Filzengraben
versprach er. Zuerst wollte sie sein Angebot nicht annehmen. Aber die Vorstellung, den langen Weg nach Kriel nicht zu Fuà zurücklegen zu müssen, war verlockend.
»Ich freue mich, wenn ich Euch eine Freude machen kann«, sagte er.
Vor der Tür des Kaffeehauses stand der Kutscher bereit, Johanna saà schon auf ihrem Platz.
»Allora â¦?« Dalmonte barst schier vor Ungeduld, als sie nach dem Nachtessen mit ihm und Frau Gertrude noch im Salon saÃ.
»Dürfen wir auf dich trinken?«, fragte er und entkorkte umständlich eine bauchige Flasche Wein, die er für besondere Gelegenheiten bereithielt.
Annas Gesicht verfärbte sich dunkelrot, sie suchte Hilfe bei Frau Gertrude, doch diese war genauso gespannt wie ihr Mann und begann sie ebenfalls auszufragen.
»Wir haben über den Kölner Handel gesprochen, er ist ein kluger Mann«, antwortete Anna.
»Anna!«, rief Dalmonte enttäuscht. »Kannst du an nichts anderes denken als ans Geschäft? Habt ihr wirklich nichts Besseres zu reden gehabt? Oder war er es nicht wert?«
Anna wand sich. »Er hat sehr artige Manieren.«
»Artige Manieren? Mehr nicht? Mir kommen die Tränen.« Dalmonte raufte sich die Haare.
Während er Wein einschenkte, überlegte Anna, ob sie von dem Zwischenfall mit Wollheim erzählen sollte. Aber was nützte das? Als Kunden würden sie ihn damit nicht zurückgewinnen, und dem alten Herrn hätte sie den Abend verdorben. Also sagte sie nichts. Stattdessen griff sie in die Tasche unter ihren Röcken und zog ein Stoffpäckchen heraus, das sorgfältig mit einem Bindfaden verschnürt war.
»Könnt Ihr Euch erinnern? Ich habe eine Flasche von Feminisâ Aqua mirabilis fallen lassen. Neulich, bei dem groÃen Gewitter. Und weil es so schön duftete, habe ich ein paar Scherben behalten.«
Sie hätte wirklich schon viel früher ihr damaliges Missgeschick beichten sollen, aber zu ihrer groÃen Erleichterung sagte Dalmonte nichts. Er hatte die Scherben auf dem Teller damals wahrscheinlich weggeworfen und die Flasche ersetzen können. Nach allem, was dann passiert war, hatte er sicher nicht mehr daran gedacht. Auch jetzt erwähnte er sie nicht mehr, sondern wartete, dass sie weitersprach. Also erzählte sie von ihrem Besuch in der StraÃe Obenmarspforten, von Farina und dessen Ladendiener, und weil sie nun schon dabei war, auch von Tilmans Beobachtungen und um was sie ihn gebeten hatte. Dann langte sie ein zweites Mal in ihre Posche und holte die dunkelgrüne Rosoli mit Farinas Aqua mirabilis hervor.
»Ich habe Euch doch richtig verstanden, dass Farina zwei Gründe gehabt hätte, Johanna Catharina â¦Â« Sie stockte, suchte nach dem richtigen Wort.
»â¦Â zu beseitigen. Falls er überhaupt etwas mit ihrem Tod zu tun hat«, beeilte sie sich hinzuzufügen. An diesen ungeheuerlichen Gedanken konnte sie sich noch immer nicht gewöhnen. Dennoch spann sie ihre Ãberlegung weiter.
»Zum einen, weil er der einzige Hersteller von Aqua mirabilis in Köln sein will. Und zum anderen, weil er sagt, sein Aqua mirabilis sei einzigartig und habe nichts mit dem von Feminis gemein. Aber â¦Â«
Anna öffnete vorsichtig die schmale Flasche von Farina und roch daran. Dann hielt sie sich das Stoffbündel unter die Nase.
»â¦Â ich merke keinen Unterschied.«
Das Linnen hatte das Odeur aufgesaugt wie ein Schwamm. Noch immer duftete es überraschend intensiv. In der kleinen Schublade in ihrem Zimmer hatte es fast nichts von seinem Aroma verloren. Sie reichte Herrn Dalmonte und seiner Frau die Flasche und das Stoffpäckchen.
Reihum rochen sie daran, zweimal, dreimal. Frau Gertrude träufelte sich einen Tropfen von Farinas Wasser auf die Hand und kostete. Sie bestätigte Annas Vermutung.
»Ich kenne Feminisâ Wasser, man könnte tatsächlich meinen, die beiden seien gleich.«
»Wenn Cettini herausbekommen hatte, dass beide Rezepte identisch sind oder nur unbedeutend voneinander abweichen, hatte Farina Grund, ihn zu fürchten«, sagte Anna.
»Aber wie sollen wir es ihm nachweisen?«, fragte Dalmonte. Niemand antwortete. Anna verschloss die schmale Rosoli wieder.
»Stimmt es, dass das Wasser bei allen möglichen Krankheiten hilft?«, fragte sie skeptisch.
»Seit meine Cousine es nimmt, hat sie keine Kopfschmerzen mehr«, meinte Frau Gertrude.
»Ich werde es morgen
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