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Finale auf Föhr

Finale auf Föhr

Titel: Finale auf Föhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin dodenhoeft
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musste. Oder als sie vor der Frage gestanden hatte, ob sie den Verlag ihres Vaters weiterführen sollte oder nicht. In diesem Augenblick entschied sie sich für einen der erprobten klugen Wege: den Liebesbeweis. Sie beschleunigte ihren Schritt, drehte sich um und stellte sich vor ihn, sodass er nicht weitergehen konnte, reckte sich auf die Zehenspitzen, küsste ihn auf die Nase und sagte einfach: »Ich liebe dich. Erst recht, wenn du mich ärgern willst. Es wird dir sowieso nicht gelingen.«
    Erst zögernd, dann innig schloss Carl die Arme um seine Frau. Sie fühlte sich gut an, ein wenig kühl an den Oberarmen – es war ja doch noch recht frisch heute Morgen – aber gut. Immer noch, immer wieder. Wer konnte da widerstehen?

»Matsche-Platsche-Mann lieb!«
    Über den Kopf seiner Frau hinweg bemerkte Carl in weiter Ferne eine Schar Möwen, die um irgendetwas herumflatterten, immer wieder aufflogen und niederstießen, dort offenbar an irgendetwas pickten und rissen. Hier ein Felsen, an dem sich Krebse sammelten, ein gefundenes Fressen für Möwen? Er konnte sich nicht erinnern, im letzten Jahr hier Felsen gesehen zu haben, aber die See arbeitete ja unermüdlich an der Veränderung der Landschaft. Vielleicht ein Haufen Steine, Steine für die Föhrer Gartenmauern!
    Er erinnerte sich an die unerfreuliche Begegnung mit einer Frau, die im Watt große Steine gesammelt hatte. Er und sein Sohn Alex hatten im vergangenen Sommer unwissentlich einen ihrer mühsam gesammelten, kostbaren Steine genommen und in den nächsten Priel geworfen. Wie eine Furie war die Frau über sie hergefallen. Er und Alex hatten sich unter lahmen Entschuldigungen verzogen. Sein Verhalten: Alles andere als souverän! Darüber hatte er sich tatsächlich geärgert, weniger über die dumme Kuh, die völlig unangemessen auf die kindlichen Vergnügungen der beiden reagiert hatte.
    Plötzlich blockierte etwas seinen Weg. Er schlug der Länge nach auf das noch feuchte Watt, dass es klatschte. Mit einem lauten Fluch stemmte er sich auf. Die linke Schulter schmerzte teuflisch. Hose und Shirt waren seitlich klatschnass. Na super. Wenigstens hatte er geistesgegenwärtig die Kamera vor dem Nasswerden gerettet.
    Die Kleine, über die er gestolpert war, eine niedliche rotblonde Göre von vielleicht fünf Jahren, stand nun einen Meter entfernt und sah ihn ernst an. »So was sagt man aber nicht!« bemerkte sie. Altkluger Tonfall. Das reizte ihn.
    »Und du kannst hier nicht einfach stehen bleiben, dass die Leute über dich fallen müssen!« fuhr er sie heftig an. Im selben Moment tat sie ihm leid. Kinder sind doch Kinder. Über seine eigene Ungeschicklichkeit hatten sich Olga-Carina und Meta-Sabrina, seine Schwestern, schon vor 35 Jahren ständig lustig gemacht. Aber er hatte es ihnen heimgezahlt, mit Fröschen und Spinnen im Bett und anderen kleinen Scherzen.
    Die Kleine machte sich offenbar nichts aus seinem Schimpfen. Gott sei Dank. Sie schien in sich selbst zu ruhen. Eine Persönlichkeit, schon jetzt. »Bist du auch so ein böser Mann wie der Schiff-Mann?« fragte sie ihn in ernsthaftem Ton.
    »Wer ist denn der Schiff-Mann?«
    In diesem Moment traten ein Mann und eine Frau hinzu, sichtlich die Eltern. Alter vielleicht Ende zwanzig, Anfang dreißig, der Mann ein mittelgroßer, durchschnittlicher Typ mit dunklen Haaren und Brille, die Frau, gekleidet in ein weißes, kurzes Sommerkleid mit schmalen Trägern, eine wahrhaftige Schönheit! Carl fielen nur die völlig aus der Mode gekommenen Begriffe grazil und ätherisch ein. Sie war etwas kleiner als ihr Mann, schlank, hatte ein schmales Gesicht, leicht gebräunt, grüne Augen. Vor allem: lange rotblonde Haare, genau wie die Tochter. Und kleine Füße. Deren Größe und Form interessierten Carl mehr als andere weibliche Attribute. Unwillkürlich sah er auf die eigenen großen und leider etwas plump geratenen Füße hinunter. Nicht laufstegkompatibel, aber noch im Limit, Standardgröße, pflegte er sich zu beruhigen. Außerdem kommt es ja nur auf die inneren Werte an. Allerdings begann er an dieser oft bemühten Lebensweisheit zu zweifeln. Wesentlichen Teilen der Damenwelt schien mehr am Äußeren gelegen.
    »He is not like the Schiff-Mann«, sagte die Kleine zu ihrer Mutter.
    Der Vater sprach ihn an: »Entschuldigen Sie bitte. Ich hoffe, Sie haben sich nichts getan? Unsere Catherine ist ein richtiger Hans-guck-in-die-Luft. Man muss immer aufpassen, wem sie als Nächstem vor die Füße läuft. Sie ist wirklich sehr

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