Finale Mosel
äußere Plätze neben einer großen Birkenfeige frei. Walde ließ einen Stuhl Abstand zu der jungen Frau, die in einer Illustrierten blätterte.
Er ließ den Blick durch das Wartezimmer schweifen und fragte sich, was die Frauen wohl über einen männlichen Besucher beim Frauenarzt dachten. Eine der Frauen war hoch schwanger. Walde musterte sie verstohlen. Auch ohne Illustrierte schien sie sich nicht zu langweilen. Er fasste sich an den Kopf, weil er spürte, dass ihn dort etwas berührte. Es war ein Blatt der ausladenden Pflanze. Er stand auf und ging zum Zeitschriftenständer. Es gab nur Hefte der Zeitschrift Eltern. Mit einem Heft setzte er sich auf einen Platz außer Reichweite der Birkenfeige, deren Blätter glänzten, als wären sie mit Wachs poliert worden.
Beim Durchblättern überlegte er, ob er nicht doch besser ins Behandlungszimmer gegangen wäre. Ein Artikel mit der Überschrift Männerwehen’ fand seine Aufmerksamkeit. Annikas Geburt war schon ein paar Jahre her, und letztlich war es ein Kaiserschnitt geworden, bei dem er im OP nicht anwesend sein durfte. Er kannte also nur das Davor und Danach.
In dem Artikel wurden Ratschläge gegeben, wie sich Männer im Kreißsaal verhalten sollten. Die Tipps reichten vom Mithecheln während der Wehen bis zum Rauchen vor der Tür und zum Biertrinken in der Cafeteria, wobei auch der Ratschlag nicht fehlte, gegen den anschließenden Mundgeruch ein Bonbon zu lutschen. Er grinste und las den Artikel ein zweites Mal, als Doris in der Tür erschien. »Schade, dass du nicht pünktlich warst!«
Walde legte die Zeitung zurück, bevor er sich von den ihn interessiert musternden Frauen verabschiedete.
Er umarmte Doris. »Was sagt die Ärztin?«
»Alles in Ordnung. Wir dürfen noch.«
»Was?« Walde blickte zur Sprechstundenhilfe hinüber. Sie starrte ungerührt auf den Bildschirm.
»Na, laufen gehen.«
»Ach so.« Walde hielt Doris die Tür zum Treppenhaus auf.
»Du hast was verpasst«, sagte sie auf dem Weg nach unten. »Man kann ja schon so viel erkennen, und alles in Farbe. Wirklich, das hättest du sehen müssen!«, begeisterte sie sich. »Er hatte den Daumen im Mund, jedenfalls sah es so aus.«
»Schade, tut mir leid, ich war noch bei Annika im Kindergarten.«
»Ich hätte mir auch einen Film mitgeben lassen können.«
»Warum hast du nicht?«
»Das kostet extra. Warum warst du im Kindergarten?«
»Da ist eingebrochen worden, letzte Nacht, und Annika hat mich angerufen, vielmehr anrufen lassen.«
»Und wie geht sie damit um?«
»Ich denke, sie kommt damit klar, und die Typen werden wir schnappen!« Schon eine Sekunde später bereute Walde, was ihm da herausgerutscht war.
»Das ist gut. Ich muss noch zur Apotheke und was einkaufen und Annika abholen. Kannst du mit Quintus rausgehen?«
»Wann?«
»Jetzt.«
»Wie stellst du dir das vor? Ich bin im Dienst.«
»Aber du hast doch auch jetzt Dienst.«
»Ja, aber hier fällt das nicht so auf, als wenn ich mit einem Hund an der Leine durch die Stadt spaziere.«
»Wo warst du denn?«, fragte Gabi, als Walde am Nachmittag in ihr Büro kam. Sie hielt ein Telefon am Ohr. »Hier ist die Trierer Kriminalpolizei … Español, no …«, sie kam ins Stocken. »Du kannst nicht zufällig Spanisch?«, fragte sie. Als Walde abwinkte, legte sie auf. »Wie kann man an einem Kurs in Deutschland teilnehmen, wenn man nur Spanisch spricht?«
»Habt ihr die Liste?«
»Ja, das war noch ein Tanz. Aber ich glaube, Muth ist nicht Gorzinskys Erpressungsopfer.«
»Das glaube ich auch nicht«, sagte Grabbe.
»Warum?«, fragte Walde.
»Muth hat definitiv keine Kohle. Er scheint sein Nomadenleben auch deshalb zu führen, um Unterhaltszahlungen zu umgehen.«
»Und was ist mit den anderen Leuten aus dem Camp?«
»Von denen war niemand am Samstagabend im Amphitheater. Außer mit der Spanierin, das hast du ja eben mitgekriegt, haben wir mit allen gesprochen.« Grabbe tippte auf eine Liste mit Namen, neben denen sich handschriftliche Notizen befanden.
»Und diese Lara?«
»Sie sagt, sie sei bei Muth im Wohnwagen am Landesmuseum gewesen. Sie will schon um dreiundzwanzig Uhr geschlafen haben.«
»Danach könnte er sich weggeschlichen haben«, spekulierte Walde, während er einen Blick auf das Vernehmungsprotokoll warf, das Muth, bevor er gehen durfte, unterschrieben hatte.
»Und wo hast du gesteckt?«, fragte Gabi.
»Ich war bei meiner Tochter. In ihrer Kita ist eingebrochen worden.«
Den Besuch beim Frauenarzt und den
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