Finale auf Föhr
bei Franz Branntwein herausgefunden hatte. Damit hatten sie nicht nur ein Motiv, sondern gleich zwei: Petersen hatte Siewering für den Tod sowohl seiner Eltern als auch seiner Frau und Tochter verantwortlich gemacht. Dazu kam noch der Verdacht, dass Petersen die Übernahme der Feringer Inselreederei durch die Reederei Siewering verhindern wollte. Das Bild war komplett. Seyfried ordnete an, Petersen umgehend festzunehmen.
Asmussen setzte alle seine Leute zur Suche ein, auch die der Freischicht. Sie teilten die Insel unter sich auf. Die Wasserschutzpolizei übernahm die Suche auf See. Petersen konnte sich gut mit einem Boot abgesetzt haben. Die Kollegen auf den Inseln und auf dem Festland wurden alarmiert. Es gab allerdings nur wenig Anhaltspunkte, wohin er sich gewendet haben konnte, falls er tatsächlich auf dem Festland sein sollte. Da er ohne nahe Angehörige war, kamen seine Cousine in einem Dorf bei Eckernförde oder seine ehemaligen Wohnorte in Hamburg und Reppenstedt bei Lüneburg in Frage. Vielleicht hatte er dort noch Freunde oder zumindest Bekannte, die ihn aufnehmen würden.
Bei ihm zu Hause nahm niemand den Telefonhörer ab. Sein Mobiltelefon ließ sich nicht erreichen, war offenbar ausgeschaltet. Petersen sei heute Morgen nicht zum Dienst erschienen, teilte eine Mitarbeiterin der Reederei am Telefon mit. Er sei auch nicht an Bord eines der Fährschiffe gesehen worden.
Das hatten sie schon mal erlebt. Petersen tauchte auf und verschwand, wie es ihm beliebte, und niemand wusste, wo er war! Sie schwärmten aus. Peters nahm sich mit Wachter das Hafengebiet vor und würde anschließend die Kneipen und Restaurants in Wyk abklappern. Das Motorboot des Kapitäns lag immer noch an seinem Platz im Sportboothafen. Omme Tadsen hatte schnell festgestellt, dass auch kein anderes Boot aus dem Hafen fehlte oder vermisst wurde. In der kleinen Reparaturwerft hatte ihn niemand gesehen. Allerdings stand sein Auto, ein alter dunkelblauer PassatKombi, auf dem Parkplatz vor dem Bootsschuppen. Nur besagte das nichts. Petersen benutzte nach Tadsens Aussage im Sommer für seine Wege zwischen Dunsum und Wyk häufig den Seeweg oder das Fahrrad. Der Wagen stand dann mal hier, mal da, tagelang.
Niemand hatte ihn gesehen oder wusste, wo er sich aufhielt, geschweige denn dass jemand seine Absichten kannte. Selbst Ekke Knudsen und Franz Branntwein fiel nichts mehr ein. Achim Lohns wurde beauftragt, weiter auf der Insel herumzutelefonieren.
Asmussen winkte Ina Meyer zu sich. Sie würden noch mal zum Haus des Kapitäns in Utersum fahren und dort persönlich nachsehen. Wäre er nicht dort, würden sie sich Wattführer Hansen und seine Schwester intensiv vornehmen. Die einzigen wirklichen Vertrauenspersonen, die Petersen nach ihren bisherigen Recherchen auf Föhr hatte, könnten wissen, wo er sich aufhielt, und würden dies zur Not auch unter Druck preisgeben müssen.
Föhr war eben doch nicht so klein, man konnte sich mühelos tagelang verstecken, erst recht natürlich, wenn jemand half. Aber so ein Versteckspiel passte eigentlich nicht zu dem Psychogramm des Kapitäns. Jan-Willem Petersen war einer, der den Stier bei den Hörnern packte, nicht einer, der sich in einem Mauseloch verkroch. Oder ... Asmussen sprach es aus: Oder er hatte sich umgebracht, sich der Verhaftung entzogen. Vielleicht trieb seine Leiche schon irgendwo in der Nordsee, während sie hier die ganze Insel auf den Kopf stellten ...
Schreckliche Entdeckung
Sie fuhren auf der Rundföhrstraße über Nieblum, Goting, Borgsum nach Utersum. Das Zentrum von Nieblum war wie üblich an solchen Tagen sehr belebt. Vor dem beliebten »Eisdänen« hatte sich mal wieder draußen eine Schlange gebildet, kichernde Mädchen saßen mit großen Eiswaffeln in der Hand auf einer Bank an der Straße. Urlauber stöberten in den diversen kleinen Läden. Und dann die Autos, die wegen des groben Kopfsteinpflasters und der vielen Menschen, die von den schmalen Bürgersteigen auf die Straße auswichen, den Ort nur im Schritttempo durchquerten. Asmussen hupte, als ein unachtsamer Radfahrer auf Höhe der Sparkasse ohne Rücksicht auf den Verkehr und ohne Handzeichen direkt vor ihm die Straße überquerte. Der Radfahrer, ein älterer Mann in kurzen Hosen und ohne Fahrradhelm, blieb am Rand der Straße stehen. Asmussen fuhr an ihm vorbei.
»Sollen wir nicht anhalten und ihn verwarnen?«, fragte Ina.
»Er hat Glück gehabt, dass wir etwas Wichtigeres vorhaben«, antwortete Asmussen, der
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