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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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über ihrer Brust ist so weiß wie der frisch gefallene Schnee auf Piodabella. Wir dachten schon, du seist tot, sagt sie und streicht ihm die Haare aus der Stirn. Hauchdünne Ärmelspitzen kitzeln ihn im Gesicht. Am rechten Handgelenk schimmert ein goldener Reif. So etwas hat er noch nie gesehen. Er hat auch noch nie eine schönere Frau gesehen.
    Â»Das Wunderwasser«, wiederholte Giacomo.
    Â»Was weißt du darüber«, fuhr ihn der Dottore an.
    Â»Nichts.«
    Â»Aber du kennst es?«
    Â»Man sagt, es macht Tote wieder lebendig.«
    Â»Das will ich doch hoffen.« Die kehlige Lache des Dottore tat Giacomo in den Ohren weh, aber er wich nicht von der Stelle.
    Jäh brach der Dottore ab.
    Â»Du glaubst daran?«, fragte er.
    Giacomo zögerte. Faustino hätte es nichts mehr genutzt, selbst wenn sie ihn früher gefunden hätten.
    Â»Ja«, sagte er dann.
    Â»Komm rein!« Der Dottore nahm Giacomo das Päckchen aus der Hand und zog ihn in die Hütte. Drinnen herrschte undeutliches Halbdunkel, im einzigen Lichtstrahl, der durch eine Luke ins Innere fiel, tanzten Staubpünktchen.
    Zuerst hörte Giacomo nur ein leises Brodeln wie von köchelndem Wasser, dann, allmählich, erkannte er die Einrichtung. Das Wandgestell, in dem Flaschen und Fläschchen in überraschender Ordnung nebeneinander aufgereiht standen. Körbe mit und ohne Deckel. Säcke, die meisten zugebunden. In einem erahnte er Pomeranzen; vor ein paar Tagen war der Bastard mit einem solchen Sack in der Spielmannsgasse aufgetaucht. Auf dem Tisch, den er beim ersten Mal nicht sehen konnte, aber mitten im Raum vermutete, befanden sich Kupfergefäße, eines geheimnisvoller als das andere, bauchige Glaskaraffen und ein Aufbau aus Holz, der ihn an eine Weinpresse erinnerte. Das Bett in der Ecke und ein Gestell mit einer Waschschüssel überraschten ihn. Daneben entdeckte er die Kiste, die er dem Fuhrknecht abgeluchst hatte. Sie enthielt dunkelfarbige Flaschen mit dünnem langen Hals. Dutzende von grünen Rosolien. Die Flaschen, in denen Farina sein Heilwasser verkaufte. Er hatte davon gehört.
    Â»Du stellst Aqua mirabilis her?« Giacomo konnte seine Verwunderung kaum verbergen.
    Â»Ich brauche jemanden, der es für mich verkauft«, sagte der Dottore, ohne auf die Frage einzugehen. Er stellte sich so vor den Tisch, dass Giacomo kaum noch etwas sehen konnte.
    Â»Der seine Vorzüge kennt und es den Leuten anpreisen kann«, ergänzte der Dottore.
    Â»Aber woher weißt du, was du dafür brauchst?«
    Â»Riech!« Der Dottore entstöpselte einen Flakon und hielt ihn Giacomo unter die Nase. »Was sagst du dazu? Riecht es gut?«
    Zuerst konnte Giacomo es kaum glauben. Der Römer fragte ihn! Wollte sein Urteil! Er schnupperte. Das waren die gleiche Würze der Pomeranze, die gleiche frische Schärfe und betörende Süße. Der Duft der Gentildonna . Er nickte. Wochenlang hatte er nach seinem Sturz von ihr geträumt.
    Â»Ich werde es in Mülheim und in Deutz verkaufen. Und auf den Dörfern.« Die Stimme des Römers holte ihn in die Gegenwart zurück.
    Â»Warum nicht in Köln?«
    Â»Sobald der Alte mit dem Verpacken fertig ist, kannst du anfangen. Wenn du gut verkaufst, sollst du es nicht bereuen.«
    Er würde es gut verkaufen, da war er sich sicher.

DREIZEHN
    Anna wusste nicht, ob sie sich freute. Nur zwei Tage war es her, dass Diedrich von Merzen Herrn Dalmonte gebeten hatte, sie ausführen zu dürfen, und schon hatte er sich für den heutigen Palmsonntag angekündigt. Es ging ihr ein wenig zu schnell.
    Beim Frühstück hing sie ihren Gedanken nach. Das erste Mal, dass ein Mann sich für sie interessierte! Die Knechte auf den Schiffen, wo sie groß geworden war, zählten nicht. Auch nicht die Händler und Kommissionäre, mit denen sie tagtäglich zu tun hatte, und schon gar nicht Matthias und Severin. Unsere Jungfer Intelligentia, spöttelten sie oft genug, und Anna ärgerte sich prompt. Aber dann kam ein Mensch daher, den sie gar nicht kannte, und brachte sie völlig durcheinander. Alle im Haus schienen Bescheid zu wissen und amüsierten sich, obgleich sie niemandem davon erzählt hatte.
    Â»Du isst ja gar nichts«, stellte Moritz fest und stibitzte ihr Brot. Bonifaz tuschelte mit den beiden Mägden, auffällig unauffällig drehten sie sich nach ihr um. Frau Gertrude strahlte übers ganze Gesicht,

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