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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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beschwören. Sie liefen schnell, immer hin und her. Wahrscheinlich, um möglichst viel wegzuschaffen. Sehen konnte ich sie nicht.«
    Dalmonte atmete hörbar. Ein vollbeladenes Schiff, und das war die Samoureuse von Pieter Meesters, ließ sich nicht so einfach in ein oder zwei Stunden löschen – ausräumen, sollte er in diesem Fall wohl besser sagen –, schon gar nicht von nur zwei Männern. Fässer waren aufgebrochen und oberflächlich durchsucht worden. Aber mit Erleichterung hatten er und Annas Vater bei einer ersten schnellen Überprüfung festgestellt, dass tatsächlich nicht allzu viel verschwunden war. Die Sache an sich aber war schlimm, in Windeseile würde sich der Überfall in der ganzen Stadt herumsprechen. Der Schaden war mit Geld nicht wiedergutzumachen.
    Und dann war da auch der Tod von Moritz.
    Nachdem Tilman mit der Schreckensnachricht hereingeplatzt war, dass jemand zu ungewohnter Stunde Ware von Bord der »Henrietta« schaffe, waren Dalmontes Knechte, mit Eisenstangen bewaffnet, sofort zum Hafen gerannt. Zuerst habe es ein Riesenpalaver mit den Wachen an der Pforte gegeben, die eine Ewigkeit gebraucht hätten, bis sie verstanden, was passiert war, und sie endlich durchließen. Am Schiff angelangt, waren die Lumpenkerle natürlich schon längst über alle Berge.
    Matthias und Severin berichteten wild durcheinander, Simon Kall hatte Mühe, ihnen zu folgen, und musste immer wieder nachfragen.
    Als Pieter Meesters mit Dalmonte, der nicht mehr so schnell laufen konnte, nachgekommen war, hatten die Knechte die beiden Schiffsgesellen aus ihrer schlimmen Lage befreit. Dann fiel ihnen der Junge ein.
    Sie durchsuchten alles, vom Heck bis zum Bug, wo Moritz unter freiem Himmel geschlafen haben musste, denn sie fanden die Decke, die Anna noch aus der Truhe im Roof geholt hatte. Von ihm selbst keine Spur. Dem Spediteur wurde schwindlig. Was, wenn er sich wie bei dem ersten Giovanni, den er aus unverbesserlicher Gutmütigkeit ins Haus genommen hatte, auch in diesem Jungen getäuscht haben sollte? Was, wenn Moritz mit den Halunken unter einer Decke steckte? Es würde so manches erklären. Zum Beispiel, dass die unbekannten Diebe so leicht in seinen Lagerraum eindringen konnten und anscheinend immer genau über Ankunft und Abfahrt seiner Frachttransporte Bescheid wussten.
    Börtschiffer von der Trankgasse brachten Moritz am frühen Morgen. Als sie kurz nach Sonnenaufgang zu ihrer täglichen Fahrt nach Düsseldorf aufbrechen wollten, fischten sie den schmächtigen Körper aus dem Wasser. Er hatte sich zwischen Treibholz, Abfall, Seilen und dem Tau eines Ankers verfangen.
    Â»Vielleicht hat er versucht, sich ihnen in den Weg zu stellen, und sie haben kurzen Prozess mit ihm gemacht«, sagte Matthias.
    Die Köchin schluchzte. »Das sieht ihm ähnlich, naseweis und vorlaut, wie er war. Aber so tapfer! Der kleine Kerl.« Sie heulte laut auf und schnäuzte sich ins Sacktuch.
    Â»Es ist meine Schuld«, sagte Anna. Sie wisperte, man konnte sie kaum verstehen. »Wenn ich ihm nicht erlaubt hätte, an Bord zu bleiben …«
    Ihr Vater streichelte ihr unbeholfen übers Haar.
    Â»Nein, es ist nicht deine Schuld, ich hab’s doch auch erlaubt«, versuchte er sie zu trösten. Es half nichts. Anna zitterte am ganzen Körper. Nasskalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. Ich darf nicht umkippen! Ich darf nicht, ich darf nicht. Sie lehnte den Kopf an die Schultern ihres Vaters. Johanna brachte ihr einen heißen Aufguss.
    Â»Kamille hilft immer«, hörte sie die Köchin wie durch fünf Lagen Stoff hindurch sagen, auch die Stimmen der anderen waren weit weg. Sie trank. Schluck für Schluck. Langsam ließ das Rauschen in ihrem Kopf nach. Bonifaz nahm sie als Ersten wieder wahr.
    Â»Wo haben sie die Waren hingebracht, die sie gestohlen haben? Sie können doch damit nicht mitten in der Nacht durchs Tor gekommen sein.«
    Â»Keine Ahnung«, antwortete Matthias. »Wir haben uns zuerst um Jan und Willem gekümmert. Sie müssen die Sachen irgendwo versteckt haben …«
    Â»â€¦Â oder sie klammheimlich durch irgendein unvergittertes Fenster in der Mauer einem sauberen Konsorten übergeben haben«, ergänzte Severin.
    Â»Einer von den Halunken sah aus wie der lange Kerl, der beim Überfall auf den Journalschreiber mit dabei war.« Keiner hatte mehr auf Tilman geachtet, der

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