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Finale auf Föhr

Finale auf Föhr

Titel: Finale auf Föhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin dodenhoeft
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Asmussen war inzwischen herangekommen, er hatte wohl nichts gefunden. Sie drückte die schmale Türklinke hinunter. Die Schuppentür war ebenfalls nicht verschlossen. Sie räusperte sich, rief dann: »Herr Petersen, sind Sie hier? Wir möchten mit Ihnen sprechen! Ina Meyer, Polizei Wyk!« Kein Laut. Der Schuppen lag halb im Dunkeln, das Licht fiel nur spärlich durch die kleinen, staubigen Fenster. Sie betrat vorsichtig den Raum, in dessen Mitte zwei große Tische und eine Kreissäge standen. Der Fußboden war stellenweise mit Sägemehl bedeckt. In verschiedenen großen Regalen befanden sich zahlreiche verstaubte Schiffsmodelle in verschiedenen Größen, dann Werkzeuge, Farbeimer, Farbdosen und Pinsel. Es roch intensiv nach Holz und Farbe.
    Auch hier keine Spur von dem Fährkapitän. Hinten im Schuppen entdeckte sie eine Tür und öffnete sie vorsichtig, aufmerksam sichernd und unter dem wachsamen Auge ihres Chefs. Der Raum dahinter war völlig dunkel. Sie ging einen Schritt hinein, um einen Lichtschalter zu suchen, stieß an etwas Weiches. Unwillkürlich fasste sie mit den Händen danach und tastete es vorsichtig ab. Es waren zwei Beine, die von oben herabhingen. Ina schrie auf, stieß die Beine von sich und prallte zurück, gegen Asmussen, der ebenfalls hereingekommen war.
    »Er ... er hängt da, glaube ich, er hat sich aufgehängt, da sind seine Beine«, keuchte sie.
    Asmussen schob sie beiseite, umfasste die Beine und hob den herabhängenden Körper nach oben. »Los, suchen Sie den Lichtschalter und irgendetwas zum Draufsteigen, wir müssen ihn abschneiden. Vielleicht ist es noch nicht zu spät!«, forderte er sie auf.
    Ina fand schließlich rechts neben der Tür einen altmodischen Drehschalter und knipste das Licht an, eine alte, trübe Funzel, die den kleinen Abstellraum nur spärlich beleuchtete.
    Jan-Willem Petersen hatte sich aufgehängt, es war kein Leben mehr in ihm. Ina wäre am liebsten hinausgelaufen. Sie brauchte frische Luft, fühlte Tränen aufsteigen. Aber Asmussen hatte gesagt, sie solle ihn abschneiden. Neben dem Toten lag ein umgeworfener Stuhl. Sie richtete ihn auf, stieg mit wackligen Knien darauf und schnitt mit ihrem Taschenmesser den Strick durch. Direkt neben ihrem Gesicht war das Gesicht des Toten, verfärbt, die Zunge hing heraus. Ina war froh, als der grauenvolle Moment vorbei war und Asmussen den Toten in den Hauptraum der Hütte getragen hatte. Wiederbelebungsversuche waren sinnlos. Der Körper war schon erkaltet. Sie waren zu spät gekommen.
    Sie zitterte und schluchzte. Petersen war ihr erster Toter. »Frau Meyer, beherrschen Sie sich bitte!«, mahnte der Vorgesetzte. Aber das half nichts. Schließlich nahm Asmussen sie – vorsichtig – in den Arm. Ina drückte sich unwillkürlich an ihn und barg den Kopf an seinem Hals. Schließlich beruhigte sie sich. Der Chef roch eigentlich ganz gut. Die Situation begann ihr sogar ein ganz klein wenig zu gefallen – aber schnell fiel ihr der Tote zu ihren Füßen wieder ein.
    Asmussen strich ihr leicht über das Haar. »Der erste Tote ist für alle schlimm. Geht es wieder?«, fragte er behutsam.
    »Ja, danke. Tut mir leid«, erwiderte Ina und löste sich von ihm. »Was machen wir denn jetzt?«
    »Rufen Sie in der Station an. Lohns soll das Nötige veranlassen.« Ja, das war richtig. Sollten jetzt die anderen was tun. Sie hatte erstmal genug von diesem Fall.
    Petersen hatte sich ihnen entzogen. Er war dorthin gegangen, wo seine Frau und seine Tochter schon waren. Der Fall Siewering würde zu den Akten gelegt werden. Und sie würden vielleicht nie erfahren, wie es genau abgelaufen war, was dieser Mann genau getan hatte und warum.

Das Testament
    Sie saßen an ihrem Küchentisch, vor sich den unfrankierten, unadressierten Briefumschlag und das Schreiben, den letzten Willen ihres alten Freundes. Sie waren schließlich die einzigen Menschen, denen er vertraut hatte. Das wussten sie, und dieses Wissen verpflichtete.
    Der Tee war kalt geworden. Der Mann rührte blicklos und gedankenverloren in der halb vollen Tasse. »Hör endlich auf damit!«, herrschte die Frau ihn an. »Wir hätten ihn in dieser Situation einfach nicht allein lassen dürfen.«
    »Was hätten wir denn tun sollen?«, sagte der Mann. »Glaubst du, er hätte sich bei uns auf Dauer einquartiert und wir hätten ihn wer weiß wie lange vor der Polizei verstecken können? Er hätte sich stellen müssen. Was wäre ihm schon passiert? Vielleicht hätten sie ihn nicht mal ins Gefängnis

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