Finale Mosel
die Leiterin telefonieren. Es schien sich um den Anruf eines besorgten Elternteils zu handeln, der Näheres zum Einbruch erfahren wollte.
Der Mann von der Versicherung nahm eine kleine Kamera aus seiner Jackentasche.
»Wenn die nicht bald geschnappt werden, wird das teuer, richtig teuer.« Er beugte sich nach unten und fotografierte das lädierte Türschloss. »Aber irgendwann hört die Geschichte von selbst auf.«
»Glauben Sie?« fragte Walde.
»Ja, denen wird das langweilig, und wenn die Bande nicht auffliegt, wendet sie sich anderen, lukrativeren Objekten zu.«
Im großen Garten gab es sonnige Plätze, auf denen Schaukeln und Klettergerüste im Sandbett standen und Grünflächen mit Bäumen, die fast so hoch waren wie die Mauern der dahinter aufragenden Krankenhausgebäude, die durch das dichte Blattwerk kaum mehr zu sehen waren. Walde ging um einen Hügel herum, der zu einer gelben Rutschbahn an der anderen Seite führte. Zwei Jungen stießen eine große Nestschaukel an, durch deren Geflecht zu erkennen war, dass ein Kind darin lag. Als sie Walde erblickten, stoppten sie die Schaukel und flüsterten miteinander.
»Na endlich!« Annikas Kopf tauchte über dem blau gepolsterten Rand auf.
»Was heißt na endlich? War ich nicht schnell genug?« Walde beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Das schien ihr unangenehm zu sein.
»Papa, wir sind jetzt die KiGaPo!«, sagte sie.
»Was ist denn das?«
»Das ist die Kindergartenpolizei«, antwortete einer der beiden Jungen, die deutlich älter als Annika waren.
»Und wer bist du?«, fragte Walde.
»Ich bin Jens und das ist Felix, wir gehen bald in die Schule.«
»Und mich kennst du ja schon«, ließ sich Annika hören, die es sich wieder im Korb gemütlich gemacht hatte. »Ich hab denen erzählt, du bist ein richtiger Polizist.«
»Bin ich«, sagte Walde, »ich habe mir die Türen im Kindergarten schon mal angesehen.«
»Und wir haben das da gefunden«, rief Jens und zeigte auf eine dünne Aluröhre, die im Sand neben der Schaukel lag.
»Interessant!« Walde ging in die Hocke. »Und wo hat das gelegen?«
»Da hinten.« Der Junge zeigte auf eine rosa blühende Hecke am Maschendrahtzaun. »Damit haben die bestimmt die Tür kaputt gemacht. Der Felix hat das Eisen angefasst. Da sind jetzt bestimmt auch seine Fingerabdrücke drauf.«
»Musste ich ja«, sagte der andere Junge.
»Gut, dass du mich darauf aufmerksam machst.« Walde besah sich das ungefähr zwanzig Zentimeter lange und höchstens zwei Zentimeter dicke Rohr. »Ich muss mal nachdenken.« Er legte die Hand an die Stirn.
»Kombinieren heißt das«, flüsterte Jens den beiden anderen zu.
Walde überlegte. Sollte er die Alustange fachgerecht sicherstellen? Oder machte er damit zu viel Wirbel und steigerte die Verunsicherung der Kinder?
Er nahm sein kleines Notizbuch heraus. Der Stift hatte sich aus der Schlaufe gelöst. Er fand ihn seltsamerweise in der gegenüberliegenden Tasche. Er notierte sich: ,KT und Meyer befragen.
»Wo hast du das Rohr angefasst?«, fragte er Felix.
Der Junge kniete sich neben das Rohr und zeigte auf ein Ende. Walde nahm es genau dort mit spitzen Fingern und schob es in seine Jackentasche. »Das habt ihr gut gemacht. Ich werde der Sache auf den Grund gehen.« Unbewusst war seine Stimme tiefer geworden.
»Schiebst du mich an?«, fragte Annika.
Die beiden Jungs kletterten hoch, stellten sich links und rechts auf den Rand und hielten sich an den starren Trägern fest.
Während Walde den Korb zum Schwingen brachte, fragte einer der Jungen. »Kennst du den Witz vom Stift?«
»Nein, ich glaube nicht«, antwortete Walde.
»Trifft ein kleiner Stift einen großen Stift. Sagt der kleine Stift zum großen Stift: ’Ich wäre auch gerne so groß wie du.’ Sagt der große Stift zum kleinen Stift: ,Dann Wachsmalstift!’«
Die beiden Jungen ließen sich neben Annika in den Korb fallen. Alle drei bekamen sich nicht mehr ein vor Lachen.
Die Praxis lag ganz in der Nähe, aber es half nichts, dass Walde die Strecke sehr schnellen Schrittes zurücklegte. Er kam zehn Minuten zu spät zur Frauenärztin, wo er um halb drei mit Doris verabredet war.
An der Anmeldung erfuhr er, dass Doris sich bereits im Behandlungszimmer befand. Das Angebot der Arzthelferin, ihr dorthin zu folgen, lehnte er ab, weil er nicht mitten in die Untersuchung platzen wollte, und ging ins Wartezimmer.
Dort saßen bereits ein halbes Dutzend Frauen. Gegenüber der Tür waren zwei
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