Finale auf Föhr
immer noch gelassen. Sein Blick blieb auf den Tisch vor sich gerichtet. »Ich bin an dem Tag am frühen Abend mit meinem Motorboot rausgefahren. Das mache ich öfter. Dafür gibt es jede Menge Zeugen. In der Nacht bin ich am Anleger bei Utersum angekommen. Von da bin ich nach Hause gegangen, in Utersum. Ich nehme öfter das Boot, um nach Wyk zu kommen. Wenn die Gezeiten das gerade zulassen. Und das ist alles.«
»So, das ist also alles«, wiederholte Seyfried spöttisch. »Ich bin da ganz anderer Meinung. Erzählen Sie uns doch bitte, Herr Petersen, warum Sie am 2. August gegen achtzehn Uhr auf der Yacht der Familie Siewering waren und worum es in Ihrem Streit mit Hermann Siewering ging. Und lassen Sie nichts aus. Uhrzeit und Tatsache der Auseinandersetzung sind bekannt und bezeugt. Also bitte!«
Petersen hob den Kopf, sah den Kommissar an. »Den Streit hat’s gegeben. Aber der hat mit dem Tod des Mannes nichts zu tun. Ich sag’s Ihnen trotzdem. Mein Boot lag neben seinem. Er hat mich beleidigt. Der Mann war nichts anderes als ein arrogantes Arschloch, tut mir leid. Und weil Sie das ja sowieso bald wissen werden: Seine Yacht, das war mal mehr oder weniger meine. Besser gesagt, sie gehörte meinem Schwiegervater, der sie meiner Frau und mir überlassen hatte und vererben wollte. Ist allerdings schon ziemlich lange her. Siewering hat in den siebziger Jahren Reederei und Schiffbaubetrieb meines Schwiegervaters übernommen, und dazu gehörte auch die Yacht. Die hatte mein Schwiegervater noch selbst gebaut.«
Asmussen sah ihn an. Hier deutete sich ein Motiv an. Petersen musste sich seiner Sache sicher sein, wenn er das von sich aus verriet.
Seyfried hatte das natürlich erkannt. »Sieh einer an. Da hätten Sie doch ein erstklassiges Motiv, sich an dem Mann zu rächen. Wie wäre es damit: Er hat Ihnen, Ihrer Familie quasi Ihr Eigentum weggenommen, vielleicht auch noch den Stolz. Dann liegt die schöne alte Yacht direkt neben Ihrer kleinen, schäbigen Nuckelpinne. Im Grunde ist das ja Ihr Schiff, so empfinden Sie. Ein Anblick, den Sie nicht ertragen können, weil er Ihnen Ihr eigenes klägliches Dasein ständig vor Augen führt. Der erfolgreiche Reeder ist Ihnen entsprechend verhasst. Sie streiten miteinander, ziemlich heftig, und wahrscheinlich nicht zum ersten Mal. Das werden wir überprüfen, verlassen Sie sich darauf! Vielleicht werden Sie provoziert, immer wieder. Irgendwann muss Ihnen der Kragen platzen. Und irgendwann, das ist der 2. August! Der Sohn mischt sich auch noch ein. Sie werden von der Yacht geworfen, gedemütigt, lächerlich gemacht. Und noch eines. Sie wissen, dass die Reederei Siewering in Übernahmeverhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber steht. Das heißt, Sie werden demnächst Angestellter der Siewerings sein und wahrscheinlich als Erster entlassen, so wie Sie sich ihnen gegenüber verhalten haben. Also handeln Sie! Es gibt schlechtere Motive als Ihres, dem Mann und vielleicht auch noch seinem Sohn den Tod zu wünschen oder ihn selbst herbeizuführen.«
Asmussen stimmte innerlich zu. Zumal Petersen als notorischer, unbeherrschter Streithansel galt.
»Quatsch, totaler Blödsinn«, fuhr Petersen auf. »Glauben Sie, dass ich mich ernsthaft über diesen Freizeitskipper aufregen könnte? Der kriegt ... der kriegte nicht mal ein sauberes Anlegemanöver hin, vielleicht schauen Sie sich mal die Yacht an. Reparaturstellen die Menge, wo der feine Herr oder sein Sohn, auch nicht besser, mal wieder am Kai entlanggeschrammt sind. Darüber könnte ich mich aufregen. Darüber würde sich jeder Seemann aufregen. Und darum ging es auch in dem Streit. Und Ihr wunderbares Motiv, das können Sie gleich vergessen. Bevor ein Siewering mein Chef wird, schmeiß ich den Bettel hin. Die brauchen mir nicht zu kündigen. Ich bin schneller weg, als Sie Papp sagen können. Ich hab genug gespart, um in den Ruhestand zu gehen. Wenn das nicht reicht, fahr ich eben noch Container oder mach den Wattführer.«
Kohlmann mischte sich ein, mit geübter sanfter Stimme. »Erklären Sie uns doch bitte, worum genau es in der Auseinandersetzung ging. Damit wir es besser verstehen.«
Petersen beruhigte sich, fuhr fort: »Also, Siewering war an Deck. Der hat wohl gesehen, dass ich auf meinem Boot zugange war. Er hat rübergerufen und sich über mein Boot lustig gemacht. Nun, es ist ein kleines Boot, nichts Besonderes. Aber es tut seinen Dienst, genauso wie all die Luxuskähne, die da sonst noch liegen. Ich habe ihn nur aufgefordert, erst mal
Weitere Kostenlose Bücher