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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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munden« kam ihnen immer freundlich über die Lippen, und die Gäste dankten es ihnen. Es waren hübsche Bedienerinnen, und Anna entgingen nicht die Blicke der Herren, die ihnen wohlwollend folgten, wenn sie zur Küche zurückkehrten. Von Merzen war keine Ausnahme. Auch schien er ein häufiger Gast zu sein, denn er tat vertraut mit dem Mädchen, das ihnen aufwartete. Anna war sich nicht sicher, ob es sie störte. Sie beschloss, so zu tun, als bemerke sie es nicht.
    In dem gedämpften Kaffeehauslicht bemerkte sie Walter Wollheim erst, als er schon an ihrem Tisch stand.
    Â»Mademoiselle«, sagte er, verneigte sich vor ihr und wollte sich gerade von Merzen zuwenden, als er stutzte und sich wieder zu ihr drehte. Jetzt hatte er sie erkannt, seine Lider begannen zu flackern. »Mademoiselle Anna«, murmelte er noch einmal, unsicher. Er vergaß, dass er mit von Merzen reden wollte, bedachte ihn kaum mehr mit einem Gruß und verschwand hinter der Säule, die den Raum unterteilte.
    Â»Es tut mir leid, dass ich mit meiner Anwesenheit Kaufmann Wollheim vertrieben habe. Er wollte wahrscheinlich mit Euch sprechen.«
    Warum war Johanna jetzt nicht hier? Was würde Wollheim jetzt von ihr denken? Auch von Merzen hatte sich steif aufgerichtet. Seine Haltung berührte Anna unangenehm. Die gelöste Stimmung zwischen ihnen war gestört. Von Merzen schaute angestrengt durch den Raum und vermied ihren Blick.
    Anna suchte nach einer Erklärung für das überraschende Verhalten des Kaufmanns. »Es war ihm unangenehm, mich zu sehen. Wo er doch gerade die Zusammenarbeit mit Herrn Dalmonte beendet hat.«
    Â»Hat er das?«
    Â»Ihr habt nicht davon gehört?«
    Â»Nein.«
    Â»Vielleicht wollte er mit Euch über Eure Lieferbedingungen reden, er braucht ja einen neuen Spediteur. Das geht natürlich schlecht, wenn ich dabei bin. Ich schade Eurem Geschäft.« Sie versuchte, ihrer Stimme einen Ton des Bedauerns zu geben. Es gelang ihr nicht. Nicht in diesem Fall.
    Von Merzen winkte einen Pagen heran und ließ sich Feuer für seine Pfeife geben. Beim ersten Zug hustete er, dann entspannte er sich.
    Â»Nach Noithuven also auch Wollheim …«, sagte von Merzen. Es war eine Feststellung.
    Â»Die vielen Diebstähle und der Überfall auf Cettini. Die Leute haben Angst«, bestätigte Anna.
    Von Merzen stieß kleine runde Rauchwölkchen aus, in der Mitte hatten sie ein Loch. Anna beobachtete, wie die Kringel lautlos nach oben schwebten, ihre Form veränderten und sich dann allmählich auflösten. Als Kind war sie an ihrem Vater hochgesprungen oder auf seinen Schoß geklettert, um nach ihnen zu haschen. Es war ein wundervolles Spiel, von dem sie nie genug bekommen konnte, obwohl die zarten Gebilde ihr immer zwischen den Fingern zerstoben, kaum dass sie glaubte, eines erwischt zu haben.
    Â»Die Zeiten sind schwierig. Es gibt kaum einen Spediteur, der nicht schon mal bestohlen worden ist«, vermutete von Merzen. »Farina ist es neulich passiert und mir auch.«
    Anna war verdutzt. Das Letztere war ihr neu.
    Â»Ich wollte nicht darüber reden«, sagte von Merzen.
    Â»Und was ist Euch weggekommen?«
    Bevor von Merzen antworten konnte, brach am Nebentisch ein fröhliches Gelächter aus, und die meisten Kaffeehausbesucher blickten in die Richtung, aus der der Lärm kam, neugierig, was die Ursache der Heiterkeit gewesen sein mochte. Auch von Merzen und Anna drehten sich um. Anna war sogar froh über die Unterbrechung, das Gespräch war plötzlich so ernst geworden.
    Â»Ach, Anna, ich darf doch Anna sagen …?«
    Auch von Merzens Stimme klang wieder fröhlicher als nach Wollheims Auftauchen. Er streichelte kaum merklich ihre rechte Hand. »Sprechen wir nicht über die hässlichen Dinge des Lebens! Dazu sind wir nicht hierhergekommen.«
    Â»Ich glaube, ich möchte gehen.«
    Anna entzog dem Spediteur ihre Hand. Sie hatten lange genug hier gesessen. Die fettige Schokolade und das Mandelkonfekt, zu dem er sie gar nicht lange hatte überreden müssen, lagen ihr im Magen, der Gaumen war wie von einem klebrigen Schleim überzogen. Sie hatte das dringende Bedürfnis nach einem deftigen Schwarzbrot mit Schinken oder Rührei. Außerdem war morgen schon wieder Montag, Janne-Tag, und sie hatte noch einiges zu erledigen.
    Â»Ich werde Euch die Kutsche schicken. Dann braucht Ihr nicht so früh aufzubrechen«,

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