Finale Mosel
Tiefenbach.«
»Um was ging es?«
»Kehlheim und besonders Tiefenbach haben sich über den störenden Lärm der Grabungsarbeiten beschwert und Muth auf der anderen Seite darüber, dass ihm die Opernleute in die Grabung gepinkelt hätten. Schlimmer als im Kindergarten!«
»Konnten Sie schlichten?«
»Warum sollten wir schlichten? Beide Seiten konnten froh sein, dass Sie von uns die Erlaubnis hatten, überhaupt im Amphitheater sein zu dürfen. So was war früher unvorstellbar. Hier gibt es Konzerte aller Art, die antiken Stätten werden nicht nur konserviert, sondern auch genutzt. Darüber sollten sich doch alle Beteiligten freuen. Und was passiert? Der eine reißt mir Wege auf, wo er nie und nimmer hätte graben dürfen, die Anlieger überziehen uns mit Klagen wegen Lärmbelästigung, weil die Oper nicht pünktlich um dreiundzwanzig Uhr endet. Und dann bringen sie sich auch noch gegenseitig um. Ich dachte, die Zeit der Gemetzel an diesem Ort wäre längst vorbei!«
»Sie meinen …?«
»Irgendwer hat doch den Tiefenbach auf dem Gewissen? Und da liegt doch der Verdacht nahe.« Blumfeld holte tief Luft. »Also, ich will mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Wenn Dr. Muth da gelegen hätte«, er deutete auf den Graben, in den der Bagger Erde einfüllte, »dann wäre mein erster Gedanke gewesen, dass da jemand von den Opernleuten dahinter steckt. Aber damit müssen Sie sich beschäftigen.«
»Was geschieht mit der Grabung?«
»Das Sommercamp ist schon vor einer Woche zu Ende gegangen, und zeitgleich ist auch Dr. Muths Grabungsgenehmigung abgelaufen. Eigentlich hätte er alles wieder in aufgefülltem Zustand übergeben müssen, aber Sie sehen ja.« Er schwenkte den Arm über die Gräben, winkte dem Baggerfahrer zu und rief, als dieser seine Ohrschützer lupfte: »Verdichten! Denken Sie ans Verdichten!«
»Seit dem Goldschatz von der Schwesternklinik ist hier in Trier nichts Außergewöhnliches mehr gelaufen. Alle gieren nach der nächsten Sensation. Und manche glauben wohl, die Welt würde das von Trier erwarten. Auch der Dr. Muth denkt so. Der ist total mediengeil und hat immer schon versucht, aus den kleinsten Funden eine Sensation zu stricken. Die Grabfunde, die Muth da als angeblichen Gladiatorenfriedhof verkaufen wollte, stammen womöglich aus einer Belagerung Triers um 353 n. Chr., und die tierischen Knochen sind zumeist von Pferden und Maultieren. Die hatten auch rein gar nichts mit Gladiatorenkämpfen zu tun. Vieles spricht dafür, dass hier das Schlachthaus eines Metzgers stand, der sich auf die Verwertung von altersschwachen oder verletzten Gäule spezialisiert hat. Es finden sich auch Hundeknochen.«
»Und was ist mit den abgetrennten Gliedmaßen bei zwei der Toten?«
»Ach was, von Abtrennung kann keine Rede sein. Die Fußknochen sind durch die aggressive Beschaffenheit des Bodens an dieser Stelle abgefault, was ebenfalls zum Teil mit den Rippen und Beckenknochen geschehen ist. So einfach ist das. Muth hat die Unkenntnis der Studenten ausgenutzt und sie teils unter unverantwortlichen Bedingungen schuften lassen. Und was dann abends so abging, war auch nicht …« Er brach ab, weil Waldes Telefon klingelte.
»Entschuldigen Sie.« Walde zog das Handy aus seiner Hosentasche.
»Papa, du musst kommen!«
Walde hatte im selben Moment das Bild einer am Boden liegenden schwangeren Doris vor Augen, neben ihr Annika, die um Hilfe rief.
»Was ist passiert?« Walde spürte, wie seine Stimme flatterte.
»Im Kindergarten, da sind Verbrecher …«
»Wo sind sie?«
»Weg.«
»Meinst du Einbrecher?«
Sie schwieg. Wahrscheinlich nickte sie.
»Herr Bock, entschuldigen Sie die Störung«, nun war eine Frau am Telefon, »Ihre Tochter wollte Sie unbedingt informieren, dass heute Nacht hier eingebrochen worden ist.«
»Danke, wenn es sich einrichten lässt, komme ich vorbei.«
»Sorry«, wendete sich Walde wieder Blumfeld zu. »Sie waren dabei stehen geblieben, was hier abends abging.«
»Na ja«, Blumfeld räusperte sich. »Das sind junge Leute, die auch gerne mal gefeiert haben. Und Muth war immer mittendrin.«
»Sein Wohnmobil soll manchmal nachts hier im Amphitheater gestanden haben.«
»Ja, das haben wir auch erst später erfahren. Aber der Spuk ist ja nun vorüber. Er hat Hausverbot.«
*
»Wollen Sie mich nicht über meine Rechte aufklären?« Muth trank seinen Kaffee aus.
»Das ist bei einer Zeugenbefragung nicht nötig.« Grabbe nippte an seinem heißen Kaffee. Er fragte sich, ob sein
Weitere Kostenlose Bücher