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Finale Mosel

Finale Mosel

Titel: Finale Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Fußgängertunnel bloß erahnen konnte. Außer dem Rauschen der Blätter und dem Zirpen der Grillen war lediglich das leise Brummen eines hoch über der Stadt vorbeiziehenden Flugzeugs zu hören. Walde steckte die Taschenlampe ein und hielt sich mit beiden Händen an einem schmalen Metallpfosten fest. Auf der anderen Seite ging es deutlich tiefer hinunter. Er ließ los, setzte mit beiden Füßen auf und musste einen Ausfallschritt machen, um nicht zu stürzen. Dort später wieder hinaufzukommen, würde nicht einfach werden.
    Die Grillen legten eine winzige Pause ein, um dann wieder genau im Takt einzusetzen.
    Aber da war noch etwas, ein Kratzgeräusch, als würde ein Tier irgendwo scharren. Walde hielt den Atem an und lauschte mit offenem Mund. Aber nur das Rauschen der Blätter war zu hören. Gebückt schlich er am Zaun entlang, bis er gegenüber dem Tunneleingang stand. Das andere Ende war schwach zu erkennen. Wieder glaubte er das Scharren zu hören. Nun waren die Erdhügel auszumachen, hinter denen der kleine Bagger parkte. Walde näherte sich dem Graben. Er versuchte, sich das Foto in Erinnerung zu rufen. Hier war es dunkler, als er erwartet hatte.
    Da war es wieder, das Kratzen. Walde hielt erneut den Atem an und lauschte konzentriert. Das Geräusch kam von einem Spaten. Etwas landete vor seinen Füßen. Er zuckte zusammen. Wieder das Spatengeräusch, gefolgt von einem Wurf Erde, die vor ihm auf den Boden fiel. Walde ging in die Hocke. Auf allen vieren schlich er sich, im Bogen der Stelle ausweichend, wo der Aushub landete, an den Graben heran. Er atmete tief ein, als er, die Taschenlampe im Anschlag, vorsichtig über den Rand lugte.
    »Nein!« Eine aufgeregte Männerstimme aus dem Graben ließ Walde zusammenzucken.
    Die Grillen verstummten. In Waldes Ohren erklang ein mächtiger Gong, sein Kopf wurde nach vorn gestoßen, mit dem Gesicht landete er im Aushub. Als er den Mund zu einem Schmerzenslaut öffnete, hatte er Erde darin und musste ausspucken.
    »Bist du total bescheuert?«, rief die Stimme aus dem Graben.
    »Aber … ich dachte …«, stammelte eine Frau. Sie schien nicht unten im Graben zu sein. Die Stimme kam von hinten. Eine Gestalt kletterte aus dem Graben.
    Walde rollte sich auf die Seite und beobachtete, wie der Mann der Frau einen Gegenstand aus der Hand riss und auf den Boden warf. Dann kniete er sich neben ihm nieder.
    »Herr Kommissar, können Sie mich hören?« Der Mann legte Walde eine Hand auf die Schulter. »Bleiben Sie so liegen, wir rufen einen Notarzt. Lara, nun mach’ schon!«
    »Herr Muth?« Walde konnte so langsam die Situation entwirren. »Lara …«
    »Das wollte ich wirklich nicht«, stammelte die Frau. »Ich dachte … Sie sind der … also der am Samstag …«
    »Lara hat Sie für den Mörder gehalten«, versuchte Muth zu übersetzen. »Darf ich mal sehen?«
    »Was?«, fragte Walde, während er sich vorsichtig aufsetzte und die Taschenlampe am Rand des Grabens liegen sah. Um ein Haar wäre er hinabgestürzt, und ihn hätte womöglich Tiefenbachs Schicksal ereilt.
    »Ihre Wunde«, sagte Muth.
    Walde schaltete die Lampe ein. Als Erstes leuchtete er auf den Klappspaten am Boden. Damit hatte sie ihm auf den Kopf geschlagen. Er fuhr sich mit der Hand über den schmerzenden Nacken. Als er die Finger anschließend im Licht der Taschenlampe vor seine Augen hielt, waren sie dunkel gefärbt von seinem Blut.
    *
    »Wo kommt der Verband denn her?«
    Walde träumte, dass er in der Grube neben den Skeletten schlief. Eine Fremdenführerin hatte ihn entdeckt, und nun wurde er von einer ganzen Gruppe neugieriger Touristen bestaunt.
    »Sag mal, was ist denn passiert?«, fragte die Stimme.
    Er öffnete die Augen. Da stand Doris. Der Schrank hinter ihr kam ihm bekannt vor. Neben ihm regte sich Annika. Draußen schienen die Grillen immer noch ein Konzert zu geben.
    »Papa ist ein Indianer.« Annika tatschte ihm an den Hinterkopf.
    »Vorsicht!« Er kniff die Augen zu und wunderte sich, dass es nicht wehtat. Er tastete an seine Schläfe. Der Verband war noch da. Es war also doch kein schlechter Traum gewesen.
    Doris setzte sich auf die Bettkante, einen Zettel in der Hand. Es schien der zu sein, den er auf dem Küchentisch hinterlassen hatte.
    »Fütterst du Minka?«, bat Walde.
    »Mach ich.« Annika sauste aus dem Zimmer.
    Walde erzählte in wenigen Sätzen, was in der Nacht passiert war.
    »Wie viel ist die Wurzel aus 289?«, fragte Doris.
    »17.«
    »Rechnen kannst du noch, also ist es keine

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