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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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ein paar Jahre.« Wieder prustete sie los.
    »Und dann legst du ihn einfach so auf den Dielenschrank, quasi als Köder.«
    »Annika konnte nicht drankommen.«
    »Und was ist mit mir?«
    »Ich dachte, du bist vernünftig«, sie lachte wieder los, »und … und stopfst dir nicht einfach alles rein, was so rum liegt.«
    »Als Spion hat man früher gelegentlich schriftliche Botschaften essen müssen. Papier ist im Prinzip nichts anderes als ein Ballaststoff aus Zellulose.«
    Sie prustete wieder los.

Donnerstag
    In der Nacht wachte Walde auf. Es hatte einen Knall gegeben, ob in seinem Traum oder in Wirklichkeit – das wusste er nicht. Er schwitzte an Kopf und Hals, schlug das dünne Oberbett zurück und strampelte die Füße frei. Draußen war es dunkel, die Vögel schliefen noch, auch von der Allee war nichts zu hören. Doris schien fest zu schlafen.
    Als er sich umdrehen wollte, stieß er gegen Annika, die sich wie eine heiße Wärmflasche an seinen Rücken schmiegte.
    Er hatte geträumt, dass jemand in Gorzinskys Krankenzimmer geschlichen war und ihm seine Krankenakte aufs Gesicht gedrückt hatte. Walde hatte dem Täter in letzter Sekunde den grünen Karton aus der Hand geschlagen. Natürlich war das irreales Zeug. Er starrte in die Dunkelheit. Wer auch immer den Paparazzo niedergeschlagen hatte, war in den Besitz des belastenden Materials gekommen. Es gab keinen Grund, Gorzinsky im Krankenhaus aufzusuchen. Die Gelegenheit, ihn zu töten, hatte der Täter bereits gehabt. Oder hatte er angenommen, Gorzinsky sei tot, so wie es auch das Zimmermädchen und Grabbe geglaubt hatten? Wenn der Fotograf noch weitere Kopien der Fotos besaß, schwebte er immer noch in Lebensgefahr.
    Walde war sich bewusst, dass seine Sorgen am nächsten Morgen kleiner geworden oder sogar ganz verschwunden sein würden, aber jetzt konnte er sie einfach nicht abschütteln. Er schlüpfte über das Fußende aus dem Bett und deckte Annika wieder zu. Ohne Licht zu machen ging er in die Küche, um etwas zu trinken. Die Uhr am Herd zeigte kurz vor zwei.
    Wenn er nachts aufwachte und nicht mehr einschlafen konnte, half es, einige Seiten zu lesen, um sich abzulenken und wieder die nötige Bettschwere zu erlangen. Doch heute Nacht kam es ihm wie eine Fügung vor, aufgewacht zu sein.
     
    Walde hinterließ eine Nachricht auf dem Küchentisch. Zum Krankenhaus waren es nur ein paar hundert Meter.
    Kaum war er vor die Haustür getreten, spürte er die Atmosphäre der Nacht, diese ganz andere Stimmung, die sich grundlegend von der am Tag unterscheidet. Ein wenig kam er sich vor wie ein Fremder, als er die Allee und die verlassene Straße überquerte, wo die Ampel unermüdlich Signale gab, für die sich höchstens Motten interessierten.
    An der Pforte des Krankenhauses zeigte er dem aufmerksam wirkenden jungen Mann im kurzärmeligen weißen Polohemd seinen Ausweis und stellte beruhigt fest, dass hier niemand so einfach vorbeikonnte. Während der Pförtner in seinem Rechner nachsah und ihm die Auskunft gab, dass Gorzinsky sich noch auf der Intensivstation befand, schaute er immer wieder auf die Monitore, die von Überwachungskameras im Außen- und Innenbereich gespeist wurden.
    Walde benutzte die Treppe. An der Schwingtür zur Intensivstation stand ein untersetzter Mann mit Vollbart und kahl geschorenem Kopf. »Sie wurden uns angekündigt, ich bin Nachtschwester Holger.«
    »Ich wollte nur mal sehen, wie es Andreas Gorzinsky geht.«
    Der Krankenpfleger schaute auf seine Uhr. »Klar, kein Problem. Haben Sie auch Nachtdienst?«
    »Nicht wirklich, aber ich wohne hier in der Nähe.«
    Der Flur war taghell erleuchtet. Sie gingen am Stationszimmer vorbei, in dem ein weiterer Pfleger am Schreibtisch saß und arbeitete.
    »Es wurde entschieden, Herrn Gorzinsky über Nacht in der Intensivstation zu lassen. Hier sind die Patienten unter ständiger Beobachtung«, sagte der Pfleger, der nun vor einer Glastür stehen blieb. Walde sah durch die Scheibe auf mehrere von Apparaten umstellte Betten. Von den Patienten selbst war aus dieser Perspektive nichts zu erkennen.
    »Er hat was bekommen und schläft ruhig«, sagte sein Begleiter, der nun innehielt und einem Piepton lauschte, der gleich wieder verstummte.
    »Danke, ich komme morgen früh wieder.«
     
    Walde nahm denselben Weg quer durch die Allee zurück. Auf den letzten Metern zog er den Schlüssel aus der Tasche. Oben im Haus brannte Licht. Da gab es noch jemanden, der nicht schlafen konnte oder vielleicht krank war. Er

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