du ihn?«
    Tilman schien zu überlegen.
    Â»Nein«, sagte er und rückte ein Stück von Anna weg. Sie schwiegen. Anna betrachtete die Löcher in Tilmans Stiefeln, durch die schon die Zehen hervorschauten. Warum hatte der Unbekannte dem Spediteur hinterherspioniert? Weil er die günstigste Gelegenheit herausfinden wollte, um zu stehlen? War ihm Cettini dabei in die Quere gekommen, zufällig? Dann hätte Farina mit dessen Tod nichts zu tun. Aber Cettini hatte gesagt: »Mit einem Gruß von Farina«. Falls es keine Lüge war, Cettini war auf Farina nicht gut zu sprechen gewesen. Aber ein Christenmensch tritt doch nicht mit einer Lüge auf den Lippen vor seinen himmlischen Herrn. Oder doch? Wenn es aber stimmte, was der Journalschreiber gesagt hatte, konnte dann dieser Unbekannte von Farina geschickt worden sein?
    Nein. Unmöglich.
    Am Tag des Unwetters, als sie die Rosoli hatte zu Boden fallen lassen und ihr der Unbekannte vor dem Haus »Zur gelben Lilie« aufgefallen war, da wusste noch niemand etwas vom Tod der Jungfer Feminis. Cettinis Anschuldigungen, Herrn Dalmontes Argwohn wurden erst danach publik, nach der Begräbnismesse. Am Tag des Unwetters hätte Farina noch gar keinen Grund gehabt, verärgert zu sein. Wobei es Anna ohnehin ein Rätsel war, warum jemand einen anderen umbringen sollte, nur weil dieser ihn geärgert hatte. Aber man hatte ja schon die seltsamsten Sachen gehört, warum Menschen sich gegenseitig umbrachten. Dennoch – im Auftrag Farinas konnte der Unbekannte das Haus im Filzengraben an jenem Freitagnachmittag nicht ausgekundschaftet haben.
    Wie Anna es auch drehte und wendete, sie kam keinen Schritt voran in ihren Überlegungen. Eines immerhin wussten sie nun: Es waren zwei Männer, die Cettini überfallen hatten, und der eine war groß gewesen.
    Â»Tilman?«
    Â»Hm.«
    Â»Könntest du bei deinen Spaziergängen durch die Stadt mal bei Farina vorbeigehen und dir seinen Diener anschauen? Vielleicht war er einer der beiden Männer, vielleicht auch nicht. Aber dann wüssten wir es.«
    Â»Hätte der noble Herr einen Grund, dem Schreiberling oder Dalmonte eins auszuwischen?«
    Â»Vielleicht«, antwortete sie vorsichtig. Dann fiel ihr noch etwas ein.
    Â»Du kommst doch viel rum. Könntest du nicht herausfinden, ob die gestohlenen Waren bei irgendeinem Händler verschachert wurden? Vielleicht nicht unbedingt der Wein, der ist wahrscheinlich schon längst getrunken. Aber das Salz. Und vor allem die Stoffe. Die müssen doch irgendwo geblieben sein. Es war ein Ballen Leinen, weiß, und ein Ballen Damast in Blau mit grau-rotem Blumenmuster.«
    Â»Für einen schönen Hausrock«, sinnierte Tilman.
    Â»Oder für einen Jupe mit Manteau «, träumte Anna laut. Sie stellte sich vor, wie sie in einer solchen Robe aussehen würde.
    Â»Es war ein auffälliger Stoff, Tilman. Ein Stoff, den sich nicht jeder leisten kann. Versuch in Erfahrung zu bringen, ob irgendjemand einen teuren Stoff zu einem besonders günstigen Preis angeboten bekommen hat.«
    Â»Du bist eine kluge Frau, Anna. Wenn ich dreißig Jahre jünger wäre, würde ich dich glatt heiraten.«
    Â»Geh, Tilman, hör auf damit«, schalt Anna, aber sie meinte es nicht so. »Du machst es also?«
    Â»Für dich ja.« Er machte die schönsten Augen, zu denen er fähig war. Anna stand auf und schüttelte ihr Tuch aus. Sie hatte das gute Gefühl, dass sich endlich etwas tat. Und auf Tilman konnte sie sich verlassen.
    Â»Ãœbrigens«, sagte sie, »brauchst du nicht mal wieder neue Schuhe?«
    Er grinste.

ZWÖLF
    Eigentlich hatte er sich geschworen, sich nicht mehr herumschubsen zu lassen, nachdem ihn der Schiffer von Bord des Oberländers gejagt hatte.
    Er hatte es satt gehabt, für den Faìsc die Kamine hochzuklettern und sich dafür die Lunge aus dem

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